Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Die von Banken regelmäßig bei Immobiliardarlehensverträgen erhobene Bereitstellungsprovision, welche durch die darlehensgebenden Banken als Gegenleistung dafür erhoben wird, dass dem Darlehensnehmer die Darlehensvaluta über einen im Vertrag definierten Zeitraum zum jederzeitigen Abruf bereitgehalten wird, war zuletzt verschiedentlich Gegenstand verbraucherseitiger Angriffe. Dabei wurde argumentiert, dass die Bereitstellungsprovision der AGB-Kontrolle unterfalle und AGB-rechtlich unwirksam sei, da die Bank mit der Bereitstellungsprovision eine Leistung bepreise, zu welcher sie aufgrund des Darlehensvertrags ohnehin verpflichtet sei.
SEMINARTIPP
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.
Dieser Auffassung ist bereits die Instanzgerichtsbarkeit geschlossen entgegengetreten (vgl. dazu Edelmann, BTS Bankrecht 2020 S. 19 f.; Hölldampf, BKR 2020 S. 240, 241 ff.; Rösler, ZIP 2020 S. 1.165).
BUCHTIPP
Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.
Nunmehr hat auch der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24.03.2020 – XI ZR 516/18 – die in der Instanzgerichtsbarkeit vertretene Rechtsauffassung bestätigt und festgehalten, dass die Bereitstellungsprovision eine durch die Bank erbrachte Sonderleistung in Form der durch die Bank übernommenen Verpflichtung, dem Darlehensnehmer den Nettodarlehensbetrag nach Abschluss des Darlehensvertrags für einen vereinbarten Zeitraum (sog. „Ziehungsperiode“) auf Abruf bereitzuhalten, bepreist.
PRAXISTIPP
Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen, denn wie der Bundesgerichtshof zutreffend hinweist, besteht nach den darlehensvertraglichen Vorschriften (§§ 488 ff. BGB) keine Verpflichtung des Darlehensgebers, den Darlehensbetrag für den Darlehensnehmer auf Abruf bereitzuhalten. Vielmehr könnte der Darlehensgeber die sofortige Abnahme des Darlehens verlangen, § 271 Abs. 1 BGB. Übernimmt der Darlehensgeber gleichwohl im Darlehensvertrag die Verpflichtung zur Bereithaltung des Kapitals über einen bestimmten Zeitraum, handelt es sich somit um eine bepreisbare Sonderleistung.
Nicht geäußert hat sich der Bundesgerichtshof zu der gelegentlich ebenfalls aufgeworfenen Frage, ob eine Bereitstellungsprovision i. H. v. 0,25 % p. M. sittenwidrig überhöht ist. Fest steht nach der Entscheidung des BGH aber, dass der von Verbraucherseite verfolgte Ansatz, die Bereitstellungsprovision mit dem Vertragszins gegenüberzustellen, verfehlt ist. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus (vgl. Hölldampf, BKR 2020 S. 240, 243 ff.). Durch die Bereitstellungsprovision wird ausweislich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch gerade nicht die Überlassung der Darlehensvaluta bepreist, sondern deren fortgesetzte Bereithaltung. Es fehlt mithin bereits an einer Vergleichbarkeit der Leistungen, die durch den Vertragszins auf der einen und die Bereitstellungsprovision auf der anderen Seite bepreist werden.
Vor dem Hintergrund, dass die Erhebung einer Bereitstellungsprovision i. H. v. 0,25 % p. M. als absolut marktüblich anzusehen ist, besteht daher auch für die Annahme der Sittenwidrigkeit keinerlei Anlass.
Beitragsnummer: 9171