Mittwoch, 16. Oktober 2019

Verbandsklagebefugnis und Aktivlegitimation

Dr. Nicolai-Anselm von Holst, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Notar, Thümmel, Schütze & Partner

Was ist eigentlich eine „qualifizierte Einrichtung“ nach § 4 UKlaG? Mit der Frage hatte sich das BVerwG in seiner Entscheidung vom 03.04.2019 – 8 C 4.18 zu befassen. Und die Antwort war eindeutig: Es muss sich um einen rechtsfähigen Verein handeln, dem es ausschließlich um Verbraucherinteressen geht. Der Verein darf mithin nicht eigenen wirtschaftlichen Interessen oder den wirtschaftlichen Interessen Dritter dienen. Ob dies der Fall ist, wird im Wege einer Prognose ermittelt. Das Gesetz spricht hier von einer „auch zukünftig“ nicht gewerbsmäßigen, dauerhaft sachgerechten und wirksamen Verbraucheraufklärung und Verbraucherberatung. Eine solche Prognose fällt negativ aus, wenn z. B. zwischen dem Verein und einer Anlegerkanzlei eine „Zweckgemeinschaft“ besteht. Der Verein erfüllte dann die Voraussetzungen schon in der Vergangenheit nicht.

SEMINARTIPP

20. Bankrechts-Tag, 22.10.2020, Frankfurt/M.



PRAXISTIPP

Für die Praxis stellt sich die Frage, ob man auch im laufenden Verfahren die Aktivlegitimation eines klagenden Vereins angreifen kann, wenn dieser in die Liste der qualifizierten Verbände eingetragen ist, obwohl er eine enge Verbundenheit zu einer Anlegerkanzlei aufweist. Der Gesetzgeber hat die Missbrauchsmöglichkeit gesehen und dem Umstand in § 4 Abs. 4 UKlaG Rechnung getragen: „Ergeben sich in einem Rechtsstreit begründete Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 bei einer eingetragenen Einrichtung, so kann das Gericht das Bundesamt für Justiz zur Überprüfung der Eintragung auffordern und die Verhandlung bis zu dessen Entscheidung aussetzen.“ Es kann sich also durchaus lohnen, die Aktivlegitimation von Verbraucherverbänden zu hinterfragen und ggf. hierzu vorzutragen. Personelle Überschneidungen zwischen der beteiligten Anlegerkanzlei und dem Verein, die Vermittlung der Vereinsmitglieder nur an die beteiligte Anlegerkanzlei, das Zurückhalten von Informationen und Rechercheergebnissen zugunsten der betroffenen Anlegerkanzlei sowie ungewöhnliche Sonderrecht in der Vereinssatzung zugunsten von Anwälten dieser Kanzlei stellen entsprechend starke Indizien dar.

BUCHTIPP

Ellenberger/Clouth (Hrsg.), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 5. Aufl. 2018.





Beitragsnummer: 3426

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