Freitag, 7. Juni 2019

Verwirkung des Widerrufsrechts bei Rückführung nach Zinsbindungsablauf

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Das Landgericht Stuttgart hat in seinem Urt. v. 27.05.2019, 6 O 217/18, nochmals daran erinnert, dass die Verwirkung des Widerrufsrechts bei zurückgeführten Darlehen auch dann greift, wenn die Rückführung nicht vorzeitig gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, sondern nach Ablauf der vereinbarten Zinsbindung und ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung erfolgt.

SEMINARTIPPS

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.

Dies deswegen, da das widerrufene Darlehen in Form einer unechten Abschnittsfinanzierung abgeschlossen worden ist, sodass das Darlehen gerade nicht mit Ablauf der Zinsbindungsfrist endet, sondern, sofern die Parteien sich nicht auf neue Zinskonditionen einigen, mit veränderlichem Zinssatz fortgeführt wird. Lässt sich in einer solchen Konstellation die Bank gleichwohl, ohne dass eine Kündigung erfolgt, auf die Rückführung des Darlehens ein, begründet dies das im Rahmen der Verwirkung erforderliche Umstandsmoment.

PRAXISTIPP

Die sogenannten Widerrufsfälle sind in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen. Immer wieder zu beobachten waren jedoch Fälle, in welchen Verbraucher versucht haben, bei nach Ablauf der Zinsbindung zurückgeführten Darlehen noch aus einem nachträglich erklärten Widerruf Kapital zu schlagen, indem gegenüber der Bank Nutzungsersatz auf überlassene Zins- und Tilgungsleistungen geltend gemacht wird.

Auch hierbei handelt es sich um eine Konstellation, bei welcher nach den durch den Bundesgerichtshof zur Verwirkung vorgegebenen Leitlinien (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23.01.2018, Az. XI ZR 298/17, m. Anm. Hölldampf, WuB 2018 S. 331), grundsätzlich die Verwirkung des Widerrufsrechts greift.

Das OLG Stuttgart hat in seinem Urt. v. 12.12.2017, Az. 6 U 316/16, ebenfalls festgehalten, dass eine Rückführung auf Wunsch des Darlehensnehmers bzw. eine einvernehmliche Rückführung eines Darlehens auch in einer solchen Konstellation vorliegt, in der die Rückführung nach Ablauf der Zinsbindung innerhalb einer unechten Abschnittsfinanzierung erfolgt.

BUCHTIPP

Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.



Diese Klarstellung ist insofern erfreulich, als oftmals von Verbraucheranwälten, teilweise jedoch auch von Gerichten, übersehen wird, dass der Ablauf der Zinsbindung bei einem Darlehen in Form der unechten Abschnittsfinanzierung nicht automatisch dazu führt, dass das Darlehen zur Rückzahlung fällig wird.

Selbst bei endfällig ausgestalteten Darlehen wird jedoch bei nachträglichem Widerruf regelmäßig die Verwirkung greifen, nachdem der Bundesgerichtshof in seinem Urt. v. 03.07.2018, Az. XI ZR 702/16, Rn. 15, klargestellt hat, dass die Verwirkung insgesamt bei zurückgeführten Darlehen in Betracht kommt und nicht nur bei solchen, bei welchen die Rückführung auf den Wunsch des Verbrauchers oder einvernehmlich erfolgt.


Beitragsnummer: 2437

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