Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer
Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt,vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim.[1]
I. Einleitung
Mit dem zunehmenden Krisen- und Insolvenzgeschehen[2] steigen die bilanziellen Risiken in den Banken, Wertminderungen bei Krediten oder Forderungsausfälle zu erleiden. Berücksichtigt wird das Adressenausfallrisiko, das heißt die betrachteten Kredit- oder Darlehensforderungen werden in aller Voraussicht nicht mehr vertragsgerecht bedient. Dies hat Auswirkungen auf die Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) und auf die Steuerbilanz, da Einzelwertberichtigungen den Ansatz von Forderungen herabsetzen. Es besteht eine gewinnbeeinflussende Wirkung, da bereits die Buchung einer Einzelwertberichtigung den Gewinn schmälert und nicht erst die Abschreibung der Forderung. Die handelsrechtliche Bilanzierung und Bewertung hat aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips Auswirkungen auf die steuerliche Betrachtung. Abweichungen der steuerlichen Sichtweise und Regeln zu Einzelwertberichtigungen (EWB) und pauschalierten Einzelwertberichtigungen (pEWB) wurden mit dem neuen BMF-Schreiben vom 21. März 2024 für Kreditinstitute klargestellt.[3]
II. Bilanzieller Ansatz von Forderungen gegenüber Kunden nach dem HGB
Kreditforderungen sind in Banken handelsrechtlich im Umlaufvermögen zu bilanzieren und nach dem strengen Niederstwertprinzip zu bewerten. Eine Abwertung bei der Bilanzierung zum Nominalwert bzw. zu den Anschaffungskosten wird erforderlich, wenn erhöhte Adressenausfallrisiken bei einem Kreditengagement auftreten.
1. Ansatz- und Bewertungsvorschriften bei Forderungen nach dem HGB
Grundsätzlich sind Vermögensgegenstände und Schulden gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Es gilt der Nettoausweis, wenn bspw. EWB zu bilden sind, ist der Saldo zu bilanzieren. Wertminderungen reduzieren den Nominalwert der Forderung und sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen.[4] Die Bilanzierung erfolgt in Kreditinstituten unter der Position „4. Forderungen an Kunden“ auf der Aktivseite gem. RechKredV.[5]
Für die handelsrechtliche Bewertung sind die Verhältnisse am Abschlussstichtag entscheidend. Dabei dürfen wertbegründende Erkenntnisse, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, nicht berücksichtigt werden (Prinzip der Vergleichbarkeit und Stetigkeit). Zu beachten sind die Zugangs- und Folgebewertung gem. § 253 HGB.
Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens wie bspw. Forderungen gegenüber Kunden ist bei einem Vergleich von Ausgangs- und Korrekturwert zwingend gem. § 253 Abs. 4 HGB der niedrigere Wert anzusetzen (strenges Niederstwertprinzip). Beim strengen Niederstwertprinzip ist von drei möglichen Wertansätzen, den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, dem Börsen- oder Marktpreis und dem am Abschlussstichtag beizulegenden Wert bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens stets der niedrigste Wert anzusetzen.[6] [...]
Beitragsnummer: 22828