Freitag, 7. Juni 2019

Unzulässige Bearbeitungsgebühr bei Bauspardarlehen

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung gilt auch bei der Bearbeitungsgebühr für Bauspardarlehen

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Mit Urt. v. 28.10.2014, Az. XI ZR 348/13, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Rechtsfigur der „Unzumutbarkeit der Klageerhebung“ für Bearbeitungsentgelte bei Verbraucherdarlehensverträgen eingeführt. Nach Auffassung des Senats soll es erst mit dem Vorliegen einer einheitlichen Oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung im Jahr 2011 für Darlehensnehmer zumutbar geworden sein, Klage auf Rückforderung des Bearbeitungsentgelts zu erheben, auch wenn dieses zeitlich bereits deutlich früher bezahlt wurde.

BUCHTIPP

Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.



Mit seinem Urt. v. 19.03.2019, Az. XI ZR 95/17, hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung nunmehr auch auf die Darlehensgebühr bei Bauspardarlehen übertragen (zur Unzulässigkeit der Darlehensgebühr siehe BGH, Urt. v. 08.04.2016, Az. XI ZR 552/15). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besteht kein Grund, den Bausparvertrag im Hinblick auf den Verjährungsbeginn anders zu behandeln als „klassische“ Darlehensverträge, da auch der Bausparvertrag dem Pflichtprogramm des § 488 Abs. 1 BGB unterfällt. Aus Sicht des Bundesgerichtshofs musste ein Bauspardarlehensnehmer daher ebenfalls im Jahr 2011 erkennen, dass die von ihm erhobene Darlehensgebühr AGB-rechtlich unzulässig war, selbst wenn dies der Bundesgerichtshof erst mit Urt. v. 08.11.2016, Az. XI ZR 552/15, festgestellt hat.

SEMINARTIPPS

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.

Der Bundesgerichtshof stellt zudem klar, dass das Argument, dass die Gebühr „dem Bauspardarlehen zugeschlagen“ werde, nichts daran ändert, dass die Gebühr bereits zum Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens fällig und an die Bausparkasse geleistet wurde.

PRAXISTIPP

Der Bundesgerichtshof setzt mit seiner Entscheidung vom 19.03.2019 seine durchaus umstrittene Rechtsprechung zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung auch für die formularmäßige Vereinbarung einer Darlehensgebühr im Rahmen eines Bauspardarlehens fort.

Nachdem der Bundesgerichtshof bereits mit Urt. v. 04.07.2017, Az. XI ZR 562/15, Rn. 96 ff., für Unternehmerdarlehen festgehalten hat, dass auch dort die Verjährung im Hinblick auf die Rückforderung von Bearbeitungsentgelten bei früher bezahlten Entgelten grundsätzlich mit dem Jahr 2011 zu laufen begonnen hat, überträgt er diese Rechtsprechung nunmehr auch auf die Darlehensgebühr bei Bauspardarlehen.

Dass der Bundesgerichtshof dabei ungeachtet dessen, dass er über die Unzulässigkeit der AGB-rechtlichen Vereinbarung der Darlehensgebühr erst im Jahr 2016 entschieden hat, gleichwohl im Jahr 2011 die Erhebung einer Klage auf Rückforderung der Gebühr für zumutbar erachtet, ist ebenso begrüßenswert wie konsequent. Denn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung stellt ohnehin bereits einen erheblichen Eingriff in das Verjährungsregime des Bürgerlichen Gesetzbuches seit der Schuldrechtsmodernisierung dar. Danach ist für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen ausreichend. Dagegen spielt es für den Beginn der Verjährungsfrist keine Rolle, ob der Verbraucher bereits über gesicherte Rechtskenntnis dergestalt verfügt, dass der Bundesgerichtshof seinen geltend gemachten Rückforderungsanspruch für begründet erachten wird.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung bei Bearbeitungsentgelten war ohnehin bereits ein großzügiges Entgegenkommen des XI. Zivilsenats an (Verbraucher)Darlehensnehmer, da diese trotz unzweifelhaft vorhandener Tatsachenkenntnisse gleichwohl im Hinblick auf eine im Verjährungsrecht eigentlich grundsätzlich unmaßgebliche Rechtsunsicherheit die Geltendmachung von Ansprüchen zurückstellen konnten. Zu Recht hat der Senat diese Rechtsprechung nunmehr nicht durch eine Ausdehnung des Rechtsunsicherheitsmerkmals noch weiter ausgeweitet.


Beitragsnummer: 2436

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