Mittwoch, 27. Mai 2020

Digitalisierung und Spenden

Wie die Digitalisierung das Spendenverhalten nachhaltig verändert.



Michael Mende, Senior Associate, Capital Markets Advisory, PwC Deutschland


Dr. Patrick Hedfeld, Dozent FOM-Frankfurt

 

Teile unserer Gesellschaft sind auf direkte Geldspenden in Form von Bargeld angewiesen, jedoch verändern neue Technologien im Bereich Mobile Payments, wie Apple Pay oder Google Pay, die das Bezahlen mit dem Smartphone möglich machen, die Art des Bezahlens und die Verbreitung von Bargeld. Abgeleitet aus diesen Entwicklungen wurde untersucht, wie sich Geldspenden in einer digitalen Welt verändern werden und welche Veränderungen die Digitalisierung für das Spendenverhalten der Menschen in einer Gesellschaft bedeutet. 


Im Jahr 2018 wurden rund 8,3 Milliarden Euro von jeweils den privaten Haushalten und von Unternehmen gespendet. Von den privaten Geldspenden gingen 75 % an humanitäre und karitative Zwecke im In- und Ausland. Die durchschnittliche Spendenhöhe je Spendenakt hat 2018 mit 38 Euro je Spendenakt einen neuen Höchstwert erreicht, während die Spendenhäufigkeit pro Spender nach ihrem Höchststand von 6,9 Spenden pro Spender im Jahr 2017 einen leichten Rückgang von 0,1 auf 6,8 Spenden pro Spender verzeichnet.

 

BUCHTIPP

Kontoführung & Zahlungsverkehr 5. Aufl. 2017.

 
Der Bereich des Spendens befindet sich in einer Umbruchsituation. Junge Menschen kommen aufgrund von Praktika und befristeten Arbeitsverträgen später in eine berufliche Lebenssituation, in der sie verlässlich Geld verdienen und regelmäßig spenden können. Zudem verliert die Religion, über Jahrhunderte ein wichtiger Spendenimpuls, zunehmend an Bedeutung. Das Spendenverhalten verändert sich vom klassischen Spenden hin zu Crowdfunding oder Fundraising, woraus sich große Potenziale für gemeinnützige Organisationen unter Verwendung der Digitalisierung ergeben. Die Grundlage für diese Entwicklung wird durch die dualistische Angebots- und Nachfragestruktur des Spendenmarktes ermöglicht, welcher sich in kleine regionale und Nischenmärkte sowie einen unabhängigen nationalen Spendenmarkt aufteilt.  


Mobile Payments als Grundlage

 

Das Angebot im Bereich Mobile Payments ist in den letzten Jahren stark gewachsen und die Möglichkeiten, kontaktlos per NFC-Schnittstelle mit der Bank- oder Kreditkarte bei Händlern bezahlen zu können haben zugenommen. Neue Technologien wie Apple Pay oder Google Pay, die das Bezahlen mit dem Smartphone möglich machen, verändern die Art des Bezahlens und die Nutzung von Bargeld. Während die Annahme von Mobile Payments bei Konsumenten in den Niederlanden bei 51 % und in Belgien bei 47 % liegt, ist sie laut dem Pricewaterhouse Coopers, (PwC) Payments Report aus 2019 in Deutschland mit 25 % wesentlich geringer. In der Altersklasse der 18-29-Jährigen in Deutschland nutzen 46 % Mobiles Bezahlen regelmäßig bis selten, in der Altersklasse der 30-39-Jährigen sind es 40 %. 57 % der Deutschen sagen, sie möchten ihre Zahlungen in fünf Jahren mobil abwickeln. Für 55 % ist es ein Vorteil in der Lage sein zu können, ihre Bezahlhistorie nachvollziehen zu können. Dem gegenüber verspüren es 69 % als Nachteil, durch die Nutzung des Mobilen Bezahlens dazu verleitet zu sein, schneller zu kaufen. Mögliche Gründe, weshalb sich Mobile Payments in Deutschland noch nicht durchgesetzt hat, sind zum einen Sicherheitsbedenken hinsichtlich Betruges und Datenklau, zum anderen die geringe Bekanntheit der Anbieter und der Angebote, sowie die „Liebe der Deutschen zum Bargeld“. Sicherheit und Vertrauen zählen zu den wichtigsten Faktoren zur weiten Verbreitung und Akzeptanz von Mobile Payments in Deutschland. Ein entscheidender Faktor in der digitalen Welt ist zudem das „Personalization-Privacy Paradox“ nach Awad und Krishnan (2006). Sie fanden in einer empirischen Studie heraus, dass Menschen, welche Privatsphäre schätzen, weniger oft dazu bereit sind, persönliche Informationen weiter zu geben, um personalisierte Angebote zu erhalten. Dennoch seien sie bereit, bei hochqualitativen und transparenten Angeboten mit einem klaren Rahmenwerk in einem sicheren Umfeld persönliche Informationen und Daten für personalisierte Angebote weiterzugeben.

