Donnerstag, 13. März 2025

Die BaFin veröffentlicht Risiken im Fokus der Aufsicht 2025

Sandra Schmolz, Finanzcontrolling, Unternehmensplanung Steuerung, VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg eG

 

Am 28.01.2025 veröffentlichte die BaFin ihre diesjährigen „Risiken im Fokus 2025[1] mit den aus ihrer Sicht relevanten Risiken und Trends. Der folgende Beitrag fasst die wesentlichen Inhalte kompakt zusammen.

Im Jahr 2024 zeigte sich das Finanzsystem stabil, jedoch belasten politische Unsicherheiten, geopolitische Spannungen und ökonomische Schwächen weiterhin Banken und Versicherungen. Für 2025 werden sechs zentrale Risiken identifiziert, die eine prioritäre Aufmerksamkeit durch die BaFin erfordern:

 

1. Korrekturen an den Immobilienmärkten

Gewerbeimmobilien stehen seit Mitte 2022 unter massivem Druck. Die daraus entstandenen Risiken haben sich bereits teilweise materialisiert und können auch weiterhin zu einem erheblichen Abschreibungs- und Wertberichtigungsbedarf führen. Preisrückgänge von bis zu 17 % und hohe Leerstandsquoten belasten Banken und Versicherer weiterhin durch Kreditausfälle und sinkende Werte der Sicherheiten. Besonders riskant sind Anschlussfinanzierungen für Bestandskredite und Projekte, deren Wirtschaftlichkeit angesichts hoher Zinsen gefährdet ist. Auch am Wohnimmobilienmarkt kam es zu Preiskorrekturen. Obwohl sich hier bereits erste Anzeichen einer Stabilisierung zeigen, bleibt dennoch die Gefahr von Kreditausfällen bei Anschlussfinanzierungen bestehen. Dementsprechend müssen Banken und Versicherungen weiterhin eine entsprechende Risikovorsorge vorhalten.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Fortlaufende Überwachung und Analyse der Immobilienmärkte und Kreditportfolios sowie Beibehaltung des Systemrisikopuffers für private und gewerbliche Immobilienkredite.
  • Durchführung von Sonderprüfungen bei Kreditinstituten mit hohen Risiken im Immobiliensektor.
  • Überprüfung der Werthaltigkeit von Vermögenswerten in Kreditinstituten und Versicherern.
  • Engmaschige Beobachtung der Finanzierung von Immobilienprojekten durch Versicherer und Pensionskassen.

 

2. Signifikante Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten

Fortdauernde geopolitische Spannungen, hohe Staatsschulden und volatile Märkte erhöhen das Risiko von Marktverwerfungen. Ein Anstieg von Risikoprämien auf Staatsanleihen könnte zudem zu einer weiteren Destabilisierung führen.

Die bestehenden hohe Verschuldungsgrade in Schwellenländern sowie Unsicherheiten bei großen Volkswirtschaften wie den USA sowie mögliche Verwerfungen zwischen den USA und China stellen ebenfalls ein potenzielles Risiko dar. Banken und Versicherer könnten durch entstehende Kursverluste und Bewertungsanpassungen in ihren Anlageportfolios erheblich belastet werden.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Bewertung und Überwachung risikobehafteter Finanzmarkt-Exposures beaufsichtigter Unternehmen.
  • Weiterentwicklung der Solvency-II-Prognoserechnungen für Lebensversicherer.
  • Unterstützung globaler und europäischer Initiativen zur Stärkung des makroprudentiellen Rahmens für Finanzintermediäre.

