Samstag, 29. Februar 2020

Gewerbliches Kreditgeschäft muss rentabel bleiben

Gewerbliche Kreditprozesse können trotz zunehmender Regulierung durch Kreditvergabestandards rentabel aufgesetzt werden.

Eberhard Mailach, Leiter Kreditsekretariat, Gestaltung von Kreditprozessen, Nassauische Sparkasse

 

Nachdem die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKRL) die Prüfung der Kreditwürdigkeit bei der Finanzierung des Erwerbs oder Erhalts von Eigentumsrechten an Wohnimmobilien tiefgehend reguliert hat, steht bei der Aufsicht nun die gewerbliche Kreditvergabe auf der Agenda. Die EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und -überwachung (EBA/CP/2019/04). Das Konsultationspapier befindet sich seit 19.06.2019 in der Diskussion. Die Leitlinien sollen am 30.06.2020 in Kraft treten. Lediglich zu einzelnen Punkten kann sich die Aufsicht eine spätere Umsetzung vorstellen.

 

Anforderungen der EBA-Leitlinien an die Kreditwürdigkeitsprüfung im gewerblichen Kreditgeschäft

 

Ohne betragliche oder risikomäßige Einschränkungen konkretisiert die EBA-Leitlinie die zur Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Unterlagen sowie die erforderlichen Analysetätigkeiten einschließlich der zu verwendenden Kennzahlen. Das Risikoprofil soll zudem bis zur Fälligkeit des Kredites unter Verwendung von Sensitivitätsanalysen mit Berücksichtigung potenzieller nachteiliger Markt- bzw. idiosynkratischer Ereignisse ermittelt werden.

 

Bei umfänglicher Anwendung dieser weitreichenden Anforderungen im kleinteiligen gewerblichen Kreditgeschäft würde die Hauptfinanzierungsquelle für KMU weitgehend versiegen, da kein Kreditinstitut die massiven Prozesskosten tragen kann. Es spricht daher vieles dafür, dass hier in der finalen Fassung der EBA-Leitlinie dem Proportionalitätsprinzip stärker Rechnung getragen wird und sich Spielräume für die Kreditinstitute ergeben.

 

Cashflow-Analyse kann auch einfach sein

 

Die Kapitaldienstfähigkeit (KDF) beschreibt die Fähigkeit des Kreditnehmers, aus den regelmäßigen, nachhaltigen Einkünften/Cashflows (Zukunftsorientierung) die Kapitaldienstverpflichtungen vollständig und zeitgerecht erfüllen zu können.

 

Bei der Bewertung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit sind „normale“ Schwankungen des Einnahmenüberschusses sowie des Kapitaldienstes zu berücksichtigen. Deshalb sollte die Auslastung der Kapitaldienstgrenze auf Basis zukunftsgerichteter Zahlen einen zu definierenden Auslastungsgrad nicht überschreiten. Je höher die Auslastung, desto intensiver und umfänglicher muss die Analyse ausfallen. Umgekehrt kann bei geringerer Auslastung auch eine geringere Analysetiefe greifen.

 

In der Praxis bietet sich hier ein stufiger Ansatz zur Generierung von Effizienzgewinnen an.

 

Den geringsten Aufwand verursacht hier eine Kapitaldienst-Plausibilisierung. Hierbei wird auf eine vorhandene Kapitaldienstberechnung aufgebaut, die mit aktuellen Erkenntnissen angereichert wird.

 

SEMINARTIPPS

Neue EBA-Guideline zur Kreditvergabe/-überwachung, 16.03.2020, Frankfurt/M.

Prozessprüfungen im Kreditgeschäft, 05.05.2020, Frankfurt/M.

17. Kreditrevisions-Tage 2020 in München, 11.05.2020-12.05.2020, München

Prüfung MaRisk-Vorgaben Kreditgeschäft, 27.05.2020, Köln

Prüfung Kreditvergabestandards, 17.06.2020, Frankfurt/M.

 

Bei älterer Zahlenbasis oder größeren Finanzierungen wird in der Regel jedoch eine genauere Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit erforderlich sein. Auch hier gilt es, möglichst schlank zu agieren. Nicht immer ist eine umfängliche Berechnung erforderlich.

 

Beispielsweise stellt das Rechenzentrum der Sparkassen prozessintegrierte Tools bereit, die es ermöglichen, mit wenigen Angaben eine zuverlässige Aussage zur Kapitaldienstfähigkeit des Kreditnehmers zu treffen. Selbstverständlich dürfen auch hier nur als nachhaltig angesehene Einkünfte angesetzt werden. Ausgabenpositionen sollten grundsätzlich konservativ angesetzt werden. Beispielsweise ist es ratsam, die in der Bilanz enthaltene AfA grundsätzlich vollständig für Ersatzinvestitionen zu reservieren und nicht für den Kapitaldienst heranzuziehen.   

 

Eine weitere schlanke Möglichkeit ist die standardisierte Ableitung der Verschuldungskapazität bzw. der Kapitaldienstgrenze aus der Bilanzanalyse. Entsprechende Kennzahlen werden im EBIL-System der Sparkassen bereitgestellt. Zur Berechnung dieser beiden Kennzahlen wird dem ermittelten Cashflow ein fiktiver Kapitaldienst gegenübergestellt.

 

Sofern keine negativen Erkenntnisse vorliegen, sollten Kreditvergaben innerhalb der Verschuldungskapazität bzw. der Kapitaldienstgrenze auch von der Aufsicht akzeptiert werden. 



 

PRAXISTIPPS

  • Nutzen Sie einen stufigen Ansatz zur Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit.
  • Die pauschalierte Ermittlung von Verschuldungskapazität und Kapitaldienstgrenze unter Verwendung konservativer Annahmen deckt viele einfache Kreditfälle ab.

Beitragsnummer: 5167

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