Aufgaben und Verantwortungsbereich des neuen Beauftragten zum Schutz des Kundenvermögens
Sabine Brendler, Senior Revisor, Prüfungsleiter, Handelsrevision, Sparkasse KölnBonn
Ausgangssituation
Die Kreditinstitute sind seit dem 03.01.2018 gem. § 81 Abs. 5 WpHG verpflichtet, einen Beauftragten zu ernennen, der die Verantwortung für die Einhaltung ihrer Verpflichtungen in Bezug auf den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten trägt.
Die Regelung ist systematisch bei den Zuständigkeiten der Geschäftsleitung in § 81 WpHG angesiedelt, steht aber in engem Zusammenhang mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben zum Schutz der Vermögenswerte der Kunden vor den Folgen einer Insolvenz des Wertpapierdienstleistungsunternehmens selbst und weiterer Institute in der Verwahrkette sowie dem Schutz der Kunden vor dem Verlust der Vermögensrechte.
Weder die Ernennung noch die etwaige „Entpflichtung“ des „Single-Officer“ sind nach aktueller Rechtslage der BaFin anzuzeigen. Er sollte aber Ansprechpartner für die BaFin sein.
Stellung im Institut
Nach der ESMA-Veröffentlichung liegt es im Ermessen der Kreditinstitute zu entscheiden, welchem Bereich der Beauftragte zugeordnet wird.
Der MiFID II-Umsetzungsleitfaden des Dt. Sparkassen- und Giroverbandes schlägt für die Umsetzung zwei mögliche Varianten vor:
Variante 1:
Verständnis als operative Verantwortung => der Beauftragte ist Verantwortlicher auf der ersten Ebene für das Depot- und Verwahrstellengeschäft (z. B. Leiter Wertpapierabwicklung)
Variante 2:
Verständnis als Überwachungsverantwortung => Übertragung auf die Funktion des Compliance-Beauftragten (WpHG).
Gegenwärtig fehlt es an einer eindeutigen Festlegung seitens des Gesetzgebers und der Aufsicht zur „Ansiedelung“ des Beauftragten im Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Überdies beantworten weder die ESMA noch der Gesetzgeber die Frage, ob die „Verantwortung“ des Beauftragten als operative Verantwortung für das Depot- und Verwahrstellengeschäft auf „erster Ebene“, oder als Überwachungsverantwortung auf „zweiter Ebene“ zu verstehen ist.
Erforderlich ist ferner, dass der Beauftragte die zur Erfüllung seiner Funktion erforderliche Sachkunde und Autorität besitzt, d. h. er muss „ausreichend befähigt und befugt“ sein. Diesbezüglich führt die ESMA aus, dass der Beauftragte ein hinreichendes Niveau an Kenntnissen und Autorität haben muss, um die Verpflichtungen effektiv und ohne Behinderung ausführen zu können.
Aufgabe und Verantwortungsbereich
Ungeachtet der Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung und der Verantwortung des operativen Bereichs ist der Beauftragte für die effektive Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des §§ 84 WpHG i.V.m. 10 WpDVerOV verantwortlich.
Folgende – nicht abschließende – risikobasierte Kontrollhandlungen des Beauftragten können u. a. in Betracht kommen:
- Findet die Verwahrung der Kundenfinanzinstrumente ordnungsgemäß statt?
- Werden Vermögen von Kunden (Depot B) und Eigenhandel (Depot A) getrennt?
- Werden effektive Wertpapiere für Dritte verwahrt (Treuhandfunktion)?
- Welche Mechanismen bestehen, damit Finanzinstrumente nicht abhandenkommen?
- Welche Regelungen werden bei Drittverwahrung im Ausland getroffen?
- In welchem Turnus finden die Depotabstimmungen statt?
- Gibt es Verpfändung und Ermächtigungen im In- und Ausland?
- Gibt es Regelungen zur Verwendung von Finanzinstrumenten der Kunden?
- Wird ein regelmäßiges Monitoring der Verwahrstellen/Verwahrketten (inkl. Länderrisiken) durchgeführt?
Der Beauftragte kann die Berichte des Dienstleisters für die Wertpapierabwicklung (z. B. dwpbank) zur hausindividuellen Auswertung/Bewertung heranziehen. Er sollte ferner analysieren (bspw. durch Rückgriff auf ggf. vorhandene hausindividuelle Risikoanalysen der Wertpapiernebendienstleistung des Depotgeschäfts/den Überwachungsplan), ob Handlungsbedarf aufgrund von Sonderkonstellationen im Rahmen der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren besteht. So sollte insbesondere im Institut der Umgang mit der Einlieferung von effektiven Stücken geregelt sein.
Seminartipps
Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 04.–05.06.2018, Hamburg.
Prüfung der Wertpapiergeschäfte & Beratungsprozesse, 06.06.2018, Hamburg.
Dokumentation
Die Einhaltung dieser Prozesse soll risikoorientiert mindestens einmal jährlich kontrolliert werden. Der Beauftragte kann sich dabei auch auf Informationen anderer interner Kontroll-, Überwachungs- und Prüfungseinheiten stützen (z. B. Kontrollen der Depotbearbeitung, Revisionsberichte bspw. im Rahmen von Depotabstimmungen).
Der Beauftragte hat der Geschäftsleitung periodisch, mindestens einmal jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit, insbesondere über die erfolgten Überwachungstätigkeiten sowie die hierbei gewonnenen Erkenntnisse und etwaigen Maßnahmen zur Fehlerbehebung zu erstatten. Dies kann auch im Rahmen einer entsprechend ausgestalteten Risikoanalyse inkl. Nachweis der Kontrollhandlungen bzw. im Rahmen des jährlichen Compliance-Berichts (für den Fall, dass der WpHG Compliance-Beauftragte auch „Single-Officer“ ist) geschehen.
Sofern anhand der o. g. Kontrollhandlungen Defizite festgestellt werden, sollte sichergestellt sein, dass der Beauftragte die Maßnahmen, die zur Behebung von Defiziten notwendig sind, ermittelt und die Geschäftsleitung und, sofern der Beauftragte einem anderen Bereich als der (WpHG-) Compliance zugeordnet ist, die Compliance darüber informiert.
Praxistipps
- Wurde die Funktion des Beauftragten sachgerecht festgelegt und wie wird sie ausgelegt?
- Besitzt der Beauftragte die erforderliche Sachkenntnis?
- Hat der Beauftragte eine Risikoanalyse durchgeführt?
- Welche risikoorientierten Kontrollhandlungen hat der Beauftragte vorgesehen?
Beitragsnummer: 459