Donnerstag, 30. Januar 2025

Unternehmensnachfolge: Frühzeitig aktiv begleiten – Risiken reduzieren

Sparkassen und Banken sollten bei der Finanzierung im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge möglichst frühzeitig wachsam sein

Rechtsanwalt Steffen Schneider, Partner, BBL Brockdorff, Frankfurt am Main, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Maître en droit privé, Mediator


Unternehmensnachfolge ist ein deutsches Thema, vielmehr ein Thema des deutschen Mittelstandes und damit auch ein Thema für die finanzierenden Kreditinstitute, die eine Nachfolge begleiten müssen oder möchten.

Unternehmensnachfolge bezeichnet die Übertragung eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe, häufig an Erben oder andere Mitglieder aus dem Familienkreis. Denkbar sind auch Übertragungen an Dritte (bspw. als MBO), was hier aber nicht betrachtet werden soll. Bis 2027 stehen – je nach Quelle – ca. zwischen 250.000 und 600.000 Unternehmen für eine Nachfolge an.

Mit einer solchen Übertragung steht eine vorhandene oder zukünftige Finanzierung unter völlig neuen Vorzeichen. Denn mit neuen Inhabern ändern sich beim Kreditkunden Firmenkultur und das Verhältnis nach außen zu allen Geschäftspartnern. Dies hängt allerdings nicht nur daran, dass andere, „neue“ Menschen im Spiel sind, sondern zumeist auch an einer neuen zukünftigen Struktur (Gesellschafter, Beteiligungen etc.).

Kritischer Blick auf den Status quo der vorhandenen Finanzierung

Bei vorhandenen Kredit-Engagements bedarf es häufig aber zunächst eines neuen kritischen Blicks auf den Status quo der Finanzierung. Denn regelmäßig schlummern in den Marktabteilungen der Kreditinstitute Finanzierungssituationen, die im Vertrauen auf den ursprünglichen Inhaber und die eingespielten Kontroll-Mechanismen stabil wirken. Die Basis solcher Finanzierungen sind häufig aber tradierte Geschäftsbeziehungen zwischen Kunden und Kreditinstitut, basierend auf einem tradierten Geschäftsmodell aufseiten des Kunden, welches möglicherweise nicht mehr aktuellen Anforderungen entspricht.

Dieser neue kritische Blick ist sinnvoll, unabhängig von der Nachfolgesituation, mindestens aber in Vorbereitung auf die Betrachtung einer zukünftigen Struktur.

Genauer Blick auf die zukünftige Struktur

Die zukünftige Struktur sollte bei einer Unternehmensnachfolge im Erbenkreis seitens der Marktabteilungen bei den Kreditinstituten genauer betrachtet werden. Denn es geht dabei nicht allein um die reine Übertragung von Anteilen oder Vermögensgegenständen auf die zukünftigen Inhaber, wie sie sich einfach auf dem Papier darstellen lässt. Unternehmerfamilien in einer Nachfolgesituation müssen sich unterschiedlichen Herausforderungen stellen, die jede für sich zum Gelingen oder Scheitern einer erfolgreichen Übertragung führen können.

Herausforderungen für die Unternehmerfamilie bei Erbschaft

Zu diesen Herausforderungen gehören erbrechtliche Fragen und Fragen nach einer (Re)Strukturierung (Gesellschafter, Beteiligungen), der steuerrechtlichen Gestaltung, der Konfliktbewältigung und der Finanzierung. Idealerweise gibt es für die relevanten Themenbereiche aus dem vorgenannten Katalog ein Konzept, was zu einem Gesamtkonzept zusammenfließt.

Allerdings sind schon erbrechtliche Fragen häufig von den ursprünglichen Inhabern nur unzureichend geregelt und werden erst nach deren Ableben geklärt.

Eine Übertragung führt regelmäßig zu einer neuen Gesellschafter-, bei Unternehmensgruppen zu einer Analyse der Beteiligungsstruktur und es bedarf daher eines (Re)Strukturierungskonzeptes. Denn die vorhandenen Gesellschafter- und Beteiligungsstrukturen sind nicht selten Ergebnis eines ungeordneten Wachstums. Eine grundsätzliche Bereinigung solcher Strukturen durch Teil-Veräußerungen, Teil-Liquidationen oder schlimmstenfalls Teil-Insolvenzen, aber auch durch Zukäufe kann dabei sehr sinnvoll sein.

Mit alldem gehen natürlich steuerrechtliche Fragen einher und es bedarf einer Beurteilung aller (!) relevanten Themenbereiche und der wirtschaftlichen Auswirkungen aus Steuerpflichten.

Schließlich führt Unternehmensnachfolge/Übertragung nicht selten zu persönlichen Auseinandersetzungen im Familienkreis und es bedarf einer Konfliktbewältigung oder Mediation, um zu einer gemeinsamen Linie zu gelangen. Neben der Verteilungsgerechtigkeit stellt sich dabei auch die Frage nach der Eignung einzelner Familienmitglieder für zukünftige Posten oder Beteiligungen.

Zur Bewältigung (manchmal auch nur einzelner) der vorgenannten Themenbereiche sollten sich Unternehmerfamilien rechtzeitig fachkundigen Rat suchen. Denn eine Klärung erst nach Ableben des ursprünglichen Inhabers und ohne Beratung ist immer schmerzhafter, sowohl im persönlichen als auch im finanziellen Kontext.

Finanzierung und Unternehmensnachfolge/Herausforderungen für Kreditinstitute

Mit Blick auf bestehende oder zukünftige Finanzierungen haben Kreditinstitute naturgemäß großes Interesse daran, rechtzeitig Kenntnis von einer Unternehmensnachfolge zu erlangen, auch wenn sie keinen Anspruch auf das „gesamte Bild“, also auf alle Details haben. Allerdings können sie schon nach einem Gesamtkonzept fragen, welches die Themen plausibel zusammenfasst, falls ein solches vorhanden ist.  

Falls Mitarbeiter von Kreditinstituten erkennen, dass eine Unternehmensnachfolge ansteht, sie wissen oder vermuten, dass die vorgenannten Themenbereiche nicht in Angriff genommen werden und es Grund zur Sorge bezüglich des aktuellen Kredit-Engagements gibt, sollten sie darauf hinwirken, dass sich die Unternehmerfamilien fachkundigen Rat einholen. In diesem Zusammenhang macht das Führen einer Liste mit potenziellen Ansprechpartnern aus dem Beraterkreis (Erbrechtler, Restrukturierer, Steuerberater, Mediatoren) großen Sinn.

Es ist außerdem in Ordnung, Anforderungen (Rahmenbedingungen) an die Gestaltung der Übergabe im Rahmen einer Weiterfinanzierung oder einer Neufinanzierung zu stellen, die über ein einfaches Vermögensverzeichnis hinausgeht. Denn Ziel von Kreditinstituten muss eine stabile und handlungsfähige Struktur beim Kreditkunden sein.

 

PRAXISTIPPS

Im Falle einer aktuellen oder zukünftigen Unternehmensnachfolge, ist es sinnvoll,

  • ein besonderes Augenmerk auf die aktuelle Finanzierung zu legen,
  • wenn möglich, frühzeitig Anforderungen (Rahmenbedingungen) an die Gestaltung der Nachfolge zu stellen,
  • sich Nachfolgekonzepte vorlegen zu lassen oder solche anzustoßen und
  • diese Nachfolgekonzepte mit Blick auf ein stabiles Kredit-Engagement zu prüfen.

Beitragsnummer: 22886

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