Montag, 30. April 2018

Auslagerungen kompetent bewerten und die Risikokultur schärfen

Wie Risikoexperten den Fachbereichen helfen, die Analyse und Bewertung von Auslagerungssachverhalten aufzuwerten und abzusichern

 Jörg Schmitz, Sourcing Manager, KfW-IPEX Bank, Frankfurt/M.

Die MaRisk geben in AT9 Tz. 2 vor: „Bei der Risikoanalyse sind alle für das Institut relevanten Aspekte im Zusammenhang mit der Auslagerung zu berücksichtigen…“. Hinzu kommt der wachsende Wunsch der Regulierer nach einem Ausbau der unternehmensweiten „Risikokultur“.

Die Bewertung von Auslagerungssachverhalten wird für die fachlich Verantwortlichen von wachsender Komplexität begleitet: Ein steigender Dokumentationsbedarf in den Risikoanalysen ist zu stemmen, immer mehr Daten, Fakten und Szenarien müssen zu begründeten Einwertungen zusammengeführt werden. Es droht das ungewollte Übersehen von Details im Auslagerungssachverhalt, die schlussendlich zu Fehleinschätzungen in der Einwertung führen können.

Um hier den Überblick zu behalten, kann der Einsatz von Risikoexperten sinnvoll sein. Diese Experten bringen in ihrer Rolle jeweils die entsprechende Fachexpertise in die Risikoanalysearbeit ein. Mitarbeiter der entsprechenden Bereiche (z. B. Strategie, Risikocontrolling, Compliance, Business Continuity Management) beraten die fachlich Verantwortlichen und plausibilisieren Risikodetails sowie die Einwertung von Sachverhalten für die Risikoberechnung in der Analyse. Die finale Verantwortung einer Einwertung verbleibt natürlich stets beim fachlich Verantwortlichen.

Die Funktionen des Datenschutzes, der Informationssicherheit sowie der Revision werden nicht zu den Risikoexperten gezählt. Ihre Rolle im Auslagerungsprozess dient der überwachten Wahrung der Ordnungsmäßigkeit aller Aktivitäten und Prozesse.

Die Risikoexperten aus dem Bereich Strategie prüfen beispielsweise, ob bei einer Auslagerung Kernkompetenzen beeinträchtigt werden oder das Institut eine Einschränkung seiner Flexibilität erfährt, falls ausgelagert wird. Das Risikocontrolling untersucht mögliche Risikokonzentrationen, die für das Unternehmen gefährlich werden können. Regulierungs- oder Interessenkonflikte können durch Complianceexperten aufgezeigt werden. Die Business Continuity-Aspekte zeigen auf, welche Notfallanforderungen gegenüber dem Dienstleister zu formulieren sind.

Sollten Einschränkungen der Auslagerungsalternative ans Licht kommen, müssen sie nicht zwingend zu einem Auslagerungsverzicht führen. Vielmehr helfen die o. g. Inputs, Risikodetails zu schärfen und Maßnahmen zu definieren, die risikomindernd wirken können. Entsprechende Vertragsergänzungen werden so rechtzeitig identifiziert und können verhandelt werden. Auch Anforderungen an das Reporting werden durch die Experten greifbar formuliert und helfen anschließend, die Auslagerung zielgerichtet zu steuern.

Im Zusammenspiel der Rollen und Funktionen – fachliche und formale Auslagerungsüberwachung sowie Risikoexperten – werden notwendige Details sichtbar, die die oben genannte Präzisierung in der Dokumentation effizient stärken.

 SEMINARTIPPS

  • Neue Pflichten für die Dienstleister-Steuerung, 14.11.2018, Frankfurt/M.
  • Auslagerungsverträge auf dem Prüfstand, 15.11.2018, Frankfurt/M.
  • Prüfung Auslagerungsprozesse, 22.11.2018, Köln.
  • Auslagerungen im Fokus neuer MaRisk & BAIT, 10.-11.12.2018, Frankfurt/M.

Ein weiterer Aspekt der Plausibilisierung durch den Risikoexpertenkreis: Werden zur Unterstützung der Risikoanalyse Selbstauskunfts-Fragebögen eingesetzt, die der Dienstleister vor Aufnahme von Verhandlungen auszufüllen hat, helfen auch hierbei Risikoexperten dem Fachbereich, die gemachten Angaben zu plausibilisieren. Sollten Selbstauskünfte als nicht ausreichend empfunden werden, können Risikoexperten zielgerichtete Nachfragen über die Auslagerungsüberwachung beim Insourcer platzieren. Zudem können Risikoanalysen ad-hoc durch Erkenntnisse aus diesen Fragebögen sachgerecht angepasst werden.

Auch bei wiederkehrenden Tätigkeiten, wie z. B. die turnusgemäßen Risikoanalysen, hilft die Unterstützung durch Risikoexperten, den Überblick zu behalten und das stets in Bewegung bleibende regulatorische Umfeld umfassend zu managen. Das Aufgabenspektrum der Experten bei wiederkehrenden Tätigkeiten entspricht dabei dem einer initialen Risikoanalyse. Hier wird der Begriff der unternehmensweiten „Risikokultur“ wichtig. Die gemeinsame Diskussion der Auslagerungssachverhalte mit allen Beteiligten nimmt eine Last von den Schultern der fachlich Verantwortlichen und wird die Risikokultur des Unternehmens weiter positiv stärken.

Werden ad-hoc Risikoanalysen nötig, helfen Risikoexperten dabei, mögliche Adjustierungsbedarfe auch für das restliche Auslagerungsportfolio zu identifizieren – oder auch auszuschließen. Somit leistet die Rolle des Risikoexperten auch stets gesamthaft einen Wertbeitrag für die Auslagerungsüberwachung.

Risikoexperten können in ihrer Funktion unterstützen, präzisieren und plausibilisieren. Schlussendlich sollte jedoch immer das Auslagerungsmanagement/der Auslagerungsbeauftragte den Abschluss der Einwertungskette bilden und auch das Recht haben, notfalls mit einem Veto, die vorliegende Meinung der Risikoexperten zu überschreiben. Jedoch gilt auch dann: Dies kann erst nach gründlicher Diskussion und nur mit entsprechend begründeter Dokumentation erfolgen.

Praxistipps

  • Benennen Sie Risikoexperten aus den relevanten Bereichen (z. B. Strategie, Compliance, Risikocontrolling) und binden Sie diese in Ihre Analysetätigkeiten aktiv ein.
  • Dokumentieren Sie in Risikoanalysen die Beiträge der Risikoexperten, um die stabile Basis nachzuweisen, auf der Sie Ihre Bewertung aufbauen.
  • Nutzen Sie Synergieeffekte der Risikoexpertenbeiträge für Ihr gesamtes Auslagerungsportfolio, nicht nur für eine Teilbetrachtung einzelner Sachverhalte.


Beitragsnummer: 585

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