Freitag, 15. Juni 2018

Haftung des Treuhandkommanditisten mit eigener Einlagenbeteiligung

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

In seinem Urt. v. 17.04.2018, Az.: II ZR 265/16 erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass er bereits entschieden hat, dass eine Treuhandkommanditistin, die (nur) als Beteiligungsverwalterin oder als Einzahlungstreuhänderin tätig wird, nicht verpflichtet ist, einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln. Sodann führt der Bundesgerichtshof aus, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft ein mit einer eigenen Kapitaleinlage beteiligter Treuhandkommanditist wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Anbahnung des Aufnahmevertrages auch gegenüber nach ihm eintretenden Direktkommanditisten haftet. Dies gilt nach Auffassung des BGH unabhängig von der Höhe der Kapitaleinlage des Altgesellschafters. Insofern haftet ein mit einer eigenen, wenn auch geringen, Kapitaleinlage (€ 100,00) beteiligter Treuhandkommanditist auch gegenüber den neu eintretenden Direktkommanditisten, mit denen er (und die anderen Gesellschafter) den Aufnahmevertrag schließt, nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne, es sei denn, es handelt sich bei dem in Anspruch genommenen Altgesellschafter um einen solchen, der nach Gründung der Gesellschaft rein kapitalistisch als Anleger der Gesellschaft beigetreten ist.


SEMINARTIPP

18. Heidelberger Bankrechts-Tage, 22.–23.10.2018, Heidelberg




Nachdem die Beklagte, anders als ein rein kapitalistischer Anleger, nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgte, sondern vielmehr als Treuhänderin in das Organisationsgefüge der Fondsgesellschaft eingebunden und für ihre Dienste eine jährliche Vergütung von der Fondsgesellschaft erhielt, wurde sie als Treuhandkommanditistin gegenüber neu eintretenden Anlegern auch für Aufklärungspflichtverletzungen eines Vermittlers haftbar gemacht, der auf der Grundlage des Emissionsprospektes den beitretenden Kapitalanleger über verschiedene im Emissionsprospekt näher bezeichnete Umstände der Kapitalanlage unrichtig aufklärt hatte. In diesem Zusammenhang erinnert der Bundesgerichtshof noch daran, dass es entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass ein Prospekt für die Anlageentscheidung des Kapitalanlegers ursächlich geworden ist. Diese Vermutung könne allerdings widerlegt werden. Hiervon sei grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsabschluss keine Verwendung gefunden hat. Allerdings finde nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Prospekt bereits dann im Zusammenhang mit der Aufklärung des Anlegers Verwendung, wenn er den Anlagevermittlern oder – Beratern – als Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche gedient hat. Sei daher der Vermittler auf der Grundlage des Emissionsprospekts geschult worden und habe daher der Emissionsprospekt für den Vermittler als alleinige Arbeitsgrundlage gedient, so sei von einer Verwendung des Prospektes auszugehen.



Beitragsnummer: 699

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