Dienstag, 12. November 2019

Widerrufsinformation 2015

Kaskadenverweis/Aufwendungen gegenüber öffentlichen Stellen/Angabe von Darlehensvermittlungskosten

Olaf Sachner, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

In Widerrufsfällen, den Widerruf von Darlehen nach dem 30.07.2010 betreffend, wird durch Verbraucheranwälte regelmäßig vorgetragen, der sog. „Kaskadenverweis“ in der Musterwiderrufsinformation sei für den Verbraucher nicht transparent, die Bank habe Gestaltungshinweise zur Musterwiderrufsinformation nicht richtig umgesetzt und im Darlehensvertrag seien nicht alle Pflichtangaben enthalten. Ein aktueller Beschluss des OLG Celle vom 24.10.2019 – 3 U 87/19 – enthält hierzu klärende Hinweise, u. a. zur Verwendung des Gestaltungshinweises Nr. 4 der aktuellen Musterwiderrufsinformation für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge und zur Benennung eventueller Kosten der Darlehensvermittlung.

In seinem vorgenannten Beschluss hat das Oberlandesgericht Celle unter Verweis auf die herrschende Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18 (vgl. hierzu Neuhof in BTS Bankrecht 2019 S. 64 f.) zunächst darauf hingewiesen, dass die exemplarische Benennung von Pflichtangaben und Gesetzen in der Widerrufsinformation i. S. eines Kaskadenverweises nicht zu beanstanden ist, diese mangels Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG hieran nicht zu messen ist und weder Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO noch für eine Vorlage in einem Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Union gibt.

SEMINARTIPPS

VerbraucherKreditRecht 2020, 02.04.2020, Würzburg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.

Erbringt ein Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen Aufwendungen gem. § 357a Abs. 3 Satz 5 BGB, die er nicht zurückverlangen kann, und will er sich für den Fall des Widerrufs die Geltendmachung eines diesbezüglichen Anspruchs gegenüber dem Darlehensnehmer vorbehalten, sieht der Gestaltungshinweis Nr. 4 der aktuellen Musterwiderrufsinformation für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge (Anl. 8 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1) eine Ergänzung der Information über die Widerrufsfolgen des Inhalts vor, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber auch diese Aufwendungen zu ersetzen hat. Die Musterwiderrufsinformation in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 anwendbaren Fassung enthielt einen entsprechenden Gestaltungshinweis mit der Nr. 5. Das Oberlandesgericht Celle hat in seinem Beschluss vom 24.10.2019 zutreffend darauf hingewiesen, dass die darlehensgebende Bank den vorstehend benannten Gestaltungshinweis auch dann verwenden darf, wenn sie die darin genannten Aufwendungen nicht erbracht hat. Denn dieser Hinweis kann nicht dahin ausgelegt werden, dass dieser nur verwendet werden dürfe, wenn der Darlehensgeber tatsächlich entsprechende Aufwendungen erbracht hat oder erbringen wird, da ein Zusatz, dass der Gestaltungshinweis nur oder erst in dem genannten Fall verwendet werden dürfe, gerade fehlt. Das Oberlandesgericht Celle führt unter Verweis auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018 – 16 U 11/18 – und München, Urt. v. 09.11.2017 – 14 U 465/17 – weiter aus, dass sich bei verständiger Auslegung aus der Natur der Sache ergibt, dass dieser Gestaltungshinweis unabhängig davon verwendet werden kann, ob der Darlehensgeber entsprechende Aufwendungen tätigen wird oder nicht, da bei Vertragsschluss oftmals noch gar nicht feststeht, ob der Bank solche Aufwendungen überhaupt entstehen werden. Demgegenüber ist bei einer Verwendung des Gestaltungshinweises für den Verbraucher erkennbar, dass er beim Widerruf nicht in jedem Fall Aufwendungen zu erstatten hat, sondern jedenfalls nur, wenn diese erbracht worden sind.

Soweit die Pflichtangaben im in Rede stehenden Darlehensvertrag betroffen sind, stellte das Oberlandesgericht Celle u. a. fest, dass die Art des Darlehens mit ,,Annuitätendarlehen“ ausreichend angegeben ist und das Gesetz nicht verlangt, die Darlehensart zu erläutern. Zudem stellte das Oberlandesgericht fest, dass etwaige Kosten der Darlehensvermittlung nicht angeben werden mussten, und zwar unabhängig davon, ob diese eventuell in die Höhe des Sollzinses eingepreist worden sind, da nur solche Kosten anzugeben sind, die ihren Rechtsgrund im Kreditvertrag haben und für die Kosten der Darlehensvermittlung Art. 247 § 13 Abs. 1 EGBGB a.F. eine abschließende Sonderregelung enthalten. Der Senat folgte ausdrücklich nicht der in der Literatur (Schürnbrand/Weber, Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, BGB § 491a Rn. 30) vertretenen Auffassung, dass Kosten der Darlehensvermittlung anzugeben seien, die der Darlehensgeber zunächst an den Vermittler entrichtet, aber sodann an den Verbraucher in Form eines Zinszuschlags (sog. packing) weitergibt.


Beitragsnummer: 3686

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