EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
das berühmte Zitat „Culture eats strategy for breakfast“ von Peter F. Drucker unterstreicht sehr prägnant die Bedeutung der Risikokultur. Alle Regelungen und Prozessbeschreibungen werden am Ende nicht zum Erfolg führen, wenn die Einstellung der handelnden Personen nicht dazu passt. Letztlich sind es die Werte, Überzeugungen, Normen, Traditionen und Einstellungen, die das Handeln der Menschen bestimmen – also die Risikokultur.
Daher ist es völlig richtig, dass sich auch die Aufsicht mit dem Thema Risikokultur befasst. Zunächst mit ersten, vorsichtigen Schritten, bei denen Einblicke in die Häuser gewonnen und Erfahrungen gesammelt wurden. Am 24.07.2024 hat die EZB nun ihren Entwurf eines Leitfadens für Governance und Risikokultur veröffentlicht. Er soll bei der Beaufsichtigung von SI einen gemeinsamen und konsistenten Ansatz gewährleisten. Die EZB empfiehlt zudem den nationalen Aufsichtsbehörden, sich bei der Bewertung der Risikokultur und Governance von LSI an den im Leitfaden dargelegten Erwartungen und Praktiken zu orientieren.
Der Leitfaden spiegelt den Fokus der EZB auf vielfältige und effektive Führungsgremien wider und stellt die Erwartungen der Aufsicht an die Risikokultur und Governance der Institute dar. Erfreulicherweise wird die EZB nun bei dem nicht immer leicht greifbaren Thema Risikokultur konkret. Sie grenzt Governance und Risikokultur voneinander ab und erläutert das Zusammenspiel der beiden. Darüber hinaus gibt die EZB praktische Beispiele für gute Risikokultur und zeigt auch Warnsignale für schlechte Risikokultur auf.
Natürlich wird das Thema Risikokultur durch die Konkretisierung auch leichter prüfbar und es ist davon auszugehen, dass es sich daher auch zeitnah in den aufsichtlichen Prüfungsschwerpunkten wiederfindet. Dies hört sich zunächst nach einer weiteren Belastung für die Institute an. So sollte es aber dann nicht sein, wenn die Aufsicht mit dem Thema Risikokultur konsistent umgeht. Denn in Anlehnung an das obige Zitat von Peter F. Drucker sollte ja in Häusern mit sehr guter Risikokultur das letzte Detail in den Regelungen und Prozessbeschreibungen nicht mehr die bisherige Bedeutung haben und entsprechend auch nicht mehr mit der bisherigen Tiefe geprüft werden. Häuser, in denen die handelnden Personen die richtige Einstellung haben, sollten also im Gegenzug bei den traditionellen Prüfungen für Entlastungen in Frage kommen.
Diese spannende Diskussion beginnt jetzt erst. Der BankPraktiker wird Sie wie immer auf dem Laufenden halten.
Herzliche Grüße und viel Spaß beim Lesen
Ihr Prof. Dr. Stefan Janßen
Studiengangsleiter Bank- und Versicherungsmanagement, Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, vormals Prüfungsleiter bei der Deutschen Bundesbank