Mittwoch, 1. April 2020

Geldwäschegesetz: Das ist neu für den freien Finanzvertrieb

Dr. Martin Andreas Duncker, Rechtsanwalt, Zertifizierter Compliance-Officer (IHK & TÜV), Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Schlatter Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, Heidelberg
 

 

Mit Beginn des Jahres 2020 sind neue Regelungen im Geldwäschegesetz in Kraft getreten. Die neuen Regelungen haben auch den freien Finanzvertrieb im Visier. Erstmals sind nun auch Finanzanlagenvermittler (§ 34f GewO) und Honorar-Finanzanlagenberater (§ 34h GewO) nach dem GWG selbst Verpflichtete. Das ist jedenfalls der Grundsatz. Er bedeutet, dass Gewerbetreibende nach 34f und 3h GewO grundsätzlich das Geldwäschegesetz von vorne bis hinten beachten müssen. Dazu zählen auch die Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Kunden (§§ 10-17 GWG), dort insbesondere die eigene Identifizierungspflicht (§ 11 GWG), die Benennung eines Geldwäschebeauftragten oder die Durchführung einer „Gefährdungsanalyse“.

 

BUCHTIPPS

Risikoorientierte Geldwäschebekämpfung, 3. Aufl. 2018.

von Drathen (Hrsg.): Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden: Risikoorientierte Prävention von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen strafbaren Handlungen, 4. Aufl. 2020.

 

Das ist systematisch eine deutliche Verschärfung gegenüber der Zeit vor dem 01.01.2020: Wenn ein Vermittler in der Vergangenheit Geldwäschepflichten erfüllt hat, etwa durch die GwG-Identifikation der Anleger anhand des Personalausweises im Falle einer Zeichnung, war er dabei als verlängerter Arm des Emissionshauses tätig. Er war nach der Systematik des GwG ein „zuverlässige Dritter“ (§ 27 GwG). Die Vermittler waren bis zum 01.01.2020 also nicht selbst nach dem GWG Verpflichtete, sondern – wenn man so will – nur qualifizierte Hilfsperson des GwG-verpflichteten Emittenten. Seit dem 01.01.2020 sind die Vermittler nun selbst GwG-Verpflichtete. 

 

Keine Regel ohne Ausnahme

 

Von diesem Grundsatz gibt er aber eine für die Praxis entscheidende gesetzliche Ausnahme. Sie befindet sich in § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG. Diese Ausnahme besagt, dass Vermittler und Berater dann nicht GwG-Verpflichtete sind, wenn sie ausschließlich (!) Anlagen vermitteln oder empfehlen, die „von Verpflichteten nach diesem Gesetz vertrieben oder emittiert werden“. Der Hintergrund ist: Der Gesetzgeber wollte eine geldwäscherechtliche Doppelverpflichtung von Anbietern und Vermittlern eines Produktes vermeiden. Es stehe – so die Gesetzesbegründung – Finanzanlagenvermittlern und Honorar-Finanzanlagenberatern daher frei, ihre Tätigkeit auf Anlagen zu beschränken, die von GWG-Verpflichteten vertrieben oder emittiert werden. Beschränken sich die Gewerbetreibenden entsprechend, entstehen auch keine weitergehenden Pflichten. Wer also befürchtet hat, als freier Vermittler in einer kleinen Einheit ab dem 01.01.2020 die ganze Last des GwG schultern zu müssen, kann aufatmen, wenn er ausschließlich Finanzanlagen vermittelt, die von GWG-Verpflichteten vertrieben 

oder emittiert werden.

 

SEMINARTIPPS

(Neue) BaFin-AuAs zum Geldwäschegesetz, 04.–05.11.2020, Frankfurt/M.

Knackpunkte der Geldwäschebekämpfung, 03.–04.12.2020, Frankfurt/M.

 

Wann aber ist der Vertrieb oder der Emittent selbst nach dem GWG Verpflichteter? 

 

Klar ist die Lage, wenn das Emissionshaus seinen Sitz in Deutschland hat. Dann ist der Emittent selbst GwG-Verpflichteter. Verpflichtete nach den Geldwäschegesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 GWG) sind u. a. auch Finanzunternehmen sowie im Inland gelegene Zweigstellen und Zweigniederlassungen von Finanzunternehmen mit Sitz im Ausland. Auch wenn das Finanzunternehmen mit Sitz im Ausland z. B. keine echte Zweigniederlassung, sondern nur ein Vertriebsbüro in Deutschland hat, besteht keine eigene GwG-Pflicht des Vermittlers. Schließlich wird in der Bereichsausnahme des § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG auch ausdrücklich der Vertrieb erwähnt („die von Verpflichteten nach diesem Gesetz vertrieben oder emittiert werden“). 

 

Spannend bleibt die Frage, warum diese Bereichsausnahme gerade auf „Verpflichtete nach diesem Gesetz“, also nach dem deutschen Geldwäschegesetz abstellt. Mit dieser GwG-Änderung wurde die 4. EU-Geldwäscherichtlinie umgesetzt. Regelungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind in der EU voll harmonisiert. Warum es da nicht ausreichen soll, wenn ein Emissionshaus zwar nicht nach dem deutschen, aber z. B. nach dem französischen oder belgischen Geldwäschegesetz verpflichtet ist, mag nicht so recht einleuchten.



 

PRAXISTIPPS

  • Eine gesicherte Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis dazu gibt es aufgrund der erst „jungen Regelungen“ bislang nicht. Noch sind Detailfragen offen. Dennoch: 34f-Vermittler und 34h-Berater tun gut daran zu prüfen, ob das Produkt, das sie neu in den Vertrieb aufnehmen wollen, von einem Vertrieb oder einem Emittenten stammt, der nach dem deutschen GWG verpflichtet ist. In Zweifelsfällen sollten sich die Vermittler und Berater vom jeweiligen Produktanbieter oder Vertrieb schriftlich bestätigen lassen, dass diese selbst nach dem deutschen GWG verpflichtet sind. Ist dies nicht der Fall, besteht Infektionsgefahr: Wenn sich die Vermittlungstätigkeit auch nur auf ein einziges Produkt bezieht, das nicht von einem nach dem GwG verpflichteten Anbieter stammt, trifft in seiner gesamten die Strenge des GwG. 
  • Schließt auch der Bezug einer Finanzanlage über eine innerdeutsche Fondsplattform die eigene GwG-Pflicht aus? Diese Frage hat das BMF mittlerweile beantwortet: Wenn die Fondsplattform aufgrund einer Erlaubnis nach § 32 KWG tätig sei, unterliege sie – so das BMF – regelmäßig als Finanzdienstleistungsinstitut selbst geldwäscherechtlichen Pflichten. Dies ist soweit ersichtlich für alle großen deutschen Fondsplattformen der Fall. Damit dürfte in diesen Fällen eine eigene GwG-Pflicht des Vermittlers zu verneinen sein. 

Beitragsnummer: 6458

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