Montag, 20. April 2020

Bankenaufsichtliche Erleichterungen für Banksteuerung und Meldewesen

Reaktionen der nationalen Aufsichtsbehörden auf die Corona-Pandemie.

Michael Hopp, Referent Bilanzierung-Regulatorik, Finanzen, Volksbank Mittelhessen eG

 

Hintergrund

 

Die Konsequenzen der Coronavirus-Pandemie auf die deutsche Wirtschaft manifestieren sich aktuell in vielen Bereichen unserer Lebenswirklichkeit. Seitens der Bundesregierung und der Länder wurden umfangreiche Beschränkungen des wirtschaftlichen Lebens beschlossen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass das Ende dieser Einschränkungen unbekannt ist und die kommenden Entwicklungen einer hohen Dynamik unterworfen sind. Ferner kann noch nicht hinreichend genau prognostiziert werden, inwieweit die beschlossenen Hilfsmaßnahmen (u. a. KfW-Hilfskredite: https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/Aktuelles/KfW-Corona-Hilfe-Unternehmen.html) greifen werden. Die daraus resultierende Unsicherheit hat erhebliche Auswirkungen auf Solidität und Verlässlichkeit der Kapitalplanung und der Risikotragfähigkeit der Kreditinstitute.

 

Gewährte Erleichterungen seitens der nationalen Aufsichtsbehörden

 

Die deutsche Aufsicht (BaFin, Deutsche Bundesbank) nimmt die Risikolage sehr ernst, so hat beispielsweise die BaFin eine interne Corona-Taskforce implementiert.

 

In Zusammenarbeit mit den europäischen Aufsichtsbehörden hat die BaFin zudem mit einer Vielzahl von Einlassungen auf die Corona-Pandemie reagiert, um den Instituten operationelle Entlastungen und somit ein wenig mehr Luft zum Atmen zu verschaffen. Im Folgenden seien die wesentlichen Erleichterungen der Aufsicht genannt:

 

  • Basel III: Die Verschiebung der Umsetzung von Basel III final Standards um ein Jahr (vom 01.01.2022 auf den 01.01.2023), u. a. Kreditrisikostandardansatz (KSA) und CVA Anforderungen (Quelle: https://www.bis.org/press/p200327.htm)
  • Kapital: Es besteht die Möglichkeit der übergangsweisen Unterschreitung der Eigenmittelzielkennziffer (EMZK) und des Kapitalerhaltungspuffers (Quelle: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2020_Corona/meldung_2020_03_12_corona_virus2.html). Ferner wurde der antizyklische Kapitalpuffer in Deutschland per 01.04.2020 von 0,25 auf 0 % gesenkt und wird bis mindestens Anfang 2022 auf diesem Niveau verbleiben.
  • Liquidität: Es besteht zudem die Möglichkeit der temporären Unterschreitung der aufsichtlich geforderten 100 % für die LCR. Gleichwohl ist die Unterschreitung der LCR-Mindestanforderung gegenüber der Aufsicht anzuzeigen. Auch aus Sicht der EZB sind wesentliche Unterschreitungen der Mindestanforderung von 100 % zulässig. Ferner ist in diesem Zusammenhang das Aussetzen des Ausschließlichkeitskriteriums bei Spezialfonds zu nennen.
  • Forbearance: Für den Fall, dass bei einem Kredit Kapitaldienst und Zinsen gestundet werden, besteht kein zwingender Ausfall dieses Schuldners. 
  • Stresstests: Hier sind sowohl die Verschiebung bankaufsichtlicher Sonderprüfungen gem. § 44 KWG, die Verschiebung des EU-weiten Stresstests (SI´s) auf 2021, als auch die Verschiebung des LSI Stresstests 2021 auf einen noch zu definierenden Zeitraum zu nennen. Ferner wurde die Anzahl weiterer Informationsanfragen minimiert.
  • MaRisk/Handelsbuch: Auch die Anforderungen der MaRisk im Handelsbereich wurden vorübergehend und krisenbedingt für eine Homeoffice-Regelung gelockert. Zum einen ist dies aus Sicht der BaFin durch den Wortlaut der MaRisk gedeckt, zum anderen auch bankaufsichtlich vertretbar und sogar – als Teil eines Notfallkonzeptes im Sinne der MaRisk in Krisensituationen – erforderlich.
  • MaRisk/Markt und Marktfolge: Hinzu kommen diverse Erleichterungen im Rahmen der Votierung bei krisenbedingten Kreditentscheidungen und einer Votierung der Marktfolge.
  • Groß- und Millionenkredite/Meldungen: Die nationalen Aufsichtsbehörden haben verlauten lassen, dass die Nichteinhaltung der Einreichungstermine für das Millionenkreditmeldewesen bankaufsichtlich nicht beanstandet werden wird. In der Folge bedeutet dies zunächst, dass die in der GroMiKV festgelegten Einreichungstermine grundsätzlich bestehen bleiben. Dennoch können in Anbetracht der derzeitigen Krisensituation abweichende Einreichungstermine bilateral mit der Bundesbank abgestimmt werden.