 

3. Ausfall von Unternehmenskrediten

Angesichts der schwachen Konjunktur und steigender Kosten nehmen Unternehmens-insolvenzen weiter zu. Besonders energieintensive Branchen wie die Chemie-, Papier- und Glasindustrie sowie exportorientierte Unternehmen leiden unter geopolitischen Spannungen und protektionistischen Maßnahmen. Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen durch den Übergang zur Klimaneutralität und veränderte internationale Handelsbeziehungen. Banken sind mit steigenden Kreditrisiken konfrontiert, insbesondere in hoch belasteten Branchen und bei exportorientierten Unternehmen. Aufgrund der anhaltend schwachen Konjunktur sowie schlechten Marktlage erwartet die BaFin einen weiteren Anstieg der NPL-Quoten.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Engmaschige Begleitung von Banken mit hohen Engagements in risikobehafteten Branchen.
  • Beibehaltung des antizyklischen Kapitalpuffers.
  • Durchführung von Sonder- und Werthaltigkeitsprüfungen im Kreditgeschäft.
  • Überwachung der Entwicklung des Private-Debt-Marktes und des Risikomanagements von Versicherern bei alternativen Kapitalanlagen.

 

4. Cyber-Vorfälle mit gravierenden Auswirkungen

Die zunehmende Digitalisierung vergrößert die Angriffsfläche für Cyber-Attacken, die die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems erheblich stören und ggf. zu systemischen Krisen führen können. Staatlich initiierte Angriffe und der Missbrauch von Künstlicher Intelligenz zur Entwicklung neuartiger Schadsoftware sowie zunehmende Fälle von DDoS und Phishing verschärfen die Lage.

Besonders riskant sind Attacken auf kritische IT-Dienstleister, die viele Finanzunternehmen gleichzeitig betreffen könnten. Cyber-Vorfälle können zudem zu schwerwiegenden Liquiditätsabflüssen und Reputationsschäden in Form von Vertrauensverlusten bei Kunden führen.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Aufbau eines umfassenden Cyber-Lagebildes des Finanzsektors u. a. mit Hilfe des neuen DORA-Melde-Hubs.
  • Etablierung eines Cyber-Roundtables für den schnellen Austausch mit Unternehmen.
  • Durchführung von Krisen- und Notfallübungen und Penetrationstests bei Unternehmen.
  • Implementierung des EU-Systemic Cyber Incident Coordination Framework (EU-SCICF).

 

5. Unzureichende Geldwäscheprävention

Das Risiko, dass Finanzinstitute für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht werden, bleibt hoch. Die zunehmende Nutzung von Kryptowährungen und virtuellen IBANs erschwert die Nachvollziehbarkeit von Finanzströmen. Traditionelle Praktiken wie das Hawala-Banking ermöglichen weiterhin die Umgehung regulierter Finanzdienstleister. Die Bedrohung durch Terrorismusfinanzierung hat angesichts globaler Krisenherde ebenfalls zugenommen.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Durchführung von mindestens 75 Sonderprüfungen im Banken- und Nichtbankensektor mit Untersuchung der Höhe des Risikos eines Missbrauchs.
  • Analyse und Überprüfung kritischer Geschäftsmodelle wie Loan Fronting und Bezahlverfahren.
  • Vorbereitung auf das zukünftige Aufsichtsregime der Anti Money Laundering Authority (AMLA) zur Verbesserung der Transaktionsüberwachung und Datenanalyse.

 

6. Konzentrationen bei der Auslagerung von IT-Dienstleistungen

Die Auslagerung kritischer IT-Dienstleistungen an wenige spezialisierte Anbieter erhöht die Verwundbarkeit des Finanzsystems. Ein Ausfall zentraler Dienstleister könnte gravierende Auswirkungen auf viele Finanzinstitute haben. Auch geopolitische Risiken, wie Sanktionen oder politische Unruhen, könnten den Zugang zu IT-Diensten beeinträchtigen. Die enge Verflechtung und Abhängigkeiten zwischen Finanzunternehmen und Mehrmandanten-Dienstleistern birgt zusätzlich das Risiko systemischer Störungen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Erkennung, weiteren Analyse und Beurteilung von Konzentrationsrisiken aus Weiterverlagerungen.

