Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim
Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer[1]
I. Einleitung
Der Immobilienmarkt in Deutschland befindet sich jedenfalls in bestimmten Segmenten in der Krise, wie bspw. bei Büroimmobilien, gerade in Randlagen.[2] Unterscheiden lassen sich Immobilien u. a. nach der regionalen Makro- oder Mikrolage und der Art des Objekts.[3] Risiken im gewerblichen Immobiliensektor können für einzelne finanzierende Banken erhebliche Klumpenrisiken bewirken, wenn hohe Kreditsummen auf den Objekten lasten. Es können auch umfassende Risikokonzentrationen bestehen, wenn ein Institut ein umfangreiches Portfolio an gewerblichen Immobilienfinanzierungen aufgebaut hat. Dann stehen in der Schieflage Adressenausfallrisiken bzw. Bonitätsrisiken und die bestmögliche Abwicklungsoption im Kern der ökonomischen Betrachtung.
II. Verwertungsstrategien
1. Alternative Abwicklungsstrategien mit Immobilienbezug
Es ist systematisch zwischen mehreren Strategien der Bewältigung des Krisenengagements zu unterscheiden, die sämtlich der Verlustvermeidung bzw. Ausfallminimierung bei der Bank dienen. Die Strategiewahl hängt u. a. von der Tiefe der Krise des Kreditnehmers ab und davon, inwieweit der betroffene Finanzierungsgläubiger noch bestehende Freiheitsgrade zur (Mit-)Steuerung hat.
Dabei kann es zweckmäßig sein, im Rahmen einer Sanierung des Unternehmensträgers des Schuldnerunternehmens, Immobilien des Schuldnerunternehmens (freihändig) zu veräußern, gelegentlich sogar die Übernahme in den Eigenbestand der Bank durch Kauf vom Kreditnehmer vorzunehmen, wenn die Immobilie zugunsten der Bank grundpfandrechtlich belastet ist, im Wesentlichen deutlich innerhalb der Wertgrenze des Grundbesitzes.[4] In Liquidationsfällen liegt diese Erwägung nicht selten nahe. Mit dieser Thematik befasst sich der nachfolgende Beitrag. Voraussetzung ist regelmäßig die aktuell fehlende „Marktgängigkeit“ der betroffenen Immobilie.
Eine andere Alternative besteht darin, mit dem Kreditnehmer oder seinem Insolvenzverwalter ein mehrjähriges „Stillhalteabkommen“ zu schließen. Dessen wesentlicher Inhalt besteht zweckmäßig darin, die Immobilien über den vereinbarten Zeitraum zu sichern und den ggf. unterhaltenen Betrieb der Immobilie (Vermietung, Verpachtung) aufrecht zu erhalten, notwendige Instandhaltungen und Instandsetzungen vorzunehmen und zwar mit Mitteln der Banken mit dem Ziel des Verkaufs der betroffenen grundpfandrechtlich hinreichend belasteten Immobilien bei vertretbar verbesserter Marktlage im Einvernehmen mit dem Kreditnehmer oder seinem Insolvenzverwalter. Ziel ist auch hier die Reduzierung von Verlusten aus dem Kreditengagement. Diese Vorgehensweise vermeidet den Immobilienerwerb durch die Bank(en).
Beispiel: Eine dem ähnliche Lösung sah in der Insolvenz des „Benko-Konglomerats“ der Sanierungsplan für die SIGNA Prime Selection AG, Wien, vor, nämlich den Verkauf von Immobilien im Eigentum von der SIGNA Selection gehörenden „Objektgesellschaften“ (auch in Deutschland), die ihrerseits insolvent sind. Der Verkauf sollte innerhalb von zwei Jahren erfolgen, bis dahin waren Vermögen und Beteiligungen der Schuldnerin in der Hand eines Treuhänders. Der Plan wurde angenommen, vom Handelsgericht Wien bestätigt, die Bestätigung vom OLG Wien aber aufgehoben mit der nachstehenden Begründung (Auszug), die charakteristisch für dergleichen aus Marktgründen zeitverzögerte Immobilienabwicklungen ist. Die Ausführungen des OLG Wien, gegen dessen Entscheidung „Revisionsrekurs“ zum OGH Österreich (entspricht der Zulassungsrechtsbeschwerde in Deutschland) eingelegt wurde, beschreiben die Problemfelder der vorstehend umrissenen Vorgehensweise, die auch für Rettungserwerbe von Immobilien durch Banken gelten:[5] [...]
Beitragsnummer: 22749