Dienstag, 27. Februar 2018

Zinsprolongation bei unechter Abschnittsfinanzierung ist keine eigenständige „Finanzdienstleistung“

Tilman Hölldampf, Thümmel, Schütze & Partner

Immer wieder wird in einzelnen Rechtsstreiten die Frage aufgeworfen, ob eine Zinsprolongation innerhalb eines als unechte Abschnittsfinanzierung abgeschlossenen Darlehens eine eigenständige „Finanzdienstleistung“ darstellt und damit dem Fernabsatzrecht unterfällt.

Bei Darlehensverträgen in Form einer unechten Abschnittsfinanzierung vereinbaren die Parteien ein langlaufendes Kapitalnutzungsrecht, während die Zinsfestschreibung in solchen Fällen lediglich für einen begrenzten Zeitraum hiervon, zumeist zehn Jahre, erfolgt. Diese Form der Finanzierung stellt den absoluten Regelfall der Immobilienfinanzierung in Deutschland dar. Vor Ablauf der erfolgten Zinsfestschreibung geht regelmäßig die Bank auf den Darlehensnehmer zu und unterbreitet diesem neue Zinskonditionen für eine weitere Festzinsphase, zumeist ebenfalls zehn Jahre. Oftmals versieht der Darlehensnehmer dabei ein entsprechendes postalisches Angebotsschreiben der Bank mit seiner Unterschrift und sendet dieses Schreiben sodann an die Bank zurück.

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Da die verbraucherdarlehensrechtlichen Vorschriften auf eine solche reine Zinsprolongation keine Anwendung finden (BGH, Urt. v. 28.05.2013, Az. XI ZR 6/12), wurde vereinzelt die Auffassung vertreten, die auf postalischem Weg zustande gekommene Anschlusszinsvereinbarung stelle einen Fernabsatzvertrag dar.

Dieser Auffassung sind zwischenzeitlich das OLG Karlsruhe in seinem Urt. v. 09.01.2018, Az. 17 U 128/17, das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 19.10.2017, Az. 23 U 195/16, und das KG Berlin in seinen Beschlüssen vom 10.02.2017, Az. 26 U 40/16, sowie vom 05.12.2016, Az. 24 U 132/16, mit überzeugenden Begründungen entgegengetreten. Die Oberlandesgerichte halten in den vorstehenden Entscheidungen fest, dass Voraussetzung für die Anwendung der fernabsatzrechtlichen Vorschriften wäre, dass die Anschlusszinsvereinbarung eine Finanzdienstleistung i. S. d. § 312 b Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB a.F. bzw. i. S. v. § 312 d Abs. 1 S. 1 BGB a.F. darstellt. Bei einer reinen Anschlusszinsvereinbarung ist dies jedoch gemäß den vorstehenden Entscheidungen nicht der Fall, da die Darlehensaufnahme bereits mit dem ursprünglichen Vertragsabschluss erfolgt ist. Bei der bloßen Anpassung der Vertragskonditionen innerhalb einer unechten Abschnittsfinanzierung handelt es sich demnach nicht um eine selbstständige Dienstleistung der Bank im Sinne des Fernabsatzrechts.

PRAXISTIPP

Nachdem dem Darlehensnehmer bei der unechten Abschnittsfinanzierung im Rahmen der Konditionenneuvereinbarung nach Ablauf der Zinsbindungsfrist kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, sondern lediglich die Konditionen der Kapitalnutzung im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrages geändert werden und das ursprünglich bereits eingeräumte über den Zeitpunkt des Ablaufs der Zinsbindung hinausgehende Kapitalnutzungsrecht somit nur zu veränderten Kreditbedingungen fortgesetzt wird, kann im Ergebnis vorstehend zitierten drei Oberlandesgerichten darin zugestimmt werden, dass keine (Finanz-)Dienstleistung im Sinne des Fernabsatzrechts sowie im Sinne der aktuellen Norm des § 312 Abs. 5 S. 1 BGB vorliegt, weswegen auch ein Fernabsatzwiderruf ausscheidet. Denn mit dem Abschluss der Konditionenanpassungs- bzw. -abänderungsvereinbarung wird in der Regel ausschließlich die Gegenleistung des Darlehensnehmers – grundsätzlich nur in Bezug auf die Zinsen – neu vereinbart, ohne dass die Bank als Darlehensgeberin dem Darlehensnehmer gegenüber eine neue Leistung erbringt und ohne dass die Bank eine neue, das Vorliegen einer (Finanz-)Dienstleistung kennzeichnenden Vermögensverschiebung z. B. in Form der Einräumung eines neuen Kapitalnutzungsrechts zu Gunsten des Darlehensnehmers vornimmt.



Beitragsnummer: 435

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