Montag, 20. April 2020

Gesetzgeberische Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen von "COVID-19"

Inhalte und Folgen wirtschaftslenkender Regelwerke zur Bekämpfung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Dr. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, u. a. Depré Rechtsanwalts AG, Mannheim. 
Die in dem folgenden Beitrag vertretene Meinung ist ausschließlich diejenige des Autors. Der Autor arbeitet, forscht und publiziert im Sanierungs- und Insolvenzrecht, im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, im Bankrecht und auf mit diesen Gebieten verwandten Feldern.

I. Einleitung

1. Pandemiefolgen und gesellschaftliche bzw. wirtschaftspolitische Gegenstrategien

Die aktuelle Pandemie durch das Corona-Virus, die nicht nur menschliche und gesellschaftliche Tragödien ohne Zahl weltweit zeitigt, sondern deren furchtbare Schneisen auch in der Wirtschaft erkennbar sind, hat im Rahmen der Eindämmungsstrategien wiederum nicht nur zu in unseren Gesellschaftssystemen beispiellosen Beschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit und der wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen geführt, sondern auch in der Folge zu tiefgreifenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Großzahl von Unternehmen. Die Frage ist dabei nicht, dass staatliche Mittel natürlich auf das Gesundheitssystem und dessen Resilienz zu fokussieren sind, soweit man hier vielleicht Vorsorgen gegen Gesundheitsrisiken durch Epidemien oder etwaige Pandemien oder durch das Überspringen der Tier-/Mensch-Grenze durch Viren übersehen hat[1].  

Regierungen (und Parlamente) suchen die Pandemie-Folgen für die Wirtschaft, die heute (April 2020) nach dem geläufigen wirtschaftswissenschaftlichen Instrumentarium allenfalls grob abschätzbar, aber nicht bestimmbar sind, durch umfangreiche Hilfen abzufedern. 

Für die Staaten der Welt mit hohem Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner stellen sich damit insbesondere auch Fragen der Solidarität mit weniger begünstigen Nachbarstaaten, insbesondere aber mit den armen Staaten der Südhalbkugel, dort mit dem Aufschub oder dem Erlass von Staatsschulden[2], der Unterstützung des Aufbaus lokaler Strukturen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und der finanziellen Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation. Innerhalb der Eurozone werden Hilfen der EU für betroffene Unternehmen und Regionen EU-weit strukturiert, auf die Frage der heftig umstrittenen Eurobonds sei hier nur am Rande hingewiesen.[3],[4] 


 


2. Binnenmaßnahmen in Deutschland und EU-rechtliche Flankierung 

In der Bundesrepublik hat der Gesetzgeber sehr schnell mit eiligen Gesetzen (s. sogleich unter II.) reagiert, um die Folgen der „social distance“ aufzufangen, Maßnahmen, die kontinuierlich durch weitere Vorhaben und administrativen Vorgaben ergänzt bzw. unterstützt werden. 

Auf der einen Seite steht dabei die finanzielle Unterstützung aus staatlichen Mitteln, sei es durch unmittelbare Geldleistungen des Staates, sei es durch Staatsgarantien, z. B. über die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder die Förderbanken der Länder[5]. Diese finanziellen Maßnahmen gleichen vorübergehende Einnahmeausfälle aufgrund der durch die Pandemie kausal verursachten Betriebsunterbrechung aus und stellen daher klassische Betriebsbeihilfen dar, die nach dem Staatsbeihilfenrecht der Union (vgl. Art. 107–109 AEUV) unzulässig sind, soweit sie nicht von der EU-Kommission genehmigt werden. Diese wiederum legt nicht nur eigene finanzielle Programme zur Bekämpfung der Pandemiekrise in Verbindung mit den Mitgliedstaaten und Organisationen der EU auf, sondern sie hat schon frühzeitig im März 2020 begonnen, beihilferechtliche Regelungen zu erlassen, um Programme der Mitgliedstaaten wie diejenigen in Deutschland zu ermöglichen. 

Eine weitere Ebene der inländischen Gesetzgebung betrifft soziale Maßnahmen im Interesse der Arbeitnehmer der von Betriebsunterbrechungen betroffenen Unternehmen wie das Kurzarbeitergeld, dessen Erhöhung während der Krise jüngst vom Bundesarbeitsminister gefordert wurde. 

Eine wieder andere gesetzgeberische Ebene betrifft die Verteilung der betrieblichen Lasten der Pandemie auf andere Wirtschaftsbeteiligte im Rahmen der (vorübergehenden) Änderung der Risikoverteilung aus schuldrechtlichen Verträgen, wenn ein an einem Vertrag Beteiligter durch die Pandemie-Risiken (vorübergehend) nicht oder nicht vollständig leisten kann. Diese Gesetzgebung betrifft beispielsweise die verzögerte Zahlung von Mieten ohne Kündigungsfolgen oder Maßnahmen zugunsten von Darlehensnehmern infolge pandemiebedingter Liquiditätskrisen.  

Im Folgenden werden einige der bislang in Deutschland erlassenen gesetzlichen Regelwerke und ergänzende unionsrechtliche Instrumente zusammengefasst und bestehende Fragen in diesem Kontext an wenigen Beispielen angesprochen. In der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis werden bestehende Problemfelder bereits in ersten namhaften Publikationen beleuchtet. 


3. Erfahrungen mit historischen Pandemien und Folgerungen

Mit dem Umgang mit Pandemien jedenfalls dieses Umfangs und ihren kurz-, mittel- und langfristigen Folgen in der Wirtschaft bestehen seit den letzten nahezu 100 Jahren keine Erfahrungen. Mit Kriegskatastrophen sind sie nur bedingt zu vergleichen, wenn auch nicht verkannt werden darf, dass Kriegswirren nicht selten Epidemien im Gefolge haben. Eines der oft herangezogenen Beispiele einer mit „Corona“ vergleichbaren Pandemie ist die Erfahrung mit der sog. „spanischen Grippe“ von vor gut 100 Jahren in der Schlussphase des 1. Weltkriegs und danach, wenn auch die Weltwirtschaft damals und die Lage heute nicht wirklich miteinander vergleichbar sind.  [...]
Beitragsnummer: 6753

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