Mittwoch, 24. Juni 2020

Sicherheitentausch: Risiken für die Vorfälligkeitsentschädigung

Rechtsanwalt Prof. Dr. Patrick Rösler, Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG


Ab und an tritt der Verbraucherdarlehensnehmer an die Bank heran und bittet um den Austausch einer Kreditsicherheit, weil er das beliehene/verpfändete Objekt anderweitig verwenden will oder muss. Denkbar wäre also ein Austausch der Sicherheit, sofern der Darlehensnehmer und/oder der Sicherungsgeber eine als Sicherheit dienende Immobilie anderweitig benötigt, aber zur Kompensation eine andere – ebenso werthaltige – Sicherheit zur Verfügung stellt.

In diesem Beitrag soll geklärt werden, in welchen Fällen der Verbraucher-Darlehensnehmer einen Sicherheitentausch auch aus rechtlicher Sicht verlangen kann und welche Risiken für die Bank dabei bestehen, wenn sie einem Sicherheitentausch zustimmt.


Recht auf Sicherheitentausch

Eine Verpflichtung der Bank zum Sicherheitentausch ist dann anzunehmen, wenn ihr ein solcher mangels schutzwürdiger eigener Interessen zuzumuten ist.[1] Dies ist der Fall, wenn eine vom Darlehensnehmer als Ersatz angebotene Sicherheit das Risiko der Bank genauso gut abdeckt wie die der Bank vereinbarungsgemäß eingeräumte Sicherheit, der Darlehensnehmer bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherheitentausch verbundenen Kosten zu tragen und das Kreditinstitut auch nicht befürchten muss, etwa bei der Verwaltung oder der Verwertung der Ersatzsicherheit irgendwelche Nachteile zu erleiden.[2]

Eine solche Verpflichtung ist zu verneinen, wenn der Darlehensnehmer bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen als Ersatzbesicherung die Verpfändung des auf einem Festgeldkonto liegenden Verkaufserlöses anbietet, da es sich aus rechtlicher Sicht nicht um eine gleichwertige Sicherheit handelt.[3]

Der BGH räumt dem Darlehensnehmer, der gegen die realkreditgebende Bank einen Anspruch auf Einwilligung in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung hat, die Möglichkeit ein, stattdessen auch die Zustimmung zu einem bloßen Austausch der vereinbarten Sicherheiten bei sonst unverändert fortbestehendem Darlehensvertrag zu verlangen, wenn und soweit der Sicherheitenaustausch dem Kreditinstitut mangels eines schutzwürdigen Eigeninteresses zuzumuten ist.[2] Eine solche Zumutbarkeit sei anzunehmen, wenn eine vom Darlehensnehmer als Ersatz angebotene Grundschuld das Risiko der realkreditgebenden Bank genauso gut abdeckt wie die der Bank vereinbarungsgemäß eingeräumte Grundschuld, der Darlehensnehmer bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherheitenaustausch verbundenen Kosten zu tragen und das Kreditinstitut auch nicht befürchten muss, etwa bei der Verwaltung oder der Verwertung der Ersatzsicherheit irgendwelche Nachteile zu erleiden.

Im Ergebnis ist ein Sicherheitentausch für die Bank also zumutbar, wenn für sie keine Kosten (Notar, Grundbuch) entstehen und die angebotene Sicherheit das Risiko genauso gut abdeckt, also wenn diese

  • gleichwertig (d. h. ebenfalls eine Grundschuld) ist,
  • mindestens gleichrangig zur Verfügung steht,
  • den gleichen Beleihungsauslauf ermöglicht und
  • diese an einem mindestens gleichwertigen Objekt erfolgt.[4]

Außerdem dürfen keine anderen Nachteile bei der Verwaltung oder Verwertung der Sicherheit bestehen. Dies wäre z. B. denkbar, wenn einer Sparkasse ein Objekt außerhalb ihres Satzungsgebiets angeboten würde und sie sich bei der Beleihung aus Know-how- und Risiko-Überlegungen grundsätzlich nur auf die Finanzierung von Objekten in ihrem Satzungsgebiet beschränkt.[5]

Mögliche zeitliche Lücken im Vollzug des Tausches sind durch entsprechende Treuhandauflagen bei der Durchführung abzusichern, z. B. „Löschungsbewilligung darf nur verwendet werden, wenn …”.[6] 

Die Erhebung eines angemessenen Entgelts zur Sicherheitenprüfung ist zulässig.[7]


SEMINARTIPPS

Prüfung Kreditsicherheiten: Aufsichtsrechtliche Vorgaben & Prozesse, 29.09.2020, Frankfurt/M.

Kreditsicherheiten Kompakt: Sach- & Personalsicherheiten, 30.09.2020, Frankfurt/M.


Risiken für die Vorfälligkeitsentschädigung 


Früher bestand das Problem, dass die Bank bei einem Sicherheitentausch Grundschuld gegen Mobiliarsicherheit die Qualifizierung des Darlehens als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen verloren hat. Dies hatte zur Konsequenz, dass dem Darlehensnehmer nach dem Sicherheitentausch im Zweifel ein Kündigungsrecht zugestanden hat, welches wiederum zum Entfall der Vorfälligkeitsentschädigung geführt hätte. Dieses Problem besteht heute nicht mehr in dieser Form, es hat sich aber gewandelt. Denn die Anknüpfung für das Verlangen einer Vorfälligkeitsentschädigung ist heute nicht mehr die Qualifizierung als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen, sondern dass es sich um ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz, also ein Festzinsdarlehen handelt. So lange also der gebundene Sollzinssatz beim Darlehen nicht verändert wird, besteht auch nach einem Sicherheitentausch der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung dem Grunde nach fort.

