Freitag, 13. April 2018

Keine Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen in Widerrufsfällen


Tilman Hölldampf, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 07.03.2018, Az. XI ZR 298/17, seinen vorhergehenden Beschluss in gleicher Angelegenheit vom 23.01.2018 (vgl. zu diesem Beschluss eingehend: Hölldampf, BTS März 2018) bestätigt. In seinem Beschluss vom 23.01.2018 hatte der Bundesgerichtshof zu der Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen Stellung genommen und u. a. hervorgehoben, dass es der Annahme der Verwirkung nicht entgegensteht, dass die Bank eine fehlerhafte Belehrung erteilt hat.

In seinem Beschluss vom 07.03.2018 führt der Bundesgerichtshof diesbezüglich aus, dass eine Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen gem. § 132 GVG nicht erforderlich ist, da die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats nicht mit der Rechtsprechung des IV. Zivilsenats, den Widerspruch bei Versicherungsverträgen betreffend, unvereinbar ist. Denn auch der IV. Zivilsenat habe die Möglichkeit einer Verwirkung des Widerspruchsrechts trotz Vorhandenseins von Belehrungsmängeln nicht generell ausgeschlossen. Zudem habe der Gesetzgeber bei Einführung der Höchstfrist des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB selbst dargelegt, dass die Verwirkung von Widerrufsrechten bei Darlehensverträgen denkbar sei.

SEMINARTIPP

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Abschließend stellt der XI. Zivilsenat im Hinblick auf das Umstandsmoment nochmals klar, dass es nicht erforderlich ist, dass zwischen der Rückführung des Darlehens und in diesem Zusammenhang getätigten Dispositionen der Bank ein gewisser Zeitraum liege. Auch Dispositionen (konkret die Freigabe der Grundschuld), welche im untermittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Rückführung des Darlehens getätigt werden, seien daher geeignet das Umstandsmoment zu begründen.

PRAXISTIPP

Nachdem der Bundesgerichtshof in dieser Sache mit Beschluss vom 23.01.2018 deutlich gemacht hat, dass die Rückführung eines Darlehens auf Wunsch des Darlehensnehmers für sich genommen bereits ausreichend ist, das Umstandsmoment im Rahmen der Prüfung der Verwirkung des Widerrufsrechts zu bejahen, hat der XI. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 07.03.2018 nochmals einige Konkretisierungen vorgenommen. So steht außer Zweifel, dass die fehlende Kenntnis des Darlehensnehmers vom Fortbestand des Widerrufsrechts der Annahme der Verwirkung nicht entgegensteht. Ein derartiger Rechtssatz besteht nicht und wurde auch durch den IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entgegen anderweitiger Behauptungen so nicht aufgestellt. Völlig zutreffend ist auch die Klarstellung des Bundesgerichtshofs, dass es im Rahmen des Umstandsmoments keiner erneuten Prüfung eines irgendwie gearteten Zeitmoments bedarf. Diese kumulativen Voraussetzungen der Verwirkung (Zeitmoment und Umstandsmoment) werden durch die Verbraucherseite und oftmals auch durch Instanzgerichte in unzulässiger Art und Weise vermischt. Das Zeitmoment knüpft allein an den Abschluss des Darlehensvertrags an, da zu diesem Zeitpunkt die Belehrung fehlerhaft erteilt wurde. Im Rahmen der Prüfung des Umstandsmomentes kommt es sodann nur noch darauf an, ob die Bank anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls darauf vertrauen durfte, dass ein Widerruf nicht mehr erfolgt. Dabei kann dem Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach Widerruf durchaus Bedeutung für das Umstandsmoment zukommen. Es ist jedoch gerade nicht erforderlich, dass zwischen der Rückführung des Darlehens und den vertrauensbildenden Dispositionen der Bank bzw. dem Widerruf ein Mindestzeitablauf liegt (vgl. hierzu bereits BGH, Urt. v. 10.10.2017, Az. XI ZR 393/16; Edelmann, BTS Dezember 2017 S. 127).


Beitragsnummer: 514

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