Freitag, 31. August 2018

Die Prüfung von Kundenverbünden

Prüfung von Gruppen verbundener Kunden und Kreditnehmereinheiten

Diplom-Kaufmann Andreas Gertz, Abt. Kreditrevision der Sparkasse Essen

Rechtliche Normen und Relevanz der Kundenverbünde

Die Kreditnehmereinheit („KNE“) ist in § 19 Abs. 2 KWG geregelt und hat lediglich Relevanz für das Millionenkreditmeldewesen nach § 14 KWG. Demnach besteht eine Meldepflicht, wenn die Summe der anzuzeigenden Beträge einer Kreditnehmereinheit im Laufe eines Quartals mindestens eine Mio. € betrug.

Grundlage der Gruppe verbundener Kunden („GvK“) ist Art. 4 Abs. 1 Nr. 39 der CRR. Die GvK hat zunächst Relevanz für das Großkreditmeldewesen nach Art. 387 ff. CRR. Eine Meldepflicht besteht, wenn die Risikoaktiva einer Gruppe verbundener Kunden zehn Prozent der anrechenbaren Eigenmittel des Kreditinstituts überschreiten (Art. 392 ff. CRR).

SEMINARTIPPS

Prüfung und Beurteilung der Risikotragfähigkeits-Prozesse (RTF), 26.11.2018, Frankfurt/M.

§ 44er Sonderprüfungen im Meldewesen, 03.12.2018, Frankfurt/M.

Neues einheitliches Schema der Aufsicht zur Prüfung der Institute, 04.12.2018,Frankfurt/M.

Aktuelle Offenlegung von Finanz- & Risikodaten, 06.12.2018, Frankfurt/M.

Prüfung neue Forbearance-Prozesse & Engagement-Maßnahmen, 08.04.2019, Frankfurt/M.

Darüber hinaus ist die GvK-Bemessungsgrundlage für alle kreditwirtschaftlichen Sachverhalte, wie z. B. Beschlussfassung, Offenlegung, Kreditüberwachung, -kontrolle und -revision. Sie ist schließlich Basis der Organkreditbestimmungen gem. § 15 KWG.

Die zum 30.09.2018 in Kraft tretenden Meldevorschriften zu „AnaCredit“ stellen bei den Attributen „direkte Muttergesellschaft“ und „oberste Muttergesellschaft“ ebenfalls auf Verbünde ab. Meldepflichtig sind alle juristischen und quasi-juristischen Personen mit einem Obligo von mindestens 25 T€ auf Einzelkreditnehmerbasis. Die direkte und die oberste Muttergesellschaft sind zu melden, wenn diese ebenfalls juristische oder quasi-juristische Personen sind. Ist eine Privatperson „direkte“ und/oder „oberste“ Muttergesellschaft, ist keine Meldung der Attribute vorzunehmen.

Prüfungsansatz

Die Prüfung von Kundenverbünden wird grundsätzlich in Form einer sog. Funktionsprüfung erfolgen. Hierbei handelt es sich um eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung, in der untersucht wird, ob die gesetzlichen Bestimmungen und die hierauf fußenden internen Organisationsrichtlinien (Arbeitsanweisungen) eingehalten werden. Zudem wird untersucht, ob das Interne Kontrollsystem funktionsfähig ist.

Häufig erfolgt die Funktionsprüfung in Form von Einzelfallprüfungen, bei der die Vollständigkeit und Richtigkeit des Kundenverbunds bei einer ausreichenden Anzahl von Kreditengagements untersucht wird. Die Auswahl der Engagements kann – je nach Prüfungsschwerpunkt – bewusst oder stichprobenhaft erfolgen.

Erfolgt z. B. eine Großkreditprüfung, wird aufgrund der tendenziell geringen Anzahl der Großkredite eines Instituts eine bewusste Auswahl von GvKs vorgenommen. Bei Millionenkreditprüfungen wird hingegen eine hinreichende Stichprobe Grundlage der Prüfungshandlungen sein.

Prüfung des Kundenverbunds

Für eine ordnungsgemäße Kreditrisikosteuerung, für die Beschlussfassung, die gesetzliche und interne Offenlegung sowie das Kredit-Meldewesen sind korrekte Kundenverbünde (Kreditnehmereinheiten und Gruppe verbundener Kunden) unverzichtbar. Sie sollten Inhalt jeder Engagementprüfung sein.

