Montag, 30. April 2018

Regionale Pfandbriefe

Mehr als nur Angebotstupfer im Farbspektrum des Kapitalmarktes – Win-Win für Emittent und Investor

Heinz Weixelbaum, Produkt- und Prozessverantwortlicher, Sparkasse Fürstenfeldbruck

Dr. Markus Wilken, Bereichsleiter Business Consulting, TXS GmbH

In einer sich kontinuierlich weiter digitalisierenden Prozesslandschaft steigt auch das Differenzierungspotential kleiner und mittlerer Kreditinstitute. Für regionale Banken und Sparkassen ergeben sich hieraus vielfältige Möglichkeiten, die verfügbaren Aktiva sinnvoll zu bündeln und für die unternehmerischen Ziele einzusetzen.

Ein für das Kreditinstitut stets wichtiges strategisches Ziel ist der Zugang zu mittel- und langfristiger günstiger Refinanzierung. Steigende regulatorische Anforderungen und tendenziell sinkende Margen erfordern den Mut, auch Wege zu gehen, die tendenziell eher den größeren Banken bislang vorbehalten schienen. Kreditinstitute sollten dabei sowohl auf die eigene Kompetenz als auch auf das in den Verbänden aufgebaute Know-how vertrauen und auch gegen so manchen anderslautenden bisweilen auch eigenständig wirtschaftlich motivierten Rat anderer Player die Möglichkeit einer Pfandbriefeigenemission ergebnisoffen in Betracht ziehen.

Nutzen des regionalen Pfandbriefemittenten

In einer bereits seit einigen Jahren exotisch anmutenden Lage an den Finanzmärkten ist die Pfandbriefemissionsfähigkeit auch und gerade für kleine und mittlere Kreditinstitute ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Die selbständige Pfandbriefemission muss dabei kein Widerspruch zu weiteren Verwendungsmöglichkeiten für Sicherheiten, wie etwa die Teilnahme an einem Pfandbriefpoolingmodell einer größeren Bank sein. Vielmehr kommt es in Zeiten des schwindenden wechselseitigen Vertrauen der Kapitalmarktpartner darauf an, möglichst viele Varianten der gedeckten Refinanzierung bzw. der effizienten Verwendung eigener Aktiva bzw. eigenen Sicherheiten zu beherrschen und somit flexibel und frei auf die Möglichkeiten und Restriktionen der Kapitalmärkte und der Finanzmarktaufsicht zu reagieren und damit das eigene Haus in eine möglichst sichere Zukunft zu führen.

SEMINARTIPPS

Kredit-Jahrestagung 2018, 12.–13.11.2018, Berlin.

Regionale Pfandbriefe, 29.11.2018, Köln.

Umsetzung von Basel III & Basel IV, 05.12.2018, Frankfurt/M.


Die eigene Pfandbriefemissionsfähigkeit ist hierbei zunächst ein günstiges Refinanzierungsinstrument, das nicht nur direkte Kosten senken kann, sondern aufgrund des mittel- bis langfristigen Laufzeitcharakters des Pfandbriefs auch Liquiditätsrisiken und Fristentransformationsrisiken eines Kreditinstituts senken kann. Daneben ist der Pfandbrief, insbesondere der Namenspfandbrief ein Instrument, das sich in schweren Vertrauenskrisen als nahezu einzig liquides nicht kurzfristiges Refinanzierungsinstrument bewährt hat. Insofern kann man auch von einer Versicherung gegen Finanzmarktkrisen sprechen, über die nur Häuser mit dem Pfandbriefemissionsprivileg verfügen. Der Emittent kann mit Rücksicht auf das Interessenspektrum der Investorenschaft und die eigene Bedarfssituation und der für die Deckung verfügbaren Sicherheiten Höhe und Laufzeit der Emissionen bestimmen. Damit geht eine bessere Positionierung gegenüber aktuellen und zukünftigen aufsichtsrechtlichen Anforderungen einher und die Refinanzierungsmöglichkeiten von Wachstumspotentialen sind ungleich besser als bei Kreditinstituten, die sich lediglich über Verbundangebote oder Einlagen refinanzieren müssen.

Attraktivität für den Investor

Neue Pfandbriefemittenten werden vom Kapitalmarkt in der Regel sehr wohlwollend aufgenommen, was nicht nur an ggf. schon nahezu ausgeschöpften Investitionslimiten bei bestehenden Adressen liegt. Mag auch ein regionaler Emittent einen Nachteil in der Granularität der für die Pfandbriefdeckung verwendeten Sicherheiten haben, so ist dem eine besondere Marktkenntnis als Vorteil entgegen zu halten. Eine Sparkasse kennt die Besonderheiten ihres Geschäftsgebiets ungleich genauer, als dies etwa einer national aktiven Direktbank ohne Filialbetrieb möglich wäre. Ferner ist die Eigenemission von Pfandbriefen stets auch ein Signal, dass der Emittent die Risiken der Kapitalmarktentwicklung gut verstanden hat und sich hiermit im Sinne eines Versicherungsgedankens gegen schwierige Marktsituationen proaktiv wappnet. Aktivlastige Sparkassen sind oft in besonders prosperierenden wirtschaftlichen Geschäftsgebieten aktiv und aktuell passivlastige Häuser stellen sich durch die Erweiterung ihrer Banklizenz um das Pfandbriefemissionsprivileg nachhaltiger und sicherer auf.

Der regionale Pfandbrief kann insoweit auch als ein besonders transparentes Filetstück von Investoren angenommen werden, die eben bewusst nicht die hohe Granularität der Deckungsmassen bundesweit aktiver Pfandbriefbanken anstreben, welche ja auch Werte aus schwächeren Regionen beinhalten.

Infrastrukturelle Voraussetzungen

Die einmaligen und prozessualen Anforderungen an die Pfandbriefeigenemission müssen in Zeiten zunehmender Digitalisierung weitgehend automatisiert werden. Rechenzentren und Verbände sollten ihren Mitgliedern zum effizienten Management der gesetzlichen Anforderungen entsprechende fachliche Hilfestellung aber auch Standard IT-Lösungen anbieten, damit die quantitative und qualitative Vorteilhaftigkeit nicht durch die Aufwendungen im operativen Tagesgeschäft überkompensiert werden.

PRAXISTIPPS

  • Gehen Sie ergebnisoffen eine Abwägung der qualitativen und quantitativen Vorteilhaftigkeit der Pfandbriefeigenemission für Ihr Haus an.
  • Nutzen Sie Erfahrungen etablierter Pfandbriefemittenten und vertrauen Sie auf spezialisierte Anbieter von Infrastruktur und Fachberatung.
  • Führen Sie ggf. mit bestehenden Investoren oder Nachbarinstituten mit größerer Erfahrung in der Pfandbriefeigenemission Gespräche.


Beitragsnummer: 606

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