Andreas von Usedom, Bereichsleiter Business Excellence & IT bei der Volksbank eG – Die Gestalterbank/Geschäftsführer der AVURA GmbH
I. Einleitung
Arbeit, Boden und Kapital gelten in der Volkswirtschaftslehre als die klassischen Produktionsfaktoren.[1] Zusehends gewinnt die Ressource Wissen jedoch an Bedeutung, nicht zuletzt getrieben durch die hohe Dynamik der Digitalisierung. Immer größere Mengen an Daten und Informationen können gesammelt, gespeichert, verteilt und, bspw. durch KI, vernetzt werden. Zugleich hat sich die Halbwertszeit des jeweiligen Informationsgehalts stark reduziert. Für Unternehmen wird es demzufolge immer bedeutsamer, relevante Informationen hinreichend schnell zu identifizieren und zu verarbeiten, um erfolgreich am Markt zu bestehen. Die Unternehmensressource Wissen hat sich im Rahmen dieser Transformation als vierter Produktionsfaktor etabliert.[2], [3], [4]
Unternehmen, die diesen Wandel für sich erkannt haben, werden daher bemüht sein, ihr Wissen gezielt zu managen. Hierunter ist die methodische Einflussnahme auf die Wissensbasis eines Unternehmens zu verstehen, während die Wissensbasis alle Daten und Informationen, alles Wissen und alle Fähigkeiten, die diese Organisation zur Lösung ihrer Aufgaben hat oder haben sollte, repräsentiert. Dieses sog. organisationale Wissensmanagement wird im vorliegenden Beitrag betrachtet.
Im Gegensatz zur Organisation und Planung i. Z. m. den klassischen Produktionsfaktoren stellt das ganzheitliche Management von Unternehmenswissen eine noch relativ junge Disziplin dar. Dies hat zum einen zur Folge, dass viele Unternehmen noch wenig geübt darin sind, geeignete Rahmenbedingungen für eine optimale Nutzung ihrer Ressource Wissen zu schaffen. So geht möglicherweise wertvolles Know-how verloren, unternehmerische Chancen bleiben ungenutzt.
Zum anderen ziehen mangelnde Expertise bzw. fehlende Aufmerksamkeit der Unternehmensverantwortlichen nicht selten ein Akzeptanzproblem innerhalb der Organisation nach sich. In der Überzeugung, der anlassbezogene bzw. informelle Austausch von Kenntnissen und Fertigkeiten funktioniere im Unternehmen hinreichend gut, wird womöglich kein Bedarf für ein reflektiertes Wissensmanagement gesehen. Etabliert sich diese Neigung hin zu einem eher punktuellen, kurzsichtigen Umgang mit der Ressource Wissen, verfestigt sich in Folge der Glaubenssatz, es sei unnötig, in ein ganzheitliches Wissensmanagement zu investieren.
Ziel dieses Beitrages ist es daher zunächst, die Bedeutung eines institutionalisierten Wissensmanagements für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen darzulegen (Kapitel II). Den Auswirkungen eines bewussten Umgangs mit der Ressource Wissen auf Organisation und Individuen wird dabei besonderes Augenmerk geschenkt.
Es folgt in Kapitel III ein Überblick zu anerkannten Definitionen, Charakterisierungen und Maßnahmen zur Operationalisierung von Wissensmanagementansätzen. Der großen Fülle an Fachbeiträgen wegen muss im Rahmen dieses Beitrags eine Auswahl bzw. Fokussierung auf jene Modelle, Methoden und Werkzeuge erfolgen, die eine hohe Akzeptanz und somit das größte Potenzial für Wirksamkeit im Umfeld einer Genossenschaftsbank vermuten lassen. [...]
Beitragsnummer: 22618