Dienstag, 3. März 2020

Provision für Immobiliardarlehensvermittler – Pflichtangabe?

Peter Freckmann, Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt, Bereich Recht & Compliance, Bausparkasse Schwäbisch Hall AG

 

Immobilienfinanzierer haben mittlerweile eine Reihe von Vertriebswegen geschaffen, um auf allen Wegen zum Kunden präsent zu sein. Die Bandbreite reicht von der klassischen Beratung in der Bank bis zur Hereinnahme von über Plattformen von Maklern vermittelten Krediten. Daher stellt sich immer wieder die Frage, welche Inhalte in diesem Zusammenhang im Kreditvertrag und/oder den vorvertraglichen Pflichtdokumenten hierzu enthalten sein müssen. Dies vor allem deshalb, weil das Fehlen von Pflichtangaben im Kreditvertrag dem Verbraucher möglicherweise noch zu einem (unverhofften) Widerrufsrecht verhilft oder der Verbraucher Schadenersatzansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten erheben könnte. 

 

Dabei ist zu beachten, dass der praktische Regelfall nicht darin besteht, dass der Verbraucher den Makler bezahlt, sondern dass der Makler als Darlehensvermittler die Vergütung von einem Dritten (vgl. Art. 247 § 13 Abs. 2, Satz 2 EGBGB) erhält, dem Kreditgeber. Der ist es auch, der regelmäßig auf den einschlägigen Plattformen sein Produkt zur Vermittlung einstellt. 

 

Darlehensvermittlerprovision keine Pflichtangabe im Kreditvertrag

Mit der hier aufgeworfenen Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 9. Juli 2019, Az. XI ZR 53/18, zu befassen. Fraglich war, ob zu den im Darlehensvertrag anzugebenden Kosten auch ein vom Darlehensgeber übernommenes Entgelt für einen zwischengeschalteten Darlehensvermittler gehöre. Der Kreditnehmer einer Immobilienfinanzierung aus dem Jahre 2011 hatte geltend gemacht, die in den Sollzins eingerechnete und von ihm nicht gesondert zu entrichtende Provision sei eine Pflichtangabe im Kreditvertrag, deren Fehlen ihm zu einem Widerrufsrecht verhelfe. Aus dem europäischen Recht (Richtlinie 2008/48/EG) ergibt sich nicht, dass in den Sollzinssatz einkalkulierte Kosten im Darlehensvertrag gesondert anzugeben wären. Damit sei auch eine von dem Darlehensgeber an einen Vermittler gezahlte Provision, die in den Sollzinssatz eingeflossen und somit (nur) mittelbar vom Darlehensnehmer zu tragen ist, im Darlehensvertrag gesondert auszuweisen (BGH, a.a.O. RN 4). Der Sinn und Zweck der hier vorgesehenen Information bestehe nach Auffassung des BGH darin, dem Darlehensnehmer einen Überblick über die sonstigen Kosten eines Darlehensvertrags zu verschaffen (BGH, a.a.O., RN 15). Ferner ergibt das Zusammenspiel der aus Art. 247 § 13 EGBGB folgenden Pflichten, dass im Fall einer vom Darlehensgeber gezahlten und nicht gesondert auf den Darlehensnehmer umgelegten Provision gegenüber dem Verbraucher allein der Vermittler für die notwendige Transparenz hinsichtlich dieser Provision zu sorgen hat (BGH, a.a.O., RN 16f.).

 

BUCHTIPP

Münscher/Grziwotz/Krepold/Freckmann (Hrsg.): Praktikerhandbuch Baufinanzierung 4. Auflage, 2017.