 

SEMINARTIPPS

Gesamtbanksteuerung: Neue Anforderungen, Prüffelder & Feststellungen, 16.06.2020, Frankfurt/M.

Meldewesen Kompakt 2020: Vorgaben, Herausforderungen & Umsetzungstipps, 17.06.2020, Frankfurt/M.

Verzahnung von Daten aus Risikocontrolling, Rechnungs- und Meldewesen, 18.06.2020, Frankfurt/M.

Auf-/Ausbau Meldewesen-IKS – Erfahrungen aus Aufsicht und Bankpraxis, 29.10.2020, Frankfurt/Offenbach.

 

Fazit und Ausblick

 

Ausgelöst durch die weltweite Corona-Pandemie durchleben wir eine schwere Wirtschaftskrise, deren Ausmaß und Dauer derzeit nicht seriös zu prognostizieren sind. Nicht nur die Regierungen haben innerhalb weniger Tage Milliarden mobilisiert, um die Realwirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren. Auch die nationalen Aufsichtsbehörden haben in dieser ernsten Lage temporäre Entlastungen zugestanden und den hiesigen Kreditinstituten eine Reihe von administrativen Erleichterungen gewährt.

 

Die Corona-Krise könnte gar noch einschneidendere Auswirkungen auf die Bankenregulierung haben: Die Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion („GD Fisma“) der EU-Kommission plant, den letzten Teil der Basel-III-Reform (genannt „Basel IV“) auf den Prüfstand zu stellen. Dabei geht es um die Einschränkung der internen Modelle, mit denen Banken die Bonität vieler mittelständischer Unternehmen bewerten (sog. Output-Floor). Der entsprechende Gesetzesentwurf, der im Sommer 2020 vorgelegt werden sollte, wird verschoben. Darüber hinaus sind weitere Erleichterungen geplant: Gemäß einem Fisma-Arbeitspapier soll Software als Vermögensbestandteil gewertet und dem Eigenkapital zugerechnet werden. Damit könnte bei den Banken zusätzliches Kapital für die Kreditvergabe frei werden.



 

PRAXISTIPPS

  • Befassen Sie sich im Detail mit den Erleichterungen seitens der Aufsichtsbehörden. Da ist das Ende der Fahnenstange möglicherweise noch nicht erreicht.
  • Nutzen Sie dabei die umfangreichen Unterstützungsleistungen des Verbundes. Diese werden laufend aktualisiert.
  • Passen Sie ggf. Ihre Kapitalplanung an.
  • Simulieren Sie die Auswirkungen von Corona auf Ihre ökonomische RTF.
  • Prüfen Sie Ihr Kunden-/Eigengeschäftsportfolio sowie Ihre Parameter.
  • Berücksichtigen Sie die Corona-Pandemie in ihren Stresstests (beispielsweise im SKA).

Beitragsnummer: 6489

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