Donnerstag, 9. Juli 2020

Video-Livestreaming: Systembrüche überwinden

Ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt: Mit Begutachtung und Dokumentation von Sicherheiten in Digitalisierung einsteigen.

Frank Schottenheim, Director, Financial Institutions, Risikomanagement, PS Team GmbH

 

Wenn – wie allgemein erwartet – eine Pleitewelle über Deutschland und weitere Märkte Europas hereinbricht, kommt eine Menge Arbeit auf Insolvenzverwalter und Sanierer zu. Schon vor Corona litt die Branche unter völlig unzureichenden Prozessen – Digitalisierung: Fehlanzeige! „Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass die Digitalisierung im Insolvenzverfahren dringend erweitert werden muss“, heißt es beim VID (Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V.). Im Eckpunktepapier Insolvenzverfahren 4.0 wird darauf hingewiesen, dass die administrative Verfahrensabwicklung der Insolvenzordnung im Wesentlichen „den Grundsätzen der Konkursordnung von 1877 entspricht“. Verschiedene Großverfahren zeigten „die Grenzen der bisherigen Verfahrensabläufe und deren wirtschaftliche Folgen“.

 

SEMINARTIPP

Aktuelles zum Firmenkundenkreditrecht, 01.10.2020, Frankfurt/M.

 


Am Rand des Deutschen Insolvenzverwalterkongresses im November vergangenen Jahres machte VID-Beiratsmitglied Jens Wilhelm V. klar: „Wir haben aktuell etwas, was kein Dauerzustand bleiben darf und was auch nicht mehr lange so bleiben darf.“ Er klagt über Systembrüche, „analoge Post, die digitalisiert wird, um danach analog ausgedruckt und wieder digitalisiert zu werden“. Er fordert, „dass wir progressiv über Videokonferenzen und über Gläubigerversammlungen nachdenken und sie eben auch umsetzen“. Es bleibt hinzuzufügen, dass auch weitere Prozessbeteiligte wie Verwerter, Auktionatoren und Sichersteller mit digitalen Anwendungen deutlich effizienter arbeiten könnten. In den kommenden Monaten werden sie mehr denn je gefordert sein, Fälle schnell und sicher abzuwickeln.

 

Bestandsprüfung und Begutachtung mit der App

 

Schon eine einzige App kann die Abläufe beschleunigen und Kosten senken. So ermöglicht etwa die App PS SelfCheck Bestandsprüfungen von Fahrzeugen und mobilen Gütern digital durchzuführen. Eine weitere Anwendung, die Video-App PS LiveStream, verfügt über ein breites Einsatzspektrum. Sie dient dazu, Industrie-Objekte aus der Ferne zu begutachten. Ob Schutzschirmverfahren, Sanierung oder Beschlagnahmung der Vermögensgegenstände: In jedem Fall sind unterschiedliche Parteien beteiligt, die sich vergewissern müssen, dass Maschinen, Anlagen und weitere Objekte tatsächlich existieren, und sie müssen prüfen, in welchem Zustand sie sind. Beginnend mit der Inbesitznahme und Inventarisierung durch den Insolvenzverwalter bis zur Einschätzung des Restwerts seitens der Gläubiger kann das Video-Livestreaming dabei spürbar entlasten. 

 

Dazu treffen sich die autorisierten Beteiligten in einer Videokonferenz und schalten sich direkt von ihrem Arbeitsplatz aus auf die App auf. Lediglich eine Person muss mit Smartphone oder Tablet vor Ort sein, um den Anweisungen der Asset-Experten zu folgen. Diese dirigieren die Person an der Maschine oder Industrieanlage um das Objekt herum. Dabei filmen oder fotografieren sie relevante Details oder Zusammenhänge selbst und erhalten ein vollständiges Bild – ganz ohne zeitaufwendige und kostenintensive Reisen, die aktuell ohnehin nur eingeschränkt möglich sind.

 

Dokumentation ohne Medienbrüche

 

Auch hinsichtlich der Dokumentation bietet die Digitalisierung an dieser Stelle große Vorteile: Die gesamte Session inklusive Fotos, Detailaufnahmen und Videosequenzen wird aufgezeichnet. Alle Beteiligten können über die Cloud auf die Datei sowie die konsolidierten Prüfergebnisse zugreifen. Viele Medienbrüche fallen auf diese Weise weg. Die Objekte sind gut dokumentiert, womit die Prozess- und Rechtssicherheit steigt. Da sich die Termine flexibel einplanen lassen und sowohl leidiger Papierkram als auch Mehrfacherfassungen entfallen, lassen sich in der gleichen Zeit mehr Fälle abwickeln. Das steigert die Wirtschaftlichkeit und ermöglicht Beteiligten, die ihre Preise frei definieren können, diese anzupassen und sich so Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

 

Verwertung: weiter Aktionsradius

 

Kommt es zur Verwertung der Vermögenwerte, kann der Insolvenzverwalter etwa Auktionatoren und Wertgutachter in den Informationsfluss integrieren. Vieles kann zeitsparend per Videokonferenz abgestimmt werden. Auch für die Verwerter selbst lohnt sich die Anschaffung der App, können sie doch damit zum einen Objekte in Augenschein nehmen, zum anderen ihrerseits Händler und potenzielle Käufer einbinden. Interessenten können sich auf diese Weise ein realistisches Bild machen und müssen sich nicht allein auf technische Daten, Vertrags- und Wartungsunterlagen verlassen. Schließlich hängt der Restwert einer Maschine maßgeblich vom Zustand ab und um diesen zu beurteilen, muss man wissen, wie das Objekt in den vergangenen Jahren bedient wurde und welchen äußeren Bedingungen es ausgesetzt war.

 

Längst ist es gang und gäbe, Vermögenswerte international und über Online- und Präsenzauktionen zu verwerten. Video-Livestreaming und die damit verbundene Dokumentation erweitern den Käuferradius noch einmal. Die digitale Kommunikation überwindet nicht nur Grenzen und Entfernungen, sie erleichtert es auch, Wissenslücken ohne Aufwand zu schließen und Kaufentscheidungen von großer Tragweite auf eine sichere Grundlage zu stellen. Vor diesem Hintergrund lässt sie die Video-App durchaus als Brückentechnologie für das Insolvenzverfahren 4.0 verstehen.

 

PRAXISTIPPS

  • Beginnen Sie Schritt für Schritt mit der Digitalisierung und beginnen Sie jetzt! Jeder analoge Prozess, den Sie webbasiert abwickeln, steigert Ihre Effizienz.
  • Vermeiden Sie Medienbrüche, indem Sie verschiedene Akteure in die digitale Abstimmung einbinden und Dokumente zentral online verwalten!
  • Prüfen Sie, wo Sie mit Video-Livestreaming Reisezeiten und -kosten vermeiden können!

Beitragsnummer: 9273

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