Samstag, 31. März 2018

Widerrufsfolgen: Tageszinssatz in Höhe von € 0,00

Helbing, Jan, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Partner der Sozietät Gerken Rechtsanwälte in Hamburg

Mit freundlicher Unterstützung von:

Sachverhalt

Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte über eine Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2013 zu entscheiden, welche die beklagte Bank zu einem Kreditvertrag erteilt hatte. Die Bank hatte das gesetzliche Muster gem. Anl. 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB verwendet und die Verzinsung für den Fall eines wirksamen Widerrufs in Höhe von € 0,00 in der Widerrufsbelehrung angegeben. Dieses erfolgte deswegen, weil die Bank in der Tat nicht beabsichtigte, in einem solchen Fall Zinsen zu verlangen.

Hanseatisches Oberlandesgericht

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kam das Oberlandesgericht mit überzeugenden Gründen zu dem Ergebnis, dass die Angabe einer täglichen Verzinsung in Höhe von € 0,00 weder undeutlich noch irreführend sei. Außerdem sei eine solche Angabe nicht geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Das Oberlandesgericht hat auch festgestellt, dass die Bank gerade nicht in das gesetzliche Muster eingriff, indem der tägliche Zinsbetrag in Höhe von € 0,00 angegeben wurde. Ein Eingriff hätte stattdessen dann vorgelegen, wenn die Bank den Satz aus dem Muster, wonach für den Fall des Widerrufs der „vereinbarte Sollzinssatz“ zu entrichten sei, weggelassen hätte oder wenn die Bank das Leerfeld, in welches der Zinsbetrag einzutragen war, nicht ausgefüllt hätte.

SEMINARTIPP

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Stellungnahme

Die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts ist im Wesentlichen aus zwei Gründen zu begrüßen:

Einerseits kann es nicht sein, dass eine Bank, die in der Tat eine Verzinsung für den Fall eines wirksamen Widerrufs nicht verlangen möchte, keine Möglichkeit hätte, den Schutz des gesetzlichen Musters in Anspruch zu nehmen. Dieses wäre nämlich die rechtliche Konsequenz gewesen, wenn das Urteil des Landgerichts rechtskräftig geworden wäre.

Andererseits ist der Verbraucherschutz ein wichtiges Anliegen des Gesetzgebers und es wäre insoweit widersprüchlich, wenn eine Bank für den Fall des wirksamen Widerrufs zugunsten des Verbrauchers nicht im Vorwege auf eine Verzinsung verzichten dürfte, ohne den gesetzlichen Musterschutz zu verlieren.

Das Urteil schafft somit, bezogen auf die streitgegenständliche Problematik, eine sowohl für die Verbraucherseite als auch für die Verwender von Widerrufsbelehrungen gut nachvollziehbare Rechtssicherheit. Wünschenswert wäre, wenn auch der Gesetzgeber zu einer solchen Rechtssicherheit finden würde. Dieses ist angesichts einer sich ständig ändernden Gesetzeslage, die von einem durchschnittlichen Verbraucher schon lange nicht mehr verstanden werden kann (obwohl gerade das der gesetzliche Anspruch sein sollte), derzeit nicht der Fall.

PRAXISTIPPS

  • Falls beabsichtigt ist, für den Fall eines wirksamen Widerrufs tatsächlich keine Zinsen zu verlangen, – was aus Gründen der Vereinfachung von Abläufen sinnvoll sein könnte – könnte zur Umgehung von Streitigkeiten gleichwohl ein täglicher Zinsbetrag in die Widerrufsbelehrung eingetragen werden und die Zinsen dann aber im Nachhinein nicht geltend gemacht werden.

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Beitragsnummer: 532

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