Donnerstag, 3. April 2025

Neue Vorgaben zur Bearbeitung von EU-Sanktionslisten

Pflicht zur Prüfung von EU-Sanktionslisten bei Echtzeitüberweisungen – Probleme mit dem Arbeitszeitgesetz – Vermeidung von Bußgeldern

Bernhard Dollinger und Thomas Goldbrunner, Geschäftsführer der GCS – Geno Corporate Services GmbH 

Rechtliche Vorgaben

Die Verordnung (EU) 2024/886 hat neue Vorgaben für Anbieter von Echtzeitüberweisungen eingeführt. Seit dem 09.01.2025 müssen diese kalendertäglich überprüfen, ob ihre Kunden von EU-Sanktionen betroffen sind. Konkret heißt es im neuen Art. 5d Abs. 1[1]:

„Zahlungsdienstleister, die Echtzeitüberweisungen anbieten, überprüfen, ob einer ihrer Zahlungsdienstnutzer eine Person oder Einrichtung ist, die gezielten finanziellen restriktiven Maßnahmen unterliegt.

Diese Überprüfungen führen die Zahlungsdienstleister unverzüglich nach Inkrafttreten einer neuen oder geänderten gezielten finanziellen restriktiven Maßnahme durch, sowie mindestens einmal pro Kalendertag.“

Die EU-Kommission konkretisiert diese Anforderung wie folgt:[2]  

Sobald die Überprüfung eines Kunden eine Warnung gegen eine EU-weite Liste erzeugt, wird von den Zahlungsverkehrsdienstleistern erwartet, dass sie die Erbringung von Echtzeitüberweisungsdiensten in Bezug auf diesen Kunden aussetzen, bis bestätigt wird, dass es sich bei der Markierung um einen Fehlalarm handelt. In Art. 5d Abs. 1 wird darauf hingewiesen, dass Überprüfungen unmittelbar nach Inkrafttreten neuer oder geänderter Bezeichnungen und mindestens einmal pro Kalendertag durchgeführt werden müssen. In diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff „Überprüfung“, dass das Verfahren von Anfang bis Ende überprüft wird. Es ist zu betonen, dass Art. 5d Abs. 1 Unterabsatz 2 verlangt, dass die Überprüfungen unverzüglich „durchgeführt“ werden. „Durchgeführt“ sollte so verstanden werden, dass sowohl der Beginn als auch der Abschluss des Verfahrens gemeint ist.

Auswirkungen auf Kreditinstitute

Kreditinstitute, die Echtzeitüberweisungen anbieten, müssen sicherstellen, dass die abschließende Bearbeitung von Sanktionstreffern an jedem Kalendertag gewährleistet ist. Hierzu müssen sie einerseits Falsch-Positiv-Treffer als solche erkennen und die entsprechenden automatisch gesperrten Konten müssen unverzüglich wieder freigegeben werden. Andererseits müssen Gemeinschaftskonten oder Kontovollmachten betreffende Richtig-Positiv-Treffer unverzüglich eine manuelle Kontosperre bzw. den manuellen Entzug der Kontovollmacht nach sich ziehen (aus technischen Gründen ist eine automatische Sperre von Gemeinschaftskonten und Kontovollmachten bei vielen Anbietern i. d. R. nicht möglich).

Da vielen Kreditinstituten für die Erfüllung der Anforderungen derzeit keine technische Möglichkeit zur Verfügung steht, muss eine manuelle Bearbeitung erfolgen. Problematisch dabei ist u. a. das in § 9 Abs. 1 ArbZG verankerte Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen. Da die Überprüfung hinsichtlich EU-Sanktionen nicht von den gesetzlichen Ausnahmen des Beschäftigungsverbots erfasst ist, muss sie folglich entsprechend § 13 ArbZG durch die zuständige Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Eine solche Genehmigung kann für einzelne Kreditinstitute durchaus aufwendig sein. Vor diesem Hintergrund bietet sich u. a. der Rückgriff auf qualifizierte Dienstleister an.

Konsequenzen bei Verstößen

Die materielle Verletzung von Sanktionen ist bereits jetzt bußgeldbewehrt. Die oben genannte Vorschrift zur Einrichtung organisatorischer Standards zur Sanktionseinhaltung wird voraussichtlich im Jahr 2025 eine eigene, zusätzliche Bußgeldbewehrung erhalten.

PRAXISTIPPS

  • Automatisierung prüfen & Prozesse optimieren: Überprüfen Sie frühzeitig, ob Ihr bestehendes System die tägliche Prüfung effizient abdecken kann. Falls technische Lösungen fehlen, sollten Sie automatisierte Workflows zur Unterstützung der manuellen Bearbeitung etablieren.
  • Mitarbeiterkapazitäten strategisch planen: Da manuelle Prüfungen oft unumgänglich sind, sollten Schichtmodelle oder Notfallteams eingeplant werden, um auch an Sonn- und Feiertagen die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten.
  • Schulungen & Sensibilisierung stärken: Die Anforderungen betreffen nicht nur IT oder Compliance-Abteilungen – auch Kundenbetreuung und Zahlungsverkehrsteams müssen in der Erkennung und Reaktion auf Sanktionstreffer geschult werden.
  • Externe Dienstleister als Backup einbinden: Falls eine interne Umsetzung nicht durchgängig möglich ist, können spezialisierte Anbieter unterstützen. Eine rechtzeitige Einbindung von qualifizierten Dienstleistern hilft, Compliance-Risiken zu minimieren.
  • Krisenplan für Sanktionstreffer entwickeln: Definieren Sie klare Eskalationsstufen für den Umgang mit Falsch- und Richtig-Positiv-Treffern, um Verzögerungen bei der Bearbeitung zu vermeiden. Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Abteilungen involviert sind.


[1] Die Angabe der Rechtsquelle bezieht sich auf die Verordnung (EU) Nr. 260/2012, welche durch die Verordnung (EU) 2024/886 geändert wurde.


Beitragsnummer: 22959

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