Donnerstag, 1. August 2019

Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung überhöhter Zinsen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinem Urt. v. 11.01.2019, Az. 2-18 O 211/18, hält das Landgericht Frankfurt/M. fest, dass der Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Zinsen aufgrund einer vermeintlich unwirksamen Zinsanpassungsklausel bereits zum Zeitpunkt der fehlerhaften Buchung entsteht, mit der Folge, dass die Verjährung grundsätzlich bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen bereits zum Zeitpunkt der fehlerhaften Buchung zu laufen beginnen würde. Dies gilt nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt unabhängig davon, ob man den Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Zinsen als einen auf Rückzahlung zu viel abgebuchter Beträge gerichteten Bereicherungsanspruch einordnet oder als Kontokorrentanspruch auf Rückgängigmachung der Buchung im Kontokorrent auffasst.

Da dem klagenden Kontoinhaber bereits im Zeitpunkt der Vornahme der vermeintlich fehlerhaften Buchungen sowohl der Inhalt der Zinsanpassungsklausel als auch die vorgenommene Veränderung der Zinssätze und damit auch die vermeintlichen Zuvielbuchungen bekannt waren, hatte der Bankkunde nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt auch bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von sämtlichen anspruchsbegründenden Umständen, weswegen etwaige bestehende Rückforderungansprüche des Bankkunden wegen Verjährung als unbegründet abgewiesen wurden.

SEMINARTIPPS

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.



In diesem Zusammenhang führt das Landgericht Frankfurt aus, dass es zwar zutrifft, dass eine unwirksame Zinsanpassungsklausel eine Regelungslücke über das Wie einer – nach wie vor dem Grunde nach wirksam vereinbarten – Zinsanpassung im Vertrag hinterlässt, welche durch das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen ist. Allerdings bedeutet dies nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt nicht, dass Ansprüche auf Rückbuchung bzw. Rückzahlung wegen überhöhter Zinsen im verjährungsrechtlichen Sinne erst mit Rechtskraft des über die Vertragsauslegung erkennenden Gerichtsurteils entstehen bzw. fällig werden.

Sodann hält das Gericht fest, dass der Verjährung der in Betracht kommenden Ansprüche auf Rückzahlung vermeintlich zu viel vereinnahmter Zinsen nicht im Wege steht, dass sie aus einer Kreditbeziehung entstanden sind, die als laufendes Kontokorrentkonto geführt wurde, in welches die wechselseitigen Forderungen eingestellt und dadurch in ihrer individuellen Durchsetzbarkeit zunächst gehemmt wurden.

BUCHTIPP

Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.



Schließlich weist das Landgericht Frankfurt darauf hin, dass jede andere Auffassung zu kaum wünschenswerten, den Rechtsgedanken der Anspruchsverjährung konterkarierenden Ergebnissen führen würde. Zum einen würde dem Bankkunden eine quasi endlose Klagemöglichkeit eingeräumt werden, die mit den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen unvereinbar wäre. Zum anderen würde der grundlegende Zweck der Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden zu schaffen und – zumal im Bankgeschäft – potentiellen Anspruchsschuldnern eine gewisse Kalkulationssicherheit zu gewähren, unterlaufen.

PRAXISTIPP

Soweit ersichtlich hat sich das Landgericht Frankfurt im Anschluss an die vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26.09.2017, Az. XI ZR 78/16, bestätigte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.01.2016, A. I-14 U 180/14, als eines der ersten Gerichte umfassend mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, wann Ansprüche auf Rückzahlung überhöhter Zinsen aufgrund vermeintlich unwirksamer Zinsanpassungsklauseln verjähren. Dabei ist das Landgericht Frankfurt mit überzeugender Begründung zum Ergebnis gelangt, dass die Verjährung bereits mit jeder vermeintlich fehlerhaften Buchung zu laufen beginnt, da in diesem Zeitpunkt sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche entstehen und der Bankkunde bereits zu diesem Zeitpunkt von allen anspruchsbegründenden Umständen i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis hat (so auch OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Sollte diese Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt vom Bundesgerichtshof bestätigt werden, womit aufgrund der überzeugenden Begründung des Landgerichts Frankfurt sowie aufgrund des die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigenden und vorstehend erwähnten Beschlusses des Bundesgerichtshofs zu rechnen ist, dann dürften Bankkunden bei vermeintlich unwirksamen Zinsanpassungsklauseln insbesondere auch bei langfristig laufenden Sparverträgen lediglich für die letzten drei Jahre Anspruch auf Rück- bzw. Nachforderung falsch verbuchter Zinsen haben; vorausgesetzt, das betroffene Kreditinstitut erhebt rechtzeitig gegen den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch die Einrede der Verjährung.


Beitragsnummer: 2831

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