Dr. Nicolai-Anselm von Holst, Thümmel, Schütze & Partner, Berlin
Mit Hinweisbeschluss vom 02.01.2018 – 13 U 102/17 hat sich das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg der Auffassung des OLG Stuttgart (Urt. v. 07.02.2017 – 6 U 40/16) angeschlossen, wonach die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich ist, wenn in Kenntnis eines noch bestehenden Widerrufsrechts die Annuitäten vorbehaltlos an die Bank weitergezahlt werden. Denn nach Treu und Glauben seien die Darlehensnehmer verpflichtet, die Bank in einer angemessenen Zeit darüber in Kenntnis zu setzten, ob ein Gestaltungsrecht ausgeübt werde oder nicht. Insoweit bezieht sich der Senat u. a. auf die Rechtsprechung des I. Zivilsenates des BGH vom 18.10.2001 – I ZR 91/99. Mit der Ausübung eines Gestaltungsrechts dürfe nicht „länger gezögert werden als notwendig“. Vorliegend hatten die Darlehensnehmer im April 2014 gegenüber der beklagten Bank eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung behauptet, bis November 2014 die Darlehensraten gezahlt und erst im Anschluss hieran den Widerruf ausgesprochen.
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Hinzu komme, dass die Darlehensnehmer versucht hätten, ihr Widerrufsrecht einzusetzen, um günstigere Konditionen zu erwirken. Auch dieses Verhalten – die Ausnutzung einer den Darlehensnehmern „zugefallenen formalen Rechtsposition“ – wertet der Senat als rechtsmissbräuchlich und schließt sich insoweit der Rechtsprechung des OLG Schleswig vom 31.03.2016 – 5 U 188/15 an. Das Urteil des OLG Schleswig hatte der BGH bereits durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 14.03.2017 XI ZR 160/16 bestätigt.
Damit stützt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg seinen Hinweisbeschluss auf zwei Umstände, die jeweils für sich genommen ausreichen, um ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Darlehensnehmer zu bejahen: (1) Die vorbehaltlose Weiterzahlung der Annuitäten in Kenntnis des Widerrufsrechts sowie (2) die Instrumentalisierung der Möglichkeit des Darlehenswiderrufes zur Durchsetzung günstigerer Konditionen.
Beitragsnummer: 512