Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seinem Urteil vom 14.01.2025, XI ZR 35/24, hat der Bundesgerichtshof in Fortführung seiner Entscheidung über Bearbeitungsentgelte für die Herausgabe von Sicherungsgrundschulden im Treuhandwege vom 10.09.2019, XI ZR 7/19 (BKR 2020, 138 m. Anm. Hölldampf; vgl. auch Anm. Freise, EWiR 2020, 99; Samhat, WUB 2020, 91 sowie Edelmann, BB 2019, 2898), entschieden, dass das bei einer Darlehensablösung vom bisherigen, abzulösenden Kreditinstitut in einer Vielzahl von Fällen von dem neuen, ablösenden Kreditinstitut geforderte Entgelt für den mit der Ablösung des Kredits verbundenen Aufwand als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, welche nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt und gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (a. A. noch die Vorinstanzen des AG Ahrensburg, 24.05.2022, 47 C 637/21 sowie LG Lübbeck, 22.02.2024, 14 S 69/22 sowie Haertlein/Stößer, BKR 2024, 668 f.).
In diesem Zusammenhang erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass dann, wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber eine Grundschuld zur Sicherung von dessen Ansprüchen bestellt hat, dem Darlehensnehmer als Sicherungsgeber aus der Sicherungsabrede ein Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels zusteht, wenn der Darlehensgeber die Sicherheit – wie bei einem Ablösevorgang – nicht mehr benötigt, wobei der Darlehnsnehmer in einem solchen Fall frei wählen könne, ob er eine Löschungsbewilligung, eine löschungsfähige Quittung oder die Abtretung der Grundschuld an sich oder einen Dritten wünscht (Rn. 22 u. H. a. BGH, 10.09.2019, XI ZR 7/19, Rn. 23). Werde daher im Zusammenhang mit der Ablösung eines Darlehens zur Übertragung der Sicherheit ein Treuhandauftrag erteilt, so sei dieser, so der BGH weiter, in der Regel lediglich Bestandteil der Erfüllung der Rückgewährpflicht des Darlehensgebers und Sicherungsnehmer und diene damit allein dessen Sicherungsinteressen. Hieran ändere sich nichts dadurch, dass der abzulösende Darlehensgeber in diesem Rahmen zwangsläufig zu dem neuen Darlehensgeber in Kontakt tritt. Im Verhältnis zu diesem erbringe nämlich der bisherige Darlehensgeber seine Tätigkeit lediglich im eigenen Interesse, um seine gegenüber dem Darlehensnehmer bestehende Verpflichtung zu erfüllen (Rn. 22).
Hiervon ausgehend hält der Bundesgerichtshof sodann fest, dass die streitgegenständliche und als Preisnebenabrede zu qualifizierende Klausel unwirksam ist, weil die Erhebung eines Entgelts (auch) im Interbankenverhältnis für die Abwicklung eines Treuhandauftrags zur Ablösung eines grundpfandrechtlich besicherten Darlehen mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und das ablösende Kreditinstitut entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (Rn. 23–26).
Abschließend hält der Bundesgerichtshof sodann fest, dass hinreichende Gründe, welche die indiziert unwirksame Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen lassen könnten, vom ablösenden Kreditinstitut weder dargetan wurden noch als solche ersichtlich sind. Dass sich aus der Übertragung der Sicherheit auf die ablösende Bank zugleich Vorteile für diese und den Darlehensnehmer ergeben, ändere an dieser Beurteilung nichts, da diese Vorteile lediglich die Kehrseite der Erfüllung der Pflicht zur Rückgewähr der Sicherheiten bilden. Auch stelle sich die Klausel nicht deshalb als angemessen dar, weil eine kompensatorische Erhöhung des Darlehenszinses durch den abzulösenden Darlehensgeber Darlehensnehmer belasten könnte, die ihren Kredit ohne Umschuldung über eine andere Bank zurückführen (a. A. Haertlein/Stößer, BKR 2024, 668 f.). Derartige preiskalkulatorische Erwägungen seien, so der Bundesgerichtshof weiter, grundsätzlich ungeeignet, unangemessene Vertragsgestaltungen zu rechtfertigen; dies deshalb, weil Kreditinstitute ihre Angebote zu solchen Bedingungen kalkulieren müssen, die sich mit den Geboten von Treu und Glauben vereinbaren lassen, zumal der umschuldende Darlehensnehmer durch die streitige Entgeltklausel doppelt belastet werden könnte (Rn. 28).
PRAXISTIPP
Mit seiner vorstehenden Entscheidung setzt der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zu Bearbeitungsentgelten im Zusammenhang mit der Ablösung von Darlehen im Treuhandwege konsequent fort und ergänzt seine dahingehende Rechtsprechung dahingehend, dass sich an der Unwirksamkeit des Entgelts nichts dadurch ändert, dass das abzulösende Kreditinstitut das Bearbeitungsentgelt für die Erfüllung des Treuhandauftrages nicht von ihrem Kunden, sondern von der den Kredit ihres Kunden ablösenden Bank verlangt. Denn dass das Bearbeitungsentgelt im Interbankenverkehr erhoben würde, ändere nichts daran, dass die Übertragung der Sicherheit im Treuhandwege lediglich Bestandteil der Erfüllung der Rückgewährpflicht des Darlehensgebers und Sicherungsnehmers ist und allein in dessen eigenem Sicherungsinteressen erfolge, um seine gegenüber seinem Darlehensnehmer bestehende Verpflichtung zur Herausgabe der Sicherheit zu erfüllen.
Beitragsnummer: 22907