 

Vorgehen der BaFin:

  • Analyse der Auslagerungsverflechtungen und sektorweiten Konzentrationsrisiken auf Basis der Auslagerungsdatenbank und des Informationsregisters zu IKT-Dienstleistern.
  • Nutzung der Auslagerungsdatenbank als Frühwarnsystem.
  • Durchführung gezielter Überwachungsmaßnahmen bei sektorweit tätigen Mehrmandanten-Dienstleistern.
  • Unterstützung durch Informationsregister zur Identifikation von Risiken in der gesamten Wertschöpfungskette.

Neben den dargestellten Risiken geht die BaFin in ihrer Veröffentlichung noch auf die folgenden bedeutenden Trends ein:


1. Digitalisierung

Die fortschreitende digitale Transformation verändert Geschäftsprozesse und eröffnet neue Möglichkeiten, birgt aber gleichzeitig erhebliche Risiken. Finanzinstitute müssen IT-Sicherheitssysteme kontinuierlich verbessern und regulatorische Anforderungen für digitale Finanzdienstleistungen beachten. Die BaFin unterstützt eine sichere Digitalisierung und fordert den Einsatz von modernen Schutzmechanismen gegen Cyber-Angriffe. Zudem sieht die Aufsicht im Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Big Data neue Chancen, warnt jedoch vor Missbrauchspotenzialen. Um diesem entgegenzuwirken, wurde bereits ein FinTech-Dialog eingeführt, um den Umgang mit KI und Maschine Learning (ML) zu analysieren.


2. Nachhaltigkeit

Der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft stellt Finanzinstitute vor immense Herausforderungen. Unternehmen müssen ESG-Kriterien stärker in ihre Risikoanalysen und Anlageentscheidungen integrieren. Die BaFin fördert nachhaltige Finanzpraktiken und achtet auf eine verbesserte Transparenz bei grünen Investments, welche auch im Rahmen der Offenlegungsverordnung vorgeschrieben wird.

Zugleich birgt die Transformation Risiken, etwa durch mögliche Wertverluste fossiler Anlagen oder regulatorische Änderungen, die Investitionsentscheidungen beeinflussen. Ein weiterer Fokus der BaFin liegt auf dem Umgang mit physischen Risiken.


3. Geopolitische Umbrüche

Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Spannungen beeinträchtigen internationale Lieferketten und destabilisieren Märkte. Sie sind daher als Treiber von Kredit- und Liquiditätsrisiken zu betrachten. Die Finanzbranche muss sich auf potenzielle Import- und Exportbeschränkungen sowie wirtschaftliche Sanktionen einstellen. Die enge internationale Verflechtung deutscher Banken und Versicherer erhöht das Risiko von Ansteckungseffekten durch externe Krisen. Zudem rückt das Risiko staatlich initiierter Cyber-Angriffe stärker in den Fokus.

 

Fazit zu den Zielen der Aufsicht

Mit ihrer Veröffentlichung verfolgt die BaFin das Ziel, die Stabilität und Integrität des deutschen Finanzmarktes nachhaltig zu sichern und den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu gewährleisten. Dazu setzt sie auf eine präventive und reaktive Risikobewältigung, die Risiken frühzeitig identifiziert und entschlossen Maßnahmen ergreift.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung eines widerstandsfähigen Finanzmarktes, der zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist. Die BaFin begleitet aktiv die Transformation in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit und trägt zur Umsetzung neuer europäischer regulatorischer Vorgaben bei.

 

PRAXISTIPPS

  • Betrachten Sie konsequent und kontinuierlich die beschriebenen Risiken hinsichtlich der möglichen institutsindividuellen Auswirkungen.
  • Zeigen Sie, dass Sie sich ernsthaft mit diesen Risiken auseinandersetzen und dokumentieren Sie die Ergebnisse Ihrer Analysen mitsamt einer kritischen Würdigung zur Vorlage im Falle einer Prüfung.
  • Berücksichtigen Sie die institutsindividuellen Ergebnisse der Risikoanalysen zudem im Rahmen Ihrer Risikostrategie, Risikoinventur und Risikoberichterstattung.

Beitragsnummer: 22927

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