Problematisch ist aber, dass Allgemein-Verbraucherdarlehen bei der Vorfälligkeitsentschädigung aus Sicht des Verbrauchers privilegiert sind und deren Höhe nach § 502 Abs. 3 BGB auf 0,5 oder 1 % des vorzeitig zurückgezahlten Betrages begrenzt ist. Stimmt die Bank also nun dem Tausch Grundschuld gegen Mobiliarsicherheit zu, entfällt die Qualifizierung nach § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Nach dieser Norm handelt es sich dann um ein Immobiliar-Verbraucherdarlehen, wenn das Darlehen durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert ist. Auf den Verwendungszweck kommt es also nicht an.

Um den Status als Immobiliar-Verbraucherdarlehen und den vollen (unbegrenzten) Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu verlieren, muss die Bank also darauf achten, dass zumindest die Qualifizierung nach § 491 Abs. 3 Nr. 2 BGB vorliegt oder erhalten bleibt. Das Darlehen muss also für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sein.

Ist dies nicht möglich, weil es sich beim ursprünglich grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen nicht um ein solches zu Immobilienzwecken gehandelt hat, wird die Bank einem Sicherheitentausch nur dann zustimmen, wenn ihr rechnerisch ein Schaden durch die Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht entsteht oder der Darlehensnehmer in die Zahlung der im Zeitpunkt des Sicherheitentausches anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung einwilligt.

Von der Vorfälligkeitsentschädigung (in diesem Fall ein Vorfälligkeitsentgelt, da es auf dem Sicherheitentauschvertrag beruht) können die Beträge abgezogen werden, die nach § 502 Abs. 3 BGB vom Darlehensnehmer noch bezahlt werden müssen, sollte er das Darlehen vorzeitig zurückzahlen.

In einem Sicherheitentauschvertrag ist eine solche Vereinbarung möglich. Da zum Sicherheitentausch im Grundsatz keine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung besteht, braucht die Bank keinerlei Nachteile in diesem Zusammenhang hinnehmen.[1]Damit kann sie auch einen Vertrag abschließen, der die Sonderleistung Sicherheitentausch und ein Entgelt dafür enthält. Dieses wiederum kann die Position „potentieller Schaden durch künftig begrenzte Vorfälligkeitsenschädigung“ erhalten. Es liegt eine Hauptpreisabrede vor, die Leistungen stehen sich synallagmatisch gegenüber.

Problematisch ist aus wirtschaftlicher Sicht, dass das Aufhebungsentgelt bereits zum Zeitpunkt des Sicherheitentausches festgelegt werden muss, da andernfalls die Bank bei einer nachfolgenden vorzeitigen Kündigung nur die "gedeckelte"Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen könnte. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit ist auf Basis der rechnerischen Vorfälligkeitsentschädigung nach Abzug der gedeckelten Vorfälligkeitsentschädigung zu beachten. Die Bank wird darum auch keinen Aufschlag für die neu bestehende (günstigere) Kündigungsoption machen können oder die Vorfälligkeitsentschädigung erst zum Zeitpunkt der Kündigung des sicherheitenveränderten Darlehens abrechnen können. Beide Fälle erschweren das Kündigungsrecht des Verbrauchers. Seiner Rechte aus dieser Norm kann er sich nicht mal selbst begeben, solche Vereinbarungen wären als Verstoß gegen zwingendes Gesetzesrecht unwirksam nach § 134 BGB. 

Handelt es sich beim Sicherheitentausch um einen Tausch Grundschuld gegen Grundschuld, ist das unter dem Blickwinkel der Vorfälligkeitsentschädigung unproblematisch. Ebenso, wenn es sich um einen Sicherheitentausch bei einem Unternehmerkreditnehmer (§ 14 BGB) handelt.  


Praxistipps

  • Die Bank muss einem Sicherheitentausch nur dann zustimmen, wenn sie sich in keiner Weise schlechter stellt als vor dem Tausch.
  • Erlaubt die Bank einen Tausch der bestehenden Grundschuld gegen eine Mobiliarsicherheit bei einem Verbraucher-Darlehen, sollte sie tunlichst das Risiko der fortan gedeckelten Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigen
  • Für den Sicherheitentausch sollte eine Vereinbarung geschlossen werden, in welcher die beiden Sicherheiten genau bezeichnet werden und in dem das Entgelt für den Sicherheitentausch (Differenz der Vorfälligkeitsentschädigung, weitere Kosten) festgelegt werden.  

[1] OLG Stuttgart v. 25.07.2007 - 9 U 21/07.

[2] So für den Tausch Grundschuld gegen Grundschuld BGH v. 03.02.2004 - XI ZR 398/02 = BKR 2004, 189 ff. m. Anm. Rösler/Lang.

[3] OLG Stuttgart v. 25.07.2007 - 9 U 21/07.

[4] Freckmann, BKR 2005, 167, 174.

[5] Rösler/Lang, BKR 2004, 189 ff., Anmerkung zu BGH v. 03.02.2004 - XI ZR 398/02.

[6] Freckmann, BKR 2005, 167, 174.

[7] Freckmann, BKR 2005, 167, 174.


Beitragsnummer: 9179

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