EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
„Wer nicht weiß, wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“ lautet ein bekanntes Zitat von Mark Twain. Manchmal ist es auch das maßgebliche Motto für die Inhalte von Strategien von Kreditinstituten.
Grund genug sich auch einmal mit dem seit Jahren eingespielten und vertrauten Verfahren zu beschäftigen und das eigene Handeln kritisch zu reflektieren. Umso eher man sich mit diesem Thema auch im eigenen Haus auseinander setzt – sowohl im Rahmen einer Überprüfung innerhalb des Internen Kontrollsystems als auch durch eine Prüfung der Internen Revision –, desto besser können eventuelle Schwächen aufgedeckt und behoben werden. Denn auch gerade für Sonderprüfungen gem. § 44 KWG sind die Prüfungshandlungen im Bereich der Strategien das Einfallstor in das Risikomanagement. Und vor diesem Hintergrund darf ich Ihnen u. a. meinen Beitrag zum Strategiethema aus der Ausgabe 06/2023 zum Lesen empfehlen.
Gehen wir gleich mal in die Vollen: Die Darstellung der strategischen Ziele und die Maßnahmen zu deren Erreichung sind in den Strategiedokumenten hinreichend konkret zu formulieren, um eine entsprechende Überwachbarkeit der Zielerreichung sicherzustellen. Hinreichend konkret bedeutet, dass eindeutige und demnach klar überprüfbare Aussagen getroffen werden müssen. Somit reichen Allgemeinplätze wie „Wir wollen qualitativ hochwertiges Kundenkreditgeschäft betreiben“ nicht. Dem Leser bzw. Adressaten der Strategien muss klar sein, wie die Begriffe definiert und entsprechend quantitativ und qualitativ abgegrenzt sind.
Insbesondere im Bereich der Spezialfinanzierungen werden wiederholt Mängel in Bankgeschäftlichen Prüfungen gem. § 44 KWG festgestellt, wenn die Vorgaben unspezifisch oder nicht klar nachvollziehbar sind. Dies wird im Folgenden an zwei Formulierungsbeispielen von Spezialfinanzierungen erläutert:
- „Wir investieren nur in neuwertige Objekte.“
- „Wir investieren nur in wertstabile Transaktionen.“
In solchen Fällen müssen die Strategien nachfolgend solcher Aussagen konkrete Vorstellungen über die genannten Ausprägungen enthalten. Es muss also klar feststehen, was das Institut unter „neuwertig“ versteht. Bedeutet es, dass tatsächlich neue Objekte finanziert werden oder nur bis zu einem bestimmten Alter? Oder gilt dies für bestimmte Objekttypen? Dies gilt ebenso für „wertstabil“: Alle Beteiligten im gesamten Geschäftsprozess, also somit Markt, Marktfolge und Risiko-Controlling, benötigen ein einheitliches Verständnis über die (zulässige) Schwankungsbreite.
Wenn es der Beitrag schaffen sollte, für die nächste Überprüfung der Strategien in Ihrem Hause zusätzliche Kontrollpunkte angeregt zu haben, dürften sich das Lesen bereits gelohnt haben.
Hierzu wünsche ich Ihnen viel Vergnügen!
Freundliche Grüße
Ihr Henning Riediger, Prüfungsleiter, Deutsche Bundesbank