Für die Prüfung kommen hierbei verschiedene Verfahren in Frage, um die Richtigkeit und die Vollständigkeit des Kundenverbunds zu überprüfen. Die Überprüfung der Richtigkeit eines Kundenverbunds erfolgt durch den Abgleich der in den EDV-Systemen enthaltenen Kundendaten mit den in der (physischen oder elektronischen) Kreditakte enthaltenen Unterlagen (Handelsregister, Satzung oder Gesellschaftsvertrag, Protokoll der Gesellschafterversammlung, Jahresabschluss, Auskünfte). Anhand dieser Unterlagen sollte nachvollziehbar sein, wer die Kapital- und/oder Stimmrechtsmehrheit sowie die Kontrollrechte am betrachteten Kreditnehmer innehat und ob der betrachtete Kreditnehmer selbst Kapital- und/oder Stimmrechtsmehrheiten und/oder Kontrollrechte an anderen Kreditnehmern des Hauses besitzt. Bei komplexen Engagements empfiehlt sich eine graphische Darstellung der im System enthaltenen Verbünde und der Abgleich der Konzernstruktur mit den Unterlagen der Kreditakte. Mit den vorstehenden Prüfungshandlungen wurde lediglich geprüft, ob die in der Software abgebildeten Kundenverbünde (Kreditnehmereinheit, Gruppe verbundener Kunden) mit den Unterlagen der physischen oder elektronischen Kreditakte übereinstimmen. Ob die Kundenverbünde vollständig sind, d. h. alle relevanten Kreditnehmer des Instituts enthalten sind, ist über andere Prüfungshandlungen festzustellen. Beispielhaft werden hier die Alphasuche und die Analyse auf Basis der Evidenzmeldung dargelegt.

Alphasuche

Jedes Kundeninformationssystem verfügt über eine sogenannte Alphasuche. Ist z. B. die Landesbank XY Millionenkreditnehmer, kann über eine Aktivierung der Suchfunktion (z. B. Eingabe von „landesb*“ oder „landesbank“) festgestellt werden, ob die Landesbank XY über mehrere Kundensätze verfügt; möglich ist aber auch, dass Kreditnehmer mit ähnlich lautenden Bezeichnungen angezeigt werden, z. B. weil es sich um Niederlassungen oder Auslandstöchter der Landesbank handelt.

Aufgrund nachgeschalteter Untersuchungen – Abfrage des Kreditengagements und des Verbunds der jeweils ermittelten Kundensätze – kann festgestellt werden, ob der im System vorhandene Verbund korrekt abgebildet ist, d. h. der ermittelte Kundensatz ordnungsgemäß mit dem Konzernführer verknüpft ist.

Evidenzmeldung der Deutschen Bundesbank

In der vierteljährlichen Evidenzmeldung der Deutschen Bundesbank werden die Rückmeldebestände sämtlicher Millionenkreditnehmer eines Kreditinstituts angeliefert. Die Kreditinstitute erhalten für ihre Millionenkreditnehmer eine Mitteilung über die Gesamtverschuldung der Kreditnehmereinheit bei deutschen Banken. In der Evidenzmeldung ist neben der Verschuldung auch ein Konzernspiegel abfragbar, in dem sämtliche kreditnehmenden Konzernunternehmen aufgeführt sind. Dieser Konzernspiegel ist ein geeignetes Instrument, um eventuell fehlende meldewesenrelevante Verknüpfungen aufzuspüren. Die Evidenzmeldung ist primär für die Überprüfung der Kreditnehmereinheit geeignet, für eine Analyse der Gruppe verbundener Kunden im Großkreditregime kann sie lediglich Hinweise liefern.

Wird vermutet, dass ein in der Evidenzmeldung aufgeführtes Konzernunternehmen ein nicht korrekt verknüpfter Kreditnehmer des Hauses ist, kann über die vorgenannte Alphasuche festgestellt werden, ob eine Geschäftsverbindung zu dem Konzernunternehmen besteht. Über die Abfrage des Konzernverbunds kann anschließend die Vollständigkeit und Richtigkeit der Kreditnehmereinheit ermittelt werden.

Praxistipps

  • Für eine ordnungsgemäße Kreditrisikosteuerung, für die Beschlussfassung, die gesetzliche und interne Offenlegung sowie das Kredit-Meldewesen sind korrekte Kundenverbünde (Kreditnehmereinheiten und Gruppe verbundener Kunden) unverzichtbar. Sie sollten Inhalt jeder Engagementprüfung sein.
  • Für die Prüfung kommen hierbei verschiedene Verfahren in Frage, um die Richtigkeit und die Vollständigkeit des Kundenverbunds zu überprüfen.
  • Die Richtigkeit eines Verbundes kann durch Abgleich der in der Software enthaltenen Verschlüsselungen mit den Unterlagen der Kreditakte erfolgen. Die Vollständigkeit eines Kundenverbunds fordert hingegen andere Verfahren.
  • Die Überprüfung von Kundenverbünden kann systematisch anhand von Checklisten erfolgen.



Beitragsnummer: 874

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