EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
Mitglieder von Leitungsorganen und Schlüsselfunktionen müssen in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, mit denen die Sicherheit und Solidität ihres Instituts, ggf. aber auch des gesamten Bankensektors, gewährleistet werden. Deswegen ist es das erklärte Ziel der Aufsicht, einzelnen Personen, die ein Risiko für den ordnungsgemäßen Betrieb des Instituts darstellen würden, frühzeitig den Eintritt in die Finanzinstitution zu verwehren oder sie bei einem schwerwiegenden Vorfall von der weiteren Ausübung ihrer Funktion abzuhalten.
Das neue EU-Bankenpaket stellt alle Leitungs- und Schlüsselfunktionen vor neue Herausforderungen, die deren Fit & Proper-Eignung und Fit & Proper-Dokumentation betreffen. CRD VI fordert eine konkrete personen- und positionsspezifische Begründung, warum eine Person für die Funktion geeignet ist. Die BaFin hat diese Anforderungen bereits in drei Fit & Proper-Rundschreiben für die Versicherungswirtschaft übernommen, die im Dezember 2023 veröffentlicht wurden.
CRR III stellt erhöhte Fit & Proper-Knowhow-Anforderungen an den Umgang mit Klima- und Umweltrisiken. Die EZB droht Banken empfindliche Sanktionen an, wozu Strafzahlungen und negative Fit & Proper-Beurteilungen gehören, wenn diese die aufsichtlichen ESG-Erwartungen nicht erfüllen. Die ESAs errichten derzeit ein Fit & Proper-Informationsportal zum Austausch von Fit & Proper-Informationen, um früher eingreifen zu können.
Blicken wir nach Österreich, sehen wir dort in den FMA-Jahresberichten über alle Gruppen hinweg eine Vielzahl aufsichtlicher Fit & Proper-(F&P-)Prüfungen, die sich auf Geschäftsleiter, Aufsichtsräte und Schlüsselfunktionen beziehen: 418 F&P-Verfahren im Jahr 2019, 598 F&P-Verfahren in 2020, 717 F&P-Verfahren in 2021, 654 F&P-Verfahren in 2022, wobei die Mehrzahl der F&P-Verfahren mittelständische Banken betrifft.
In Deutschland berichtet die BaFin, dass Institute frühzeitig Kontakt aufnehmen, um Kandidaten vorzustellen. Der SREP fordert eine sorgfältige interne Prüfung der F&P-Eignung sowie die laufende Sicherstellung der F&P-Eignung mit Nachweisen, insb. zu jeweils aktuellen Kenntnissen, was das BaFin-Merkblatt vom 29.12.2020 bereits klarlegte. So überrascht es nicht, wenn die BaFin Kandidaten ablehnt, die zu wenig geprüfte Kenntnisse im Risikomanagement aufweisen.
Was bedeutet das für Ihr Institut?
Die kollektive und individuelle Eignung ist laufend sicherzustellen und angemessen „ganz konkret“ zu dokumentierten. Dazu gehören geeignete Nachweise zur regelmäßigen Reflexion des jeweils aktuellen Wissens, das für die Ausübung der jeweiligen Leitungs- und Schlüsselfunktion erforderlich ist. In diesem Kontext hat die BaFin bereits klargestellt, dass „einfache Seminarbesuche“ ohne eine dokumentierte Reflexion des vermittelten Wissens nicht ausreichend sind.
Bei schlechter Fit & Proper-Umsetzung wird die Aufsicht Sanktionen aussprechen. Diese betreffen im SREP den Bereich der Governance sowie das interne Kontrollsystem und bedeuten im Extremfall die Abberufung, was die CRD VI bei drohenden Schieflagen von Banken fordert, um die Solidität des jeweiligen Instituts zu gewährleisten.
Betriebswirtschaftliche Ratio ist bankaufsichtliches Gebot: Banken können mit einer angemessenen Fit & Proper-Umsetzung vielfältige Vorteile realisieren, da sie ihre Geschäftsmodelle mit „richtigem Wissen“ besser an die disruptiven Herausforderungen aus der Digitalisierung und dem Klimawandel anpassen können.
Viele Grüße und viel Spaß beim Lesen
Ihr Prof. Dr. Stefan Zeranski, Professor an der Brunswick European Law School (BELS),
Gastprofessor für Bankenregulierung an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe