Donnerstag, 5. März 2020

Konsequenzen des neuen ICAAP- & RTF-Leitfadens für die Kapitalplanung

Dr. Daniel Baumgarten, Teamleiter, Risikotragfähigkeit & Kapital, Sparkasse KölnBonn

 

Am 24. Mai 2018 wurde ein überarbeitetes aufsichtliches Leitlinienpapier zur Risikotragfähigkeit durch die BaFin und die Deutsche Bundesbank veröffentlicht. Die bisher in Deutschland eingesetzten Fortführungs- ("Going Concern") und Liquidationsansätze ("Gone Concern") sollen durch die überarbeiteten Leitlinien perspektivisch aufgegeben und durch eine normative Perspektive als erweiterte Kapitalplanung und eine ökonomische Perspektive als von regulatorischen Kapitalvorgaben losgelöste RTF-Betrachtung ersetzt werden.

 

Die normative Perspektive stellt eine deutliche Aufwertung des etablierten Kapitalplanungsprozesses und dessen Verknüpfung mit dem ICAAP dar. Mittels der normativen Perspektive ist – unter der Zielsetzung einer Fortführung der Geschäftstätigkeit – die Fähigkeit eines Instituts zur Einhaltung der regulatorischen Mindestkapitalanforderungen sowie relevanter Kapitalpufferanforderungen und ggf. interner Managementpuffer für einen mindestens dreijährigen Zeitraum nachzuweisen. Die Kapitalplanung stellt als Verknüpfung der Strategie mit der Unternehmensplanung einen wichtigen Baustein in der Sicherstellung der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und der Geschäftsstrategie dar.

 

Vorgaben der normativen Perspektive/Kapitalplanung

 

Neben der Darstellung des Planszenarios ist möglichen negativen Abweichungen vom geplanten zukünftigen Geschäftsverlauf im Rahmen mindestens eines adversen Szenarios Rechnung zu tragen.

 

Auf den ersten Blick scheinen diese Vorgaben keine wesentliche Neuerung darzustellen. Die MaRisk formulierten bereits zuvor in AT 4.1 Tz. 11 die Vorgabe, dass jedes Institut über einen Prozess zur Planung des zukünftigen Kapitalbedarfs verfügen muss, der einen angemessen langen, mehrjährigen Zeitraum umfasst und sowohl geplante Veränderung der eigenen Geschäftstätigkeit und des wirtschaftlichen Umfelds berücksichtigt als auch adversen Entwicklungen angemessen Rechnung trägt. 

 

SEMINARTIPPS

Übergang Going Concern-Ansatz auf neue normative RTF-Perspektive, 31.03.2020, Frankfurt/M.

10. Kölner Risikomanagement-Tagung 2020, 25.–26.05.2020, Köln.

Bewertung der Kapitalplanung im SREP: neue Anforderungen & Fallstricke, 15.06.2020, Frankfurt/M.

Gesamtbanksteuerung: Neue Anforderungen, Prüffelder & Feststellungen, 16.06.2020, Frankfurt/M.

 

Eine Erweiterung der Vorgaben ergibt sich zum einen jedoch aus einer stärkeren Verbindung der Kapitalplanung mit dem internen Prozess zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit (ICAAP). Darüber hinaus ergeben sich insbesondere höhere Anforderungen an die Kapitalplanung aus dem geforderten "Zusammenspiel" der beiden neuen Perspektiven bei der Entwicklung der adversen Szenarien.

 

Ausgangspunkte für die Ableitung konsistenter adverser Szenarien

 

Der Grundgedanke der Verbindung ökonomischer Risiken mit der normativen Perspektive liegt immer in der Überlegung, inwieweit sich bei von der Planung abweichenden Entwicklungen ökonomisch aufgedeckte Risiken in der Rechnungslegung und in regulatorischen Größen niederschlagen können. Konkret sind mögliche Auswirkungen auf

  • geplante Ergebniskomponenten (Zins- und Provisionsüberschuss),
  • Kosten,
  • Bewertungsergebnisse,
  • risikogewichtete Aktiva und
  • individuelle Kapitalanforderungen (SREP-Zuschlag)

zu beleuchten und adäquat überzuleiten.

 

Für die Ableitung eines adversen Szenarios bieten sich als Ausgangspunkt der Überlegungen verschiedene Quellen an:

  • Vorgaben der Deutschen Bundesbank/BaFin, EBA oder EZB, wie beispielsweise Elemente der Niedrigzinsumfrage (NZU) bzw. des LSI-Stresstests, 
  • Bestehende Stresstestszenarien der Risikotragfähigkeitsanalyse nach AT 4.3.3 MaRisk,
  • Falls zutreffend: Belastungsszenarien der Sanierungsplanung nach SAG bzw. MaSan sowie
  • Ereignisse/Entwicklungen der institutseigenen Historie oder intern entwickelte Szenariobetrachtungen relevanter Bedrohungspotenziale.

 

PRAXISTIPPS

  • Führen Sie eine zeitnahe intensive Auseinandersetzung mit den überarbeiteten Vorgaben zur Kapitalplanung inkl. Testrechnungen und Auswirkungsanalysen durch.
  • Überprüfen Sie übergreifend die (risiko-)strategischen Ziele.
  • Nutzen Sie Szenarien bei der Kapitalbedarfsplanung, der Festlegung strategischer Ziele und der Gestaltung operativer Instrumente der Risikosteuerung.

Beitragsnummer: 6207

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Einfluss der ICAAP-Umstellung auf den SREP-Zuschlag

Steigende regulatorische Vorgaben für das Eigenkapital erfordern eine Analyse von Engpassfaktoren. Der SREP-Bucket für weitere Risiken wird wichtiger.

21.11.2023

Beitragsicon
Digitalisierung der Regulatorik

Die Digitalisierung hat die Regulatorik verändert und dazu beigetragen, dass Behörden und Unternehmen effektiver agieren auf Veränderungen reagieren können.

12.01.2023

Beitragsicon
BCBS 561 – Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Zinsschockszenarien

Der 300 BP-Zinsschock der letzten zwei Jahre hat Folgen für die Behandlung von Zinsrisiken. Der neue BCBS 561 regelt die Berechnung von Zinsschock-Szenarien.

13.02.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.