 

SEMINARTIPPS

Digitale Authentifizierung im Konten- & Zahlungsverkehr gemäß PSD II, 29.09.2020, Frankfurt/M.

Cloud-Dienstleistungen: Anforderungen, Implementierung & Überwachung, 30.09.2020, Frankfurt/M.

Praxisprobleme in Kontoführung & Zahlungsverkehr, 29.10.2020, Würzburg.

13. Hamburger Bankenaufsicht-Tage, 04.–05.11.2020, Hamburg.


Eine Spenden-App schafft neue Möglichkeiten 

 

Der Bereich der Mobilen Spendens ist zum großen Teil unerforscht, während es bereits erste technische Entwicklungen in diesem Bereich gibt. Die Duisburger Salvatorkirche hat ihren Klingelbeutel digitalisiert, heißt sie haben in den Klingelbeutel eine technische Lösung integriert, die es ermöglicht mit der Bank- oder Kreditkarte und mit dem Smartphone kontaktlos zu spenden. Während die Liebe der Deutschen zum Bargeld als einer der Gründe für die Nichtnutzung von Mobile Payments gilt, nutzen andere Länder bereits die Möglichkeiten der Digitalisierung und entwickeln digitale Spendenmöglichkeiten. So gibt es in England bereits die Möglichkeit per App an Obdachlose zu spenden oder kontaktlos an Straßenmusiker einen kleinen Geldbetrag zu entrichten. Möglichkeiten zum Mobilen Spenden wie das Automatische Spenden an der Kasse im Supermarkt oder das Spenden über eine neu entwickelte Spenden-App werden die Eintrittshürde in den Spendenmarkt senken und Menschen werden zu einem früheren Zeitpunkt bereit sein zu spenden. Die Möglichkeit zur Entwicklung und breiten Anwendung von Spenden-Apps ist gegeben. Die Voraussetzungen, welche hierfür erfüllt sein müssen, sind neben der breiten Akzeptanz und Nutzung von Mobile Payments, die Übernahme von Verantwortung durch bekannte und namhafte Institutionen in der Wirtschaft. Sie müssen als vertrauenswürdige Partner fungieren und das Angebot und die Verbreitung des Mobilen Spendens in der Gesellschaft unterstützen. Eine Spenden-App muss zudem einen einfachen und schnellen Ablauf sicherstellen und Transparenz über die Verwendung und die anteilige Nutzung der Spende schaffen. Für den Erfolg einer Spenden-App ist es zudem entscheidend, die psychologischen Spendenmotive der Spendengeber in die technische Entwicklung mit einfließen zu lassen. 

 


 

PRAXISTIPPS

  • Bildung von Kooperationen zwischen namhaften Institutionen und lokalen und regionalen Hilfsorganisationen durch bspw. Corporate Social Responsibility Programme.
  • Schaffung von Transparenz über den Spendenzweck, die Spendenhistorie sowie ggf. Spendenverwendung in der Spenden-App. 
  • Starker Einbezug der Seite der Spendenempfänger in die Entwicklung einer Spenden-App in Form von Interviews, Befragungen zur Entwicklung einer gemeinsamen „Customer-Journey“. 

Beitragsnummer: 8908

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