RA Christian Steiner, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Leiter Rechtsabteilung, MaRisk-Compliance Beauftragter, Niedersächsische Bürgschaftsbank (NBB) GmbH
Bisher war einer Bank im Einklang mit dem AGB-Recht (BGH, NJW 1986 S. 1.757; NJW-RR 2002 S. 2.779; Urt. v. 11.5.2004 – XI ZR 22/03, BeckRS 2004 S. 6.074) grundsätzlich das Recht zugestanden worden, sich vor der Aufrechnung mit erdichteten oder sonstigen unbegründeten Gegenforderungen durch zahlungsunfähige oder -unwillige Kunden zu schützen. Um eine einseitige Bevorzugung der Bank zu vermeiden, war zudem anerkannt, dass das Aufrechnungsverbot gemäß Treu und Glauben nicht griff, wenn die Klageforderung und die Aufrechnungsforderung in untrennbarem Zusammenhang stehen und Entscheidungsreife hinsichtlich der einen Forderung auch Entscheidungsreife hinsichtlich der anderen Forderung bedeutet, weil es insbesondere keiner Beweisaufnahme bedarf (BGH, WM 1978 S. 620 [621]; NJW-RR 2002 S. 2.779; NJW-RR 2008 S. 121 Rn. 11; Lühmann, NJW 2018 S. 2.042. 2.044).
SEMINARTIPPS
19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.10.–22.10.2019, Heidelberg.
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.
Nunmehr hält der BGH (Urt. v. 20.03.2018 – XI ZR 309/16; OLG Nürnberg, Endurteil vom 28.06.2016 – 3 U 2560/15; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 17.11.2015 – 7 O 902/15), in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung, die Bestimmung im Verkehr für Verbraucher für unwirksam, obwohl sie nach wie vor das AGB-Recht wörtlich abbildet (Schnauder, JurisPR-BKR 8/2018 Anm. 1; Lühmann, NJW 2018 S. 2.042. 2.044).
Die beklagte Bank verwendete in ihren AGB in der seit Juli 2012 geltenden Fassung folgende Klausel:
„Nr. 11 Aufrechnung und Verrechnung
(1) Aufrechnung durch den Kunden
Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“
Nach Ansicht des BGH erfasst die Klausel im zugrunde liegenden Sachverhalt (Rückabwicklung nach Widerruf eines Darlehens) aufgrund ihrer offenen Formulierung auch solche Forderungen, die dem Verbraucher im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses erwachsen und mit denen er gegen Ansprüche der Bank aufrechnen kann. Hierin läge eine unzulässige Erschwerung des Widerrufsrechts, die sich insbesondere nicht mit dem Schutz von Kreditinstituten gegen die Aufrechnung mit erdichteten oder sonstigen unbegründeten Gegenforderungen durch zahlungsunfähige oder unwillige Kunden rechtfertigen lasse. Indem die Klausel dem Verbraucher die Möglichkeit zur Aufrechnung abschneidet, wird er dazu gezwungen, seine Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis aktiv im Klagewege geltend zu machen, was ihm in der Regel zusätzlich die Aufbringung des Gerichtskostenvorschusses abverlangt. Darüber hinaus beschränkt das Aufrechnungsverbot die Verteidigungsmöglichkeiten des Verbrauchers (BGH, BeckRS 2018 S. 9.222).
Eine anderweitige Auslegung der Klausel, wonach Forderungen des Verbrauchers aus dem Rückabwicklungsverhältnis nicht von ihr erfasst wären, liefe auf eine geltungserhaltende Reduktion hinaus, die nach ständiger Rechtsprechung des BGH unzulässig ist. Die Klausel könne auch nicht in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil zerlegt werden, so der BGH (vgl. hierzu auch Rodi, BKR 2018 S. 297).
Fazit
Nach dem Urteil sind die jeweiligen AGB der Banken und Sparkassen angepasst worden (vgl. hierzu auch die Muster-AGB des Bankenverbandes, https://bankenverband.de/media/40000_0718_muster.pdf, abgerufen am 13.10.2018).
Beitragsnummer: 994