Donnerstag, 15. November 2018

Prüffeld Immobilienkredite

Bettina Hermes, Sachbearbeitung, Kreditrevision der Sparkasse Essen

Durch die immer höheren Erwartungen der Aufsichtsbehörden an die Interne Revision in Bezug auf eine aktive Rolle bei der Beurteilung und Prüfung der Angemessenheit der Risikomanagementverfahren und der Effektivität des Internen Kontrollsystems sind wir auch bei der Prüfung von Immobilienkrediten gefordert. Selbstverständlich sollte dabei weiterhin, neben der Beurteilung der Bonität der Kreditnehmer u. a., die Bewertung der Kreditsicherheiten im Mittelpunkt risikoorientierter Kreditprüfungen stehen. Wenn es sich dann noch um ein Institut mit einem sehr hohen Realkreditanteil handelt, sollten spezielle Prüfungserfordernisse bei der Prüfung im Immobilienkreditgeschäft vorhanden sein. In diesem Zusammenhang ist die risikoorientierte Prüfungsauswahl von erheblicher Bedeutung. Hat man diese Auswahl getroffen, gilt es, sich einen Schwerpunkt der Prüfung zu suchen.

SEMINARTIPPS

Frühwarnverfahren Immobilienkredite in Praxis & Prüfung, 26.03.2019, Frankfurt/Offenbach.

Prozesse Immobilienbewertung als Fokusthema der Aufsicht & Prüfer, 16.05.2019, Frankfurt/Offenbach.

Immobilienfinanzierung Spezial: Hotels, Sozial- und Pflegeimmobilien,

10.10.2019, Frankfurt/M.


Damit der Wert eines Grundpfandrechtes auch das verspricht, was einen Realkredit ausmacht, ist es gerade bei der Erstbewertung eines Objektes wichtig, die korrekte Bewertungsmethode zur Feststellung eines Markt- und Beleihungswertes festzulegen. Da der Beleihungswert den Wert für den Zeitraum der kompletten Darlehensvergabe darstellen soll, muss er neben den aktuellen auch die künftigen Marktentwicklungen berücksichtigen.

Der Beleihungswert hat sich an den nachhaltigen Eigenschaften des Objektes zu orientieren. Eine hohe Qualität an die Wertermittlungsmethodik bietet die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV). Hieraus leiten sich gesetzliche Anforderungen an die Qualität von Gutachten ab, die zu folgenden Punkten Stellung nehmen müssen:

  • Objekt- und Standortqualität
  • Regionaler Immobilienmarkt
  • Rechtliche und tatsächliche Objekteigenschaften
  • Beleihungsfähigkeit des Objektes
  • Verwert- und Vermietbarkeit des Objektes
  • Restnutzungsdauer
Die häufigsten Probleme, die im Rahmen der Prüfung von Gutachten auftreten, sind oftmals die Begründung der Ansätze (Zustandekommen eines Wertes) und die Nachvollziehbarkeit der Aussagen für einen Dritten (Dokumentation zur Erreichung einer Transparenz der getätigten Aussagen). Schließlich sollte daher ein weiterer Schwerpunkt bei der Prüfung der Wertermittlung die immer wichtiger werdende Dokumentation der Berechnung und das Zustandekommen des Wertes – außerhalb der Berechnungsmethodik – sein. Die Anforderungen an die Inhalte und die Darstellung der Wertermittlung sind zwar um einiges detaillierter in der BelWertV dargelegt als in anderen Verordnungen/Grundsätzen, bieten jedoch immer noch ausreichend Spielraum für Diskussionen.

Innerhalb der Wertermittlung von Beleihungsobjekten aus dem Bereich eigennutzungsfähiger Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen hat sich neben den „Zwei-Säulen“ Sach- und Ertragswertverfahren das Vergleichswertverfahren etabliert, es birgt allerdings auch Risiken.

Das höchste Risiko liegt in der Voraussetzung der Vergleichbarkeit von mindestens fünf weiteren Objekten in Bezug auf Lage, Größe, Ausstattung und Kaufpreis. Diese Voraussetzung erfüllen i. d. R. meist nur Institute mit einem großen Bestand innerhalb ihres Immobilienportfolios.

Daher sollte dieses Verfahren auch vorwiegend im Bereich der Standardbaufinanzierung im Rahmen der Kleindarlehensgrenze bei ETWs verwendet werden, da nur dort ein halbwegs transparenter, vergleichbarer Immobilienmarkt vorherrscht. Durch einen Blick ins Gutachten der ausgewählten Immobilienkredite ist das Verfahren schnell erkannt. Zudem sollte auch in diesem Zusammenhang die Aussage über eine Drittverwendungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 4 der BelWertV hinterfragt werden, denn nur ein zweifelsfrei zur Eigennutzung geeignetes Objekt bzgl. Zuschnitt, Ausstattung und Lage wird dauerhaft von potentiellen Erwerbern nachgefragt werden. Somit wird auch die Nachhaltigkeit des Beleihungswertes gesteigert, den es durch eine Prüfung sicherzustellen gilt.

Daher lohnen sich auf jeden Fall Prüfungshandlungen auf diesem Gebiet und bieten Ansatzpunkte für mögliche Optimierungsansätze gerade dann, wenn es sich bei dem „Gutachter“, der die Wertermittlung erstellt, um einen „sachkundigen Mitarbeiter“ handelt im Rahmen der Kleindarlehensgrenze.

Eine unzweifelhaft dokumentierte und mit einem nachhaltig ausgestatteten Beleihungswert in einem korrekten Verfahren erstellte Wertermittlung bietet die erforderliche Substanz, die ein Grundpfandrecht als Sicherheit für den Realkredit verdient und Ihnen als Institut im Rahmen des Risikomanagements eine adäquate, belastbare Größe.

PRAXISTIPPS

  • Überprüfen Sie die aufsichtlichen Vorgaben im Bereich der Beleihungswertermittlung sowohl in Funktions- und Systemprüfungen als auch in Einzelfallprüfungen.
  • Innerhalb Ihrer Wertermittlung sollte eine ausreichende, nachvollziehbare Dokumentation vorliegen; insbesondere auch eine Darstellung der aktuellen Situation am Immobilienmarkt.
  • Optimieren Sie durch Ihre Prüfung die Datenqualität im Bereich der Erstellung von Wertermittlungen und unterstützen Sie dadurch die Marktfolgebereiche.


Beitragsnummer: 981

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