Pflichtangaben können auch in einem nicht mit Darlehensvertrag fest verbundenen Schriftstück enthalten sein.
Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit mit Fällen zu tun, in welchen (gesetzliche bzw. vertragliche) Pflichtangaben nicht in der Haupt(vertrags)urkunde enthalten waren, sondern in einem dort in Bezug genommenen, weiteren schriftlichen Dokument. Der Bundesgerichtshof hat dies für grundsätzlich zulässig erachtet, bislang aber noch nicht darüber entscheiden müssen, ob das in Bezug genommene Dokument mit der Haupturkunde fest verbunden sein muss (offengelassen in: BGH, Urt. v. 04.07.2017 – XI ZR 741/16).
SEMINARTIPPS
VerbraucherKreditRecht 2020, 20.04.2020, Würzburg.
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.
In seinem Urt. v. 17.09.2019 – XI ZR 662/18 – hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass das sogenannte „Ein-Urkunden-Modell“ eine feste Verbindung der Haupturkunde und der in Bezug genommenen Anlagen nicht voraussetzt. Im dortigen Fall war die in der Haupturkunde enthaltene Widerrufsinformation durchgestrichen und durch eine in Bezug genommene, mit der Haupturkunde jedoch nicht fest verbundene Widerrufsinformation in einer Anlage zum Vertrag ersetzt worden. Der Bundesgerichtshof sieht es als für einen angemessenen aufmerksamen und verständigen Verbraucher zumutbar an, dass dieser sich den Darlehensvertrag aufmerksam durchliest und dabei auch die in Bezug genommenen Anlagen zur Kenntnis nimmt.
PRAXISTIPP
Der Bundesgerichtshof bestätigt in seinem Urt. v. 17.09.2019 die in seiner Entscheidung vom 04.07.2017 – XI ZR 741/16 – ohnehin bereits zum Ausdruck gekommene Tendenz, dass in einem Darlehensvertrag in Bezug genommene Schriftstücke, die ihrerseits Pflichtangaben enthalten, nicht mit diesem Darlehensvertrag fest verbunden sein müssen.
Hat eine Bank daher Pflichtangaben in einem schriftlichen Dokument geregelt, welches im Darlehensvertrag in Bezug genommen und dem Darlehensnehmer mit diesem ausgehändigt wird, so ist dies für die Erteilung der Pflichtangabe ausreichend, sofern die Bezugnahme und die Mitteilung der Pflichtangabe im Übrigen dem Erfordernis der „Klarheit und Verständlichkeit“ (Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB) gerecht werden.
BUCHTIPP
Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.
In der Praxis dürfte dies vor allem in denjenigen Fällen eine Rolle spielen, in welchen die gesetzlichen Pflichtangaben um die vertraglichen Pflichtangaben „Aufsichtsbehörde“ und „Verfahren bei Kündigung“ erweitert wurden. Sind diese Angaben zwar nicht in der Haupturkunde selbst, aber in darin ausreichend deutlich in Bezug genommenen schriftlichen Dokumenten enthalten, die dem Darlehensnehmer mit dem Vertrag ausgehändigt wurden, reicht dies für die Erteilung der Pflichtangabe auch ohne feste Verbindung der Schriftstücke aus.
Beitragsnummer: 4889