Dienstag, 4. Dezember 2018

Anleger muss behauptete nicht rechtzeitige Prospektübergabe beweisen

Der III. Zivilsenat des BGH (Urt. v. 04.10.2018, Az. III ZR 213/17) entscheidet in Fragen der Beweislast zu Lasten der Anleger.

Dr. Martin Andreas Duncker, Schlatter Rechtsanwälte Heidelberg/Mannheim

Wer trägt bei dem Dauerbrenner der angeblich nicht rechtzeitigen Prospektübergabe  im Streitfall die Beweislast? Der III. Zivilsenat des BGH hatte hierzu schon früher, so etwa auch in seiner Entscheidung vom 19.10.2017 (Az. III ZR 565/16), klar Position bezogen: Wenn eine unterschriebene Empfangsbestätigung des Anlegers vorliegt, wonach der Anleger den Prospekt vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung erhalten hat, muss der Anleger den konkreten Zeitpunkt der Prospektübergabe darlegen und beweisen, wenn er der Meinung ist, die Übergabe sei nicht rechtzeitig erfolgt. Ziemlich genau ein Jahr später hat der BGH diese Rechtsprechung nun nochmals bekräftigt.

Auch in dem vom BGH am 04.10.2018 (Az. III ZR 213/17) entschiedenen Fall hatte der Anleger zwar mit seiner gesonderten Unterschrift bestätigt, den Prospekt vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung erhalten zu haben. Ein Datum, wann die Anlegerin den Prospekt konkret erhalten hatte, ergab sich aus der Empfangsbestätigung jedoch nicht. Die Anlegerin hatte den – in sog. Anlegerschutzklage nahezu stereotyp wiederkehrenden –  Vorwurf erhoben, den Prospekt nicht rechtzeitig erhalten zu haben.

SEMINARTIPPS

Prüfung des Wertpapier- und Depotgeschäft, 14.05.2019, Hamburg

Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 15.–16.05.2019, Hamburg

Dieser Vortrag reichte dem BGH nicht. Um den Vorwurf der vermeintlich nicht rechtzeitigen Übergabe nachzuweisen, hätte die Anlegerin – so der BGH – den vermeintlich nicht rechtzeitigen Zeitpunkt darlegen und beweisen müssen. Ein solcher Vortrag wäre der Anlegerin auch möglich und zumutbar gewesen.

BUCHTIPP

Ellenberger/Clouth (Hrsg.), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 5. Aufl. 2018.


Diese nun erneut vom BGH entschiedene Konstellation liegt in vielen Fällen vor: Es gibt zwar eine unterschriebene Empfangsbestätigung, diese enthält allerdings keinen Hinweis darauf, wann genau der Prospekt empfangen wurde. Der BGH hat mit seiner aktuellen Entscheidung ein weiteres Mal verdeutlicht, dass es Aufgabe des Anlegers ist, hierzu entsprechend vorzutragen und Nachweise zu liefern, wenn er mit dem Argument der „nicht rechtzeitigen Prospektübergabe“ erfolgreich sein will. Gelingt dem Anleger dies nicht, hat er nach der allgemeinen Regelung zur Darlegungs- und Beweislast der Anleger das Nachsehen.

PRAXISTIPPS

  • Empfangsbekenntnisse sind in Haftungsfragen wichtig.
  • Empfangsbekenntnisse stets sorgfältig ausfüllen und vom Kunden unterzeichnen lassen!
  • Perfekte Empfangsbekenntnisse geben aus sich heraus mit ihren Angaben Auskunft über das Wann der der rechtzeitigen Übergabe der Unterlagen.
  • Gibt das Empfangsbekenntnis nur Auskunft über das Ob, nicht aber über das Wann der Übergabe, ist auch diese Aussage in Haftungsprozessen wertvoll.



Beitragsnummer: 999

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