Endphase der Umsetzung der neuen MaRisk 6.0
Andreas Richter, Bereichsleiter Innenrevision, VR Bank Enz plus eG
Bis 31.10.2018 sind neue MaRisk-Anforderungen umzusetzen. Der größte Aufwand besteht sicherlich darin, die Umsetzung der einzelnen MaRisk-Anforderungen aufzuarbeiten und zu entscheiden. Weiterer Aufwand besteht jedoch nachhaltig in der Dokumentation der Nutzung der Öffnungsklauseln und es gibt keinen besseren Zeitpunkt als aktuell, diese Nutzung effizient zu dokumentieren. Welche Effizienz kann hierbei gehoben werden? Welche Anforderung besteht überhaupt an die Dokumentation der Öffnungsklauseln?
- Es gibt keine aufsichtsrechtliche Anforderung, dass ein zentrales Verzeichnis aller genutzten Öffnungsklauseln vorgehalten wird (AT 1 Tz 5 und AT 6 Tz 2).
- Jedoch ist es erforderlich, dass in einer Arbeitsanweisung klar geregelt ist, wie die Bank eine MaRisk-Anforderung umsetzt (eine Öffnungsklausel nutzt), inwiefern sie also eine nach dem Proportionalitätsprinzip (AT 1 Tz 2 und 3) angemessene Umsetzung vorgenommen hat.
- In einer separaten Dokumentation sollte die Herleitung der Angemessenheit der Umsetzung einer MaRisk-Anforderung (Nutzung Öffnungsklausel) nachvollzogen werden können.
- Separat deshalb, weil es effizient ist, die Adressaten einer Arbeitsanweisung gezielt (nur) mit den notwendigsten Informationen zu versorgen statt zusätzlich mit der Herleitung z. B. der Risikorelevanzgrenze (BTO 1.1 Tz 4) oder der Herleitung und Begründung, weshalb die Bank kein zentrales Auslagerungsmanagement vorhält (AT 9 Tz 12) und daher keinen ausführlichen Jahresbericht erstellt sondern z. B. nur einen Überblick der Qualität der erbrachten Dienstleistungen und der Erfüllung der Überwachung in einer Ampelsystematik (AT 9 Tz 13).
- Die separate Dokumentation der Herleitung einer Öffnungsklausel hat außerdem den Vorteil, dass deren regelmäßige (z. B. jährliche) Überprüfung unabhängig von einer Aktualisierung der Arbeitsanweisung erfolgen kann. Die Arbeitsanweisung für sich bleibt für die Anwender unverändert, vorausgesetzt, die Anwendung der Öffnungsklausel bleibt unverändert.
- Die z. B. mindestens jährlich erforderliche Überprüfung der Risikorelevanzgrenze oder der Kriterien für die Risikofrüherkennung nach (BT 1.2.4 Tz 1) dürfte sich im Detail mit Datenanalysen beschäftigen. Außerdem dürften Dateianhänge mit Tabellenkalkulationen erforderlich sein, um Grundgesamtheiten und Trennschärfen zu dokumentieren. Solche Details wären in einer Arbeitsanweisung nicht zielführend.
- Die Effizienz kann noch verbessert werden, wenn in einer weiteren Dokumentation fortlaufend die Nutzung der Öffnungsklauseln explizit begründet ist. Zur Abgrenzung:
7.1. Adressat einer Arbeitsanweisung sind die Mitarbeiter, die am Prozess beteiligt sind. Hier steht die Klarheit von Zuständigkeiten, die Beschreibung von Kontrollhandlungen usw. im Vordergrund. Die Nutzung einer Öffnungsklausel ergibt sich in der Arbeitsanweisung quasi zwischen den Zeilen.
7.2. In einer weiteren Dokumentation, der Herleitung der Nutzung der einzelnen Öffnungsklausel, steht als Adressat das Risikomanagement im Vordergrund. Hier sind z. B. die (neuen) Anforderungen an die Risikokultur relevant. D.h. das Risikomanagement muss die Nutzung von Öffnungsklauseln im Quervergleich der Prozesse der Bank nachvollziehen können.
7.3. Auch wenn – wie eingangs erwähnt – von der Aufsicht kein Gesamtwerk von genutzten Öffnungsklauseln gefordert wird, ist es betriebswirtschaftlich mit einem hohen Mehrwert verbunden (Effizienz), wenn zumindest die wesentlichen Öffnungsklauseln zentral in einer Übersicht verfügbar sind. Denn banktypisch sind für die verschiedenen Prozesse unterschiedliche Fachbereiche (und Ressort-Vorstände) für die Nutzung der Öffnungsklauseln verantwortlich. Wie soll ohne Übersicht ansonsten …
=> die Angemessenheit der jeweiligen Nutzung beurteilt werden können, wenn es keine Verbindung zwischen den einzelnen Öffnungsklauseln gibt?
=> entsprechend das betriebswirtschaftliche Potential sichergestellt werden können?
=> ein näherungsweise gleichgelagerter Umgang mit inhärenten Risiken und Kontrollrisiken auf Gesamtbankebene gewährleistet werden?
SEMINARTIPPS
Prüfungsvorbereitende Dokumentation von MaRisk-Öffnungsklauseln, 08.10.2018, Berlin.
Prüfung § 18/18a KWG- & Bonitätsanalyse-Prozesse, 09.10.2018, Berlin.
Überprüfung der Wertpapier-Sachkunde durch Vor-Ort-Prüfungen von Aufsicht, Compliance & Revision, 10.10.2018, Berlin.
Methodisch ist für ein solches Gesamtwerk eine einheitliche Verwendung einer Tabelle zu empfehlen. Deren Bestandteile (Spalten) können sein:
- Textziffer der MaRisk.
- Beschreibung der Anforderung in wenigen Worten.
- Beschreibung des betriebswirtschaftlichen Potentials, gegebenenfalls mit Schätzung des Einsparpotentials in EUR.
- Auslegung der Öffnungsklausel.
- Verantwortlicher Bereich.
- Verweis, in welcher/welchen Arbeitsanweisung(en) die Umsetzung geregelt ist.
- Verweis auf die Quelle der Herleitung der Nutzung der Öffnungsklausel.
- Datum der letzten Überprüfung der Öffnungsklauseln durch den Fachbereich.
- Datum und Ergebnis der letzten Prüfung durch a) Interne Revision und b) externe Revision im zugehörigen Prozess.
- Verweis auf externe Quellen, wie z. B. Verbandsrundschreiben.
PRAXISTIPPS
- Interne Revision: Nehmen Sie die Nutzung der Öffnungsklauseln als festen Bestandteil in Ihre Prüfungsberichte auf. Tragen Sie dadurch Ihren Beitrag zur Risikokultur bei. Nehmen Sie Bezug zu Ihrer Risikobeurteilung des Prüffelds. Stellen Sie eine Verbindung zwischen der Bewertung des inhärenten Risikos des zu prüfenden Prozesses und des Umfangs der Nutzung der Öffnungsklausel her. Erzielen Sie hierdurch die Beurteilung der Angemessenheit Fach-übergreifend und damit einen Steuerungsimpuls.
- Interne Revision: Moderieren Sie zwischen den Fachbereichen die Dokumentation der Herleitung der Öffnungsklauseln. Heben Sie die Effizienz, indem die beste Lösung der Dokumentation von anderen Fachbereichen von der Grundlogik und vom Umfang her übernommen wird.
- Zuständiger Fachbereich: Kommunizieren Sie die Dokumentation der Herleitung offen mit der externen Revision und erhalten Sie hierdurch ggf. neue Impulse von externer Stelle.
Beitragsnummer: 806