Laufende und anlassbezogene Emittenten- und Kontrahentenbeurteilung
Leanda Böhmer, Leiterin Kreditsekretariat, Sparkasse Gifhorn-WolfsburgVor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase kommt der Portfoliosteuerung des Depot A nach Risiko- und Rentabilitätsgesichtspunkten eine hohe Bedeutung zu. Dabei sind im Hinblick auf die Einräumung und der regelmäßigen Überprüfung der Emittenten- und Kontrahentenlimite die Anforderungen der MaRisk zu berücksichtigen.
Wesentliche MaRisk-Anforderungen
Der BTR 1 Adressenrisiken fordert, dass bei Handelsgeschäften
Emittenten- bzw. Kontrahentenlimite einzuräumen sind (s. Tz 3/4). Der hierfür notwendige Bearbeitungsprozess ist unter Risikogesichtspunkten spätestens nach drei Monaten durchzuführen (s. Tz 4). Bereits im Rahmen der Limitgewährung sollten Adressen-Risikokonzentrationen identifiziert und vorhandene Abhängigkeiten berücksichtigen werden (vgl. Tz 6).

Vor dem Hintergrund der Adressenrisikosteuerung ist zu analysieren, welche Eigenanlagen über Adressenausfallrisiken verfügen und welche Risikoklassifizierung heranzuziehen ist. Beispielsweise weist eine Eigenanlage in einem diversifizierten Immobilienfonds nur Adressenrisiken im Hinblick auf die gehaltenen Liquiditätspositionen aus. Im Rahmen der Limiteinräumung und regelmäßigen Bonitätsüberprüfung des Emittenten/Kontrahenten ist daher in Abhängigkeit von der Assetklasse eine unterschiedlich strukturierte Bonitätsanalyse erforderlich. Es wird eine turnusmäßige sowie anlassbezogene Beurteilung des Adressenausfallrisikos und Risikoklassifizierung erwartet (vgl. BTO 1.2 Tz 7 MaRisk – Anforderungen an die Pozesse im Kreditgeschäft). Die Intensität der Beurteilung hat sich am Risikogehalt der einzelnen Adresse zu orientieren. So ist etwa eine hochstandardisierte Betrachtung des Deckungsstocks bei Covered Bonds unter deutschem Pfandbriefrecht denkbar. Weiterhin sind Branchen- und Länderrisiken in angemessener Weise zu berücksichtigen (BTO 1.2 Tz 3 MaRisk).
SEMINARTIPPS
Prüfung neue Forbearance-Prozesse & Engagement-Maßnahmen, 08.04.2019, Frankfurt/M.Prüfung Risikoberichtswesen & Reporting, 09.04.2019, Frankfurt/M.
Prüfung §18/18a KWG-Prozesse: Neue (BauFi)Kreditwürdigkeits-analyse, 20.05.2019, Frankfurt/M.
Schlanke § 18 KWG-Prozesse, 24.09.2019, Frankfurt/M.
Prüfung Depot A-Geschäft, 16.05.2019, Köln.
Weitere Anforderungen
Im Rahmen der Limiteinräumung und regelmäßigen Bonitätsüberprüfung bietet es sich – je nach Emittent/Kontrahent – an, die
Gruppe verbundener Kunden sowie das Vorliegen einer
Schattenbank zu prüfen. Bei Limiteinräumungen kann es darüber hinaus – in Abhängigkeit von der Ausgestaltung des Limitsystems – sinnvoll sein, die
Strategiekonformität der Anlage zu betrachten.
Sofern vom Kreditinstitut ein externer Dienstleister für die Bonitätsanalysen genutzt wird, so entbindet dies das Institut nicht, eigene Erkenntnisse in die Beurteilung des Adressenausfallrisikos einfließen zu lassen und sich ein eigenes Urteil zu bilden (BTO 1.2 Tz 4 MaRisk). Dies sollte insbesondere dann erfolgen, wenn ein Emittent/Kontrahent aus regionaler Sicht eine übergeordnete Bedeutung für das Kreditinstitut hat.
BUCHTIPP
Heibel (Hrsg), Kreditwürdigkeitsprüfung im Privatkunden- und Baufinanzierungsgeschäft, 2017.
Weiterhin sollte eine zeitnahe Analyse der veröffentlichten Unterlagen (Investor Relations Informationen, Reseach) fokussiert und prozessual sichergestellt werden. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn die Bonitätsanalysen als Instrument der Risikofrüherkennung definiert wurden (BTO 1.3 MaRisk). Um letztere zeitnah zu gewährleisten, bietet es sich an, WphG-Ad-hoc-Mitteilungen systematisch zu überwachen.
Neben der Risikofrüherkennung ist ein Prozess für die Intensivbetreuung von Adressen im Depot A zu implementieren. Im Hinblick auf die regelmäßig nur eingeschränkten Möglichkeiten einer Intensivbetreuung von Emittenten/Kontrahenten durch ein einzelnes Institut, sollten Vorgaben zu potenziellen Maßnahmen festgelegt werden (z. B. Verkauf als Ultima Ratio). Weiterhin ist eine Differenzierung hinsichtlich des Umfangs der zu analysierenden Unterlagen zielführend (z. B. Analyse von Quartalsberichten).
PRAXISTIPPS
- Differenzieren Sie den Umfang und die Intensität der Bonitätsanalysen im Hinblick auf die Assetklasse, den Anlass (Limiteinräumung, regelmäßige Beurteilung) und den Risikogehalt (Normal-/Intensivbetreuung).
- Nehmen Sie Prüfungen zur Gruppe verbundener Kunden, Schattenbanken und Strategiekonformität bei den Beurteilungen vor, um separate Prüfungen/Dokumentationen aus Effizienzgründen zu vermeiden.
- Definieren Sie geeignete Plausibilisierungshandlungen bei der Nutzung von externen Dienstleistern für Bonitätsanalysen.
- Berücksichtigen Sie Eigenanlagen in den Prozessen der Risikofrüherkennung und Intensivbetreuung.
Beitragsnummer: 977