Frank Arretz, Rechtsanwalt, Schalast Rechtsanwälte mbB
Es ist im Grunde eine alltägliche Konstellation: Die Kundin tritt der Bank zur Sicherung der Forderungen aus der Geschäftsverbindung die Ansprüche aus einer Risikolebensversicherung ab. Sie übergibt ihr den Versicherungsschein. Die Bank übersendet dem Versicherer die Abtretungserklärung sowie eine Abtretungsanzeige. In letztere heißt es u. a., die Kundin widerrufe für die Dauer der Abtretung das bisherige Bezugsrecht ihres Ehemanns.
Nach Eintritt des Todesfalls und Vorliegen des Sicherungsfalls verlangt die Bank von dem Versicherer die Auszahlung der Todesfallleistung. Der Versicherer zahlt allerdings nicht, sondern beruft sich auf eine Anfechtung gegenüber dem Ehemann der Kundin.
Ob die Kundin den Versicherer wirklich arglistig getäuscht hat, sei dahingestellt. Für die Bank kommt es zunächst einmal darauf an, ob sie die Anfechtung gegenüber dem Ehemann gegen sich gelten lassen muss. Hätte der Versicherer seine Anfechtung infolge der ihm bekannten Abtretung und dem Widerruf des Bezugsrechts nicht gegenüber der Bank erklären müssen?
SEMINARTIPPS
Kreditsicherheiten-Tagung, 27.09.–28.09.2018, Frankfurt/M.
Diese Frage hat der Bundesgerichtshof, IV ZR 53/17, mit Urt. v. 07.02.2018 beantwortet. Ausgangspunkt sind die „Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung“ (AVB). In § 7 Abs. 8 AVB heißt es: „Sofern Sie uns keine andere Person als Bevollmächtigten benannt haben, gilt nach Ihrem Ableben ein Bezugsberechtigter als bevollmächtigt, eine Rücktritts- oder Anfechtungserklärung entgegenzunehmen. Ist auch ein Bezugsberechtigter nicht vorhanden oder kann sein Aufenthalt nicht ermittelt werden, so können wir den Inhaber des Versicherungsscheins zur Entgegennahme der Erklärung als bevollmächtigt ansehen.“
Nun hatte die Kundin für die Dauer der Abtretung das Bezugsrecht ihres Ehemanns widerrufen. Gilt er trotzdem weiterhin als bevollmächtigt, die Anfechtungserklärung entgegenzunehmen? Dazu führt der Bundesgerichtshof aus, der Widerruf für die Dauer der Abtretung sei regelmäßig so zu verstehen, dass das Bezugsrecht im Rang hinter das vereinbarte Sicherungsrecht zurücktreten und im Übrigen bestehen bleiben solle.
BUCHTIPPS
Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden: Sachsicherheiten, 4. Aufl. 2017
Folglich sei die Bank als Sicherungsnehmerin nicht allein oder vorrangig zur Entgegennahme von Willenserklärungen des Versicherers bevollmächtigt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein vom Versicherungsnehmer benannter Bezugsberechtigter vorhanden sei.
Damit grenzt das Gericht die hiesige Konstellation von der Gestaltung ab, bei welcher der Sicherungsnehmer mangels ursprünglicher Benennung eines Bezugsberechtigten infolge der Abtretung „auch Bezugsberechtigter“ wird. Ein Rücktritt oder eine Anfechtung ist dann gegenüber dem Sicherungsnehmer zu erklären.
Zusammenfassend muss die Bank bei einer ihr abgetretenen Risikolebensversicherung berücksichtigen, dass der Versicherer auch nach der Abtretung im Todesfall gegenüber dem Bezugsberechtigten wirksam anfechten kann. Der Versicherer ist nicht verpflichtet, gegenüber der Bank anzufechten. Etwas anderes gilt, falls von vornherein kein Bezugsberechtigter benannt worden ist.
PRAXISTIPPS
- Risikolebensversicherungen ist die Gefahr der Anfechtung durch den Versicherer immanent.
- Trotz Abtretung einer solchen Versicherung an die Bank kann der Versicherer nach dem Ableben des Versicherungsnehmers gegenüber dem Bezugsberechtigten wirksam anfechten.
- Bei Eintritt des Sicherungsfalls empfiehlt sich daher eine zeitnahe Kontaktaufnahme mit dem Versicherer.
Beitragsnummer: 531