EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2022 hat uns rückblickend einige Krisen beschert: Covid-19 (nach wie vor), Krieg, Inflation, Klimawandel und Energiekrise. Auf diese harten Negativschlagzeilen möchte ich an der Stelle nicht weiter eingehen. Viel wichtiger: Wie können wir den Dingen entgegenwirken?
So ist einiges im Bereich „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“ – ESG – passiert. Was zu Beginn vielleicht noch als Trend betitelt werden konnte, ist zur zunehmend regulierten Norm geworden. ESG-Risiken müssen unbedingt in das Due-Diligence- und Reputationsrisikomanagement einbezogen werden. Stichwort Greenwashing: Erfüllt der als nachhaltig etikettierte Vermögenswert tatsächlich die ESG-Kriterien? Stichwort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Werden die Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte erfüllt? Das Gesetz tritt jetzt zum 01.01.2023 in Kraft. Die Kreditinstitute sind als Einkäufer von Dienstleistungen, als Kreditgeber und Investor, als Anlageberater und schlichtweg als Teil der Lieferkette betroffen und beteiligt.
Beteiligt war Deutschland dieses Jahr auch bei der FATF-Prüfung und wurde in Sachen Geldwäschebekämpfung wieder richtig unter die Lupe genommen. Im Gegensatz zu dem desaströsen Ergebnis der Prüfung aus 2010, war das Ergebnis der diesjährigen Prüfung für den Finanzsektor nicht schlecht. Kritisiert wurde allerdings u. a. der Nicht-Finanzsektor, der mit der Abgabe von Verdachtsmeldungen deutlich hinterherhinkt. Zwar hat sich auch hier die Zahl verdreifacht, der Anteil des Gesamtmeldeaufkommens ist jedoch nach wie vor gering. Wir dürfen erwarten, dass weiter nachgezogen wird. Ein Blick Richtung FIU zeigt jedoch, dass derzeit ca. 100.000 dieser Meldungen (Stand Oktober 2022) unverarbeitet blieben, womit sich die Frage stellt, ob es nach dem All-Crime-Ansatz (der über die Mindestempfehlung der FATF hinausgeht) eine neue Guidance geben wird, die das Ganze wieder einschränkt.
Was in jedem Fall kommt, sind weitere Behörden. Neben der europäischen Antigeldwäschebehörde AMLA soll eine neue Bundesbehörde die Arbeit aufnehmen. Wir können uns sicher sein, dass hier noch einiges passieren wird!
Die Finanzaufseherin Birgit Rudolphe bringt es ziemlich auf den Punkt: „Geldwäschebekämpfung ist ein bisschen wie Kindererziehung“ – in dem Sinne: Behalten wir unseren langen Atem und lassen uns – mehr oder weniger – überraschen, was 2023 bringt.
Herzliche Grüße, viel Spaß beim Lesen des IKS-Praktiker und einen guten Start ins Jahr 2023.
Ihre Vanessa Maryam Mehrsadeh, Abteilungsleiterin Bankrecht, Compliance, Wertpapier, Einlagen, Finanz Colloquium Heidelberg GmbH