Dr. Marc Nathmann, Legal Counsel, Retail Banking, ING-DiBa AG[1].
I. Einleitung
Im Zuge der Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie[2] am 12.12.2019[3] hat der deutsche Gesetzgeber mit § 1a Satz 2 Nr. 6 KWG einen neuen Erlaubnistatbestand für das Verwahren sog. Kryptowährungen geschaffen. Dieser Erlaubnistatbestand, soll Regulierungslücken bei Kryptowerten schließen. Deutschland hat die Umsetzung geldwäscherechtlicher Pflichten genutzt, um auch zugleich eine Erlaubnispflicht für die Verwahrung von Kryptowerten zu schaffen. In der Konsequenz müssen einige Geschäftsmodelle im Feld der Kryptowerte, insbesondere Kryptowährungen, prüfen, ob nunmehr eine (weitere) Erlaubnis erforderlich ist. Ersten Meldungen zufolge will mit der US-Kryptobörse Coinbase bereits das erste Unternehmen eine Erlaubnis gem. §§ 32, 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG bei der BaFin beantragen[4].
Nachdem um Kryptowährungen im Allgemeinen eine lebhafte rechtliche Debatte in Gang gekommen ist und auch der neue Erlaubnistatbestand in der Rechtsliteratur, wenn auch zaghaft, andiskutiert worden ist, hat nun die BaFin mit ihrem Merkblatt Hinweise zum Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts[5] und ihre Interpretation des Tatbestands namentlich für Erlaubnisverfahren klargestellt. Bereits am 17.01.2020 hatte die BaFin ihre Verwaltungspraxis zu den Übergangsvorschriften in § 64y KWG konkretisiert[6].
Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, den Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts einzuordnen, die Übergangsvorschriften darzustellen und die Abgrenzug zu anderen Erlaubnistatbeständen zu erläutern.
II. Neue Tatbestände: Kryptowerte und Kryptoverwahrgeschäft
1. Definition von Kryptowerten
Mit der Einführung von § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG hat der deutsche Gesetzgeber eine dringend notwendige Definition geliefert. Seit dem Beginn der (juristischen) Diskussion um Kryptowerte bestand das Problem unterschiedlicher und teilweise schwierig abzugrenzender Begrifflichkeiten. Einer der Gründe der terminologischen Vielfalt liegt sicher darin, dass ursprünglich technische Termini übernommen worden sind. Nunmehr existiert mit dem Begriff Kryptowert ein Oberbegriff, der alle wesentlichen bekannten virtuellen Werte zwischen virtuellen Währungen und anderen Token abbilden kann. Kryptowerte sind gem. § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Die Qualifikation von Kryptowerten als Finanzinstrumente stellt sicher, dass neben und über die Verwahrung hinaus weitere Tätigkeiten namentlich im Zusammenhang mit dem Handel erlaubnispflichtig sind.
2. Kryptoverwahrung
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Beitragsnummer: 6441