Mittwoch, 24. Juni 2020

Ergänzung BT 6 MaComp

Max Kirschhöfer, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

 

Die BaFin konsultiert aktuell (Mai/Juni 2020) eine Ergänzung des BT 6 MaComp. BT 6 MaComp enthält aufsichtliche Vorgaben der BaFin zu der für die Anlageberatungspraxis wichtigen Geeignetheitserklärung nach § 64 Abs. 4 WpHG. Dieser äußerst praxisrelevante Abschnitt der MaComp soll nun um weitere Ausführungen zur Geeignetheitserklärung ergänzt werden. 

 

§ 64 Abs. 4 WpHG sowie Art. 54 Abs. 12 DelVO 2017/565 schreiben vor, dass einem Privatkunden (im Wortlaut der MiFID II sowie der DelVO 2017/565 „Kleinanleger“) bei Erbringung einer Anlageberatung eine sog. Geeignetheitserklärung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden muss (vgl. zum Begriff des dauerhaften Datenträgers EuGH, Urt. v. 25.01.2017, C-375/15). Die Geeignetheitserklärung muss die gegenüber dem Anleger erbrachte Beratung nennen sowie erläutern, wie diese auf die Präferenzen und Anlageziele sowie sonstigen Merkmale des Kunden abgestimmt wurde. 

 

SEMINARTIPPS

4. Kölner Wertpapierrevisions-Tage, 16.–17.11.2020, Köln.

WpHG und MaComp Aktuell, 02.12.2020, Frankfurt/M.

 

In der geplanten Ergänzung der MaComp weist die BaFin zunächst drauf hin, dass floskelhafte bzw. rein pauschale Feststellungen in der Geeignetheitserklärung unzulässig sind. Zudem sei eine individuelle Begründung im konkreten Einzelfall erforderlich, warum die Geeignetheit eines empfohlenen Produkts angenommen wurde. Darüber hinaus müsse der Berater begründen, warum die von ihm ausgesprochene Empfehlung auf die (zuvor ermittelten) Kundenmerkmale, also insbesondere die Präferenzen und Anlageziele des Kunden, passt. 

 

Aus dieser materiellen Empfehlungsbegründung wiederum folgt für die Dokumentation einer Kaufempfehlung, dass alle für die Geeignetheitsprüfung erforderlichen Informationen in die Geeignetheitserklärung aufgenommen werden müssen. Hingegen ist nach dem zur Konsultation gestellten Entwurf der MaComp-Ergänzung bei einer Verkaufsempfehlung ausreichend, wenn in der Geeignetheitserklärung diejenigen Merkmale erläutert werden, aufgrund welcher der Anlageberater dem (Privat-)Anleger den Verkauf eines Finanzinstruments empfohlen hat. Die materielle Empfehlungsbegründung muss sich dann aber zwingend auf diese Merkmale beziehen. Bei Halteempfehlungen ist ebenfalls eine Begründung mit dem Hinweis erforderlich, warum das Produkt weiterhin für den Kunden geeignet ist. Eingehen auf sämtliche Kundenmerkmale muss der Anlageberater aber nur, wenn sich diese geändert haben. 

 

PRAXISTIPP

 

Ungeachtet dessen, ob vorstehend dargestellte Ergänzung der MaComp schlussendlich im Wortlaut von der BaFin in die MaComp aufgenommen wird, sollte im Rahmen einer jeden Anlageberatung stets auf eine sorgfältige Dokumentation Wert gelegt werden. Nicht nur die Beratung, sondern auch deren Dokumentation in der Geeignetheitserklärung sind somit auf den konkreten Beratungssachverhalt abzustimmen (vgl. auch Koller in Assmann/Schneider/Mülbert, 7. Aufl. 2019, § 64 WpHG, Rn. 49). Nicht ausreichend für eine ordnungsgemäße Dokumentation des Beratungsprozesses wird somit ein Rückgriff auf die auf einen Durchschnittskunden abgestimmten Informationen nach § 64 Abs. 2 WpHG sein. Ebenfalls unzulässig ist somit ein Rückgriff auf pauschalierte Textbausteine, die durch „Copy and Paste“ bzw. eine Anklickoption in die Geeignetheitserklärung eingespielt werden. Vielmehr muss, dies legen auch die Ausführungen der BaFin in dem zur Konsultation gestellten Entwurf der BT 6 MaComp-Ergänzung nahe, individuell auf die Kenntnisse und Bedürfnisse des Kunden eingegangen werden. Dies bietet dem Berater im Streitfall auch die Möglichkeit, nachzuweisen, dass die Beratung ordnungsgemäß erfolgte. 

 

Ergänzung BT 3 MaComp 

Neben der soeben dargestellten Ergänzung der BT 6 MaComp stellt die BaFin aktuell einen (neuen) Abschnitt zur angemessenen Kundenaufklärung bei der sog. indikativen Orderwertberechnung zur Konsultation. In diesem neuen Abschnitt widmet die BaFin sich dem Phänomen bzw. für einige Anleger besser gesagt Problem, dass beim Einsatz von Online-Brokerage-Tools herangezogene Preisinformationen oft nicht aktuell sind oder auf falscher Tatsachengrundlage beruhen, da mangels Handelsdaten schlicht keine „besseren“ Informationen zur Verfügung stehen. Dies kann dazu führen, dass der dem Kunden angezeigte indikative, also vorläufige, Orderwert erheblich vom Ausführungspreis abweicht. Da sich eine immer größere Zahl an oft auch kapitalmarktunerfahrenen Kunden zum Traden Online-Brokerage-Tools bedient, hält die BaFin es für erforderlich, dass dem Kunden künftig beim Einsatz eines Online-Brokerage-Tools vor Ordererteilung ein allgemeinverständlicher Hinweis auf das dargestellte „Problem“ erteilt wird. Dieser Hinweis muss so gestaltet werden, dass auch in Kapitalmarktangelegenheiten unerfahrene Kunden diesen neu aufzunehmenden Warnhinweis nachvollziehen und verstehen können. Zudem hält die BaFin es – im konsultierten Entwurf – für erforderlich, dass Anleger bei Einsatz eines Online-Brokerage-Tools künftig darauf hingewiesen werden, dass sie zur Absicherung gegen zu hohe Ausführungspreise auch ein Limit einziehen können. 

 

PRAXISTIPP

 

Beim Einsatz von Online-Brokerage-Tools sollte künftig genau die Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Praxis der BaFin, aber auch die Entwicklung der maßgeblichen Rechtsprechung beobachtet werden. Denn es spricht Einiges dafür, dass die nach Ansicht der BaFin zu erteilenden Hinweise früher oder später Gegenstand von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Verfahren werden. Erfahrungsgemäß wird dabei an die hinreichend deutliche und verständige Gestaltung von Warnhinweisen die Messlatte sehr hoch gelegt, weswegen den Anbietern von Online-Brokerage-Tools nur anzuraten ist, diese sorgfältig und im Einklang mit den (sicherlich irgendwann ergänzten) MaComp zu gestalten. Wird zudem der von der Aufsicht für erforderlich gehaltene Hinweis auf die Möglichkeit, ein Limit einzuziehen, aufgenommen, so sollte auch ein Hinweis darauf erfolgen, wie eine Order limitiert werden kann und was dies konkret bedeutet. Denn es kann nicht unterstellt werden, dass jeder Nutzer eines Online-Brokerage-Tools mit diesem Begriff auch etwas anzufangen weiß. 


Beitragsnummer: 9173

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