Freitag, 23. November 2018

Bearbeitungsentgelt bei Unternehmensdarlehensverträgen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinen Entscheidungen vom 16.10.2018, Az. XI ZR 593/16 und 218/17, bestätigt der Bundesgerichtshof im Anschluss an sein Urt. v. 04.07.2017, Az. XI ZR 562/15, erneut seine Rechtsprechung, wonach die Vereinbarung von laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelten auch bei Unternehmensdarlehensverträgen jeglicher Art AGB-rechtlich unwirksam ist. In diesem Zusammenhang betont der Bundesgerichtshof in Rn. 17 seiner Entscheidung 593/16, dass es für die Beantwortung der Frage, ob in der Vereinbarung von Bankentgelten eine AGB-rechtlich nicht überprüfbare Preishauptabrede oder aber eine der AGB-Kontrolle unterliegende Preisnebenabrede vorliegt, ganz maßgeblich auf die Laufzeitabhängigkeit der Vergütung ankommt. Sobald daher ein laufzeitunabhängiges Entgelt bei Abschluss von Darlehensverträgen vereinbart wird, handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Um zu vermeiden, dass die Kreditinstitute im Zusammenhang mit dem Abschluss von Darlehensverträgen mit Bauträgern ihre Entgelte durch Vereinbarung von entgeltpflichtigen Sonderleistungen vereinnahmen, führt der Bundesgerichtshof in beiden Entscheidungen vom 16.10.2018 in Rn. 20 f. bzw. Rn. 24 f. aus, dass die Überwachung des Baufortschritts und die damit verbundene kaufmännische Überprüfung der Auszahlungen, die Überprüfung von Objektgutachten, die Prüfung des Bautenstandes, die Prüfung von Rechnungen und Notarurkunden, Baugenehmigungen, Bauplänen und Sicherheiten, die Kostenüberwachung sowie die Überwachung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers, die etwaige Pfandfreigabe bzw. die Einräumung völliger Flexibilität in Bezug auf die Laufzeit des Darlehens im Regelfall im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft erfolgen, Forderungsausfälle zu vermeiden, weswegen solche Leistungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam bepreisbar sind. Dass die Erbringung solcher Leistungen im Einzelfall daneben auch dem Darlehensnehmer zu Gute kommen können, stellt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs einen lediglich reflexartigen Nebeneffekt dar, der nicht genügt, diese Leistungen als für den Darlehensnehmer erbrachte, gesondert vergütungsfähige Leistungen einzuordnen.

PRAXISTIPP

Mit seinen beiden vorstehenden Entscheidungen zementiert der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung ein, wonach die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Entgelte bei Abschluss von Darlehensverträgen schlichtweg unzulässig ist. Insofern besteht kaum die Hoffnung, dass der Bundesgerichtshof jemals von dieser Grundsatzlinie abweichen wird. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein erheblicher Teil der Sonderleistungen, die ein Kreditinstitut im Rahmen eines Bauträgerkredits gegenüber seinem Darlehensnehmer erbringt, im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft erfolgt, weswegen solche Dienstleistungen nicht bepreist werden dürfen. Ergänzend führt der Bundesgerichtshof noch aus, dass selbst dann, wenn diese Leistungen auch dem Darlehensnehmer zu Gute kommen würden, es sich hierbei um einen reflexartigen Nebeneffekt handelt, der eine Vergütungspflicht nicht zu begründen vermag. Insofern muss die Praxis zukünftig genau darauf achten, welche Sonderleistungen sie beim Bauträgerkredit zu bepreisen beabsichtigt, wobei hiervon unabhängig zwingend darauf zu achten ist, dass eine Wortlautverknüpfung zwischen Entgelt und Sonderleistung hergestellt wird. Möglicherweise erscheint es vor dem Hintergrund vorstehend besprochener neuer Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sicherer, bei Bauträgerkrediten Bereitstellungszinsen zu vereinbaren oder eine Form von Staffelzinsen.

SEMINARTIPPS

Bauträgerfinanzierungen unter erschwerten Rechts- und Marktbedingungen, 20.05.2019, Frankfurt/M.

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.10.–22.10.2019, Heidelberg.



Beitragsnummer: 969

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