 

Darlehensvermittlerprovision in der aktuellen Gesetzesumsetzung

Auch nach der Umsetzung der Wohnimmobilienrichtlinie per 21.3.2016 ist diese Form der Verprovisionierung eines Immobiliardarlehensvermittlers nicht gesondert im Kreditvertrag auszuweisen. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs können auf die aktuell geltende Rechtslage übertragen werden. Wird der Darlehensvermittlungsvertrag im Sinne des § 655a BGB wie eingangs beschrieben ausschließlich mit einem Dritten (dem Darlehensgeber) abgeschlossen, so hat der Darlehensvermittler gemäß Art. 247 § 13 Abs. 2, Satz 2; Abs. 2, Satz 1, Nr. 2 und 3 EGBGB den Verbraucher rechtzeitig vor Abschluss eines vermittelten Darlehensvertrags auf einem dauerhaften Datenträger über die Einzelheiten zu unterrichten. Zu informieren ist über die Tatsache, ob der Darlehensvermittler für die Vermittlung von einem Dritten ein Entgelt oder sonstige Anreize erhält sowie gegebenenfalls die Höhe, sowie über den Umfang seiner Befugnisse. Dies bedeutet insbesondere eine Information, ob der Darlehensvermittler ausschließlich für einen oder mehrere bestimmte Darlehensgeber oder unabhängig tätig wird. Die Provision gehört hier zur Kalkulationsgrundlage des angebotenen Sollzinssatzes, so dass der Kreditnehmer insoweit die Provision mittelbar zahlt. Da der Kreditgeber den Darlehensvermittler als Pflichtangabe im Kreditvertrag nennen muss und der Darlehensvermittler die o. a. Angaben insbesondere zur Provision geben muss, hat der Kreditnehmer auf diese Weise eine vollständige Information über die Vergütungsstruktur. Dass sich dies kalkulatorisch auf sein Kreditprodukt auswirkt, ist selbstredend.

 

SEMINARTIPPS

VerbraucherKreditRecht 2020, 20.04.2020, Würzburg.

Aktuelle Praxisfragen WKR: Neue EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe!, 21.04.2020, Würzburg.

Kreditvermittlung: Vertriebschancen & (Haftungs-) Risiken, 15.06.2020, Frankfurt/Offenbach.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.

 

Zu berücksichtigen ist jedoch darüber hinaus, dass das gesetzliche Muster des ESIS-Merkblatts gem. Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB, § 491a Abs. 1 BGB im Abschnitt über den Vermittler die Angabe der “Vergütung” erfordert. Dies bedeutet, dass  es eine Verpflichtung des Darlehensgebers ist, im Rahmen des ESIS-Merkblatts die Vergütung des Vermittlers darzustellen. Das ist die Vergütung, die im Darlehensvemittlerrecht als Vergütung von einem Dritten bezeichnet ist. Daneben muss der Immobiliardarlehensvermittler selbst aus Art. 247 §§ 13, 13b EGBGB den Verbraucher über die Vergütung informieren, insbesondere diejenige, die der Vermittler von einem Dritten (vgl. Art. 247 § 13 Abs. 2, Satz 2 EGBGB) erhält.

 

Umsetzung der Provisionsoffenlegung im ESIS-Merkblatt

Die gesetzliche Vorgabe enthält keinerlei Einschränkungen, so dass es empfehlenswert ist, das gesamte Vergütungssystem in seiner konkreten Auswirkung auf das konkrete Immobiliar-Verbraucherdarlehen darzustellen. Dies umfasst die am einfachsten in EUR-Beträgen ausgewiesene Abschluss- oder Vermittlungsprovision, die Darstellung einer evtl. Folgeprovisionen bei Prolongation und denkbarer weiterer Provisonserhöhungen oder auch Sachbezüge. Der Sinn und Zweck dieser Provisionsoffenlegung besteht darin, dem Verbraucher zu verdeutlichen, welchen Interessenskonflikt der Immobiliardarlehensvermittler bei seiner Tätigkeit hat (Interessenkonfliktsoffenlegung). Als Kreditgeber sollte man sich nicht dem Vorwurf aussetzen, man würde diesen Interessenkonflikt verniedlichen.   

 

PRAXISTIPPS

  • Stellen Sie sicher, dass der jeweilige Vermittlungsweg einer Finanzierung auch im ESIS-Merkblatt entsprechend abgebildet und die gesamte Provision dargestellt wird.
  • Soweit der Immobiliardarlehensvermittler eine Provision vom Kreditnehmer verlangt, ist dise effektivzinsrelevant. Der Vermittler muss diese dem Darlehensgeber mitteilen. 



Beitragsnummer: 6184

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