EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
bereits die Regelungen zu den Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MAK) regten an, dass „zwischen der Einstufung im Risikoklassifizierungsverfahren und der Konditionengestaltung ein sachlich nachvollziehbarer Zusammenhang bestehen sollte“ (Rundschreiben 34/2002 (BA), Tz. 42). Bis zu den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) vom 16.08.2021 hatte sich dieser Passus nicht verändert.
In den 2020 von der EBA veröffentlichten Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung (EBA/GL/2020/06) wird der Aspekt der Bepreisung im Kreditgeschäft deutlich detaillierter aufgegriffen. Neben relevanten Kosten soll demnach im Rahmen der Preisgestaltung u. a. auch dem Risikoappetit des Instituts und der strategischen Geschäftsausrichtung Rechnung getragen werden. Darüber hinaus sehen die EBA-Leitlinien eine Überwachung der Preisgestaltung über Leistungsindikatoren vor.
Vor dem Hintergrund, dass die EBA-Leitlinien auch Gegenstand der aktuellen Novellierung der MaRisk sind, verwundert es nicht, dass in der Konsultationsfassung vom 26.09.2022 entsprechende Ergänzungen aufgenommen wurden (BTO 1.2 Tz. 9 MaRisk-E).
Abgesehen von aufsichtsrechtlichen Anforderungen bzw. Erwartungen sollte die Etablierung eines angemessenen Rahmenwerks für die Bepreisung von Produkten im ureigenen Interesse eines jeden Instituts sein. Schließlich hängt der Erfolg eines Instituts und damit die nachhaltige Tragfähigkeit des Geschäftsmodells nicht unwesentlich von der Produktbepreisung ab.
Erst in einem kürzlich seitens der EZB veröffentlichten Artikel (Banks’ business models: an uncertain environment needs agile steering, 15. Februar 2023) bescheinigt die Aufsicht den Instituten ineffektive Rahmenvorgaben zur Preisgestaltung. Dies birgt nicht nur Gefahren für die Rentabilität eines Instituts. Vielmehr resultieren daraus auch Risiken, die strategischen Ziele umzusetzen bzw. zu erreichen.
Hintergrund dieser Aussage sind Erkenntnisse aus einer in 2021/22 seitens der EZB durchgeführten Prüfungskampagne zur Geschäftsmodellanalyse bei signifikanten Instituten innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM). Deutlich mehr als die Hälfte der dort im Zusammenhang mit der Produktbepreisung getroffenen Feststellungen wurden als gewichtig eingestuft.
Auch in der Rechnungslegung nach IFRS9 spielt eine angemessene Preisgestaltung bei der Kreditvergabe eine relevante Rolle. Im Rahmen der Beurteilung einer signifikanten Erhöhung des Kreditrisikos (SICR) ist bspw. auch die Preisbildung als eine relevante Information heranzuziehen. In gleicher Weise hat sich auch die EBA in ihren Leitlinien zur Kreditrisikomanagementpraxis und Bilanzierung erwarteter Kreditverluste von Kreditinstituten (EBA/GL/2017/06) positioniert (vgl. dort Tz. 97).
Mit Blick auf die Neuausrichtung des BFA 7 zu Pauschalwertberichtigungen, in welchem nunmehr auch verstärkt Methoden der internationalen Rechnungslegung eingeflossen sind, dürfte auch von Seiten der Rechnungslegung dem Thema einer angemessenen Preisgestaltung im Kreditgeschäft eine größere Bedeutung zukommen.
Beste Grüße und viel Spaß beim Lesen der Ausgabe!
Ihr Dominik Leichinger[1], Deutsche Bundesbank – HV in NRW
[1] Die hier vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung des Autors wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Bankenaufsichtsbehörde.