Dienstag, 28. Januar 2025

Der Single Officer

Aufgaben und Befugnisse des Single Officers

Lukas Zimpfer, Verbandsprüfer, Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e.V.

 

Die Rolle des Single Officers ist auf gesetzgeberischer Ebene insbesondere im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und in der DelVO (EU) 2017/565 (MiFID II) geregelt. Rechtscharakter entfalten überdies die Mindestanforderungen an die ordnungsgemäße Erbringung des Depotgeschäfts und der Schutz von Kundenfinanzinstrumenten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaDepot). Diese Rechtsvorschriften definieren präzise die Aufgaben, Befugnisse und Anforderungen eines Single Officers. In diesem Beitrag werden die relevanten Aspekte dieser Vorschriften erläutert, um einen Überblick über die Rolle des Single Officers zu geben.

Bei den MaDepot handelt es sich rein um Aufsichtsrecht, die ausdrücklich nicht die zivilrechtlichen Bestimmungen des Depotgesetzes (DepotG) auslegen. Sie sollen ferner die Verwaltungspraxis der BaFin zu ausgewählten Fragen wiedergeben. Die am 16.08.2019 veröffentlichten MaDepot lösten die Depotbekanntmachungen aus dem Jahre 1998 ab. Die Anforderungen der MaDepot lassen sich in 3 Kapitel unterscheiden:

  1. Organisationspflichten (Nr. 2 MaDepot)
    Die allgemeinen Vorkehrungen zum Schutz von Kundenvermögen (Nr. 2.1 MaDepot) enthalten insbesondere die Erfordernis in Bezug auf die Bestellung eines Single Officers. Darüber hinaus macht Nr. 2.2 MaDepot Vorgaben zur Drittverwahrung, wenn eine eigene direkte Verwahrbeziehung in das Ausland unterhalten wird. Sofern keine eigene direkte Verwahrbeziehung in das Ausland besteht, ergibt sich nur bei sich aufdrängenden Hinweisen auf Probleme in der Verwahrkette Handlungsbedarf.
    Zu den Organisationspflichten zählen ferner die Vorgaben zur Depotbuchführung (2.3 MaDepot) und zu Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung (2.4 MaDepot). Dabei ist zu beachten, dass die Sicherungsübereignungen von Wertpapieren von Privatkunden verboten ist, was allerdings bereits vor Inkrafttreten der MaDepot verboten war. Die Sicherungsübereignung von Wertpapieren von professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Hierzu muss die Angemessenheit anhand der drei Kriterien des § 10 Abs. 8 WpDVerOV überprüft und dokumentiert werden. Klarstellend sei erwähnt, dass die Verpfändung von Wertpapierdepots auch von Privatkunden möglich und in der Praxis auch üblich ist.

    Die Anforderungen aus den Organisationspflichten reduzieren sich häufig auf die Notwendigkeit der Bestellung des Single Officers und dessen Aufgabenwahrnehmung, da entweder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst keine direkte Verwahrbeziehung in das Ausland unterhält und/oder die Depotbuchführung ausgelagert hat. Ein typisches Auslagerungsunternehmen ist dabei die dwpbank, die rund 2/3 der in Deutschland ansässigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Wertpapierdienstleistungen versorgt. Eine Auslagerung zieht allerdings die Pflichten zur ordnungsgemäßen Überwachung der Auslagerung nach sich.
    Bei Zweigniederlassungen ist entsprechend Nr. 1.5 MaDepot zu berücksichtigen, dass die Organisationspflichten sich nach den Regelungen des Herkunftsmitgliedsstaates (vgl. auch Art. 35 Abs. 8 DelVO (EU) 2017/565) bestimmen. Die Verhaltens- sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bestimmen sich dagegen zwingend nach den Regelungen der MaDepot.
     
  2. Verhaltenspflichten (Nr. 3 MaDepot)
    Die Verhaltenspflichten finden sich insbesondere in den Informations- und Verwaltungspflichten (Nr. 3.1 MaDepot) wieder. Ihnen kann auch in standardisierter Form gerecht werden. Üblicherweise sind die Informationspflichten in standardisierter Form in den bestehenden Kundeninformationen, AGB und Sonderbedingungen enthalten. Die Verhaltenspflichten erstrecken sich auch auf die Anforderung der Unterlassung unberechtigter Verfügungen (Nr. 3.2 MaDepot).
     
  3. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (Nr. 4 MaDepot)
    In Bezug auf die Aufzeichnungspflichten gelten die allgemeinen Vorgaben (redlich, eindeutig, nicht irreführend). Der Umfang der Anforderungen findet sich in Anhang I zur DelVO (EU) 2017/565) wieder.

Darüber hinaus enthalten die MaDepot Regelungen, die an Wertpapierdienstleistungsunternehmen gerichtet sind, die das Verwahrstellengeschäft nach Kapitel 1 Abschnitt 3 KAGB betreiben.


Der Beauftragte gem. § 81 Abs. 5 WpHG (Single Officer)

Entsprechend § 81 Abs. 5 WpHG hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen Beauftragten, nämlich den Single Officer, zu ernennen, der die Verantwortung dafür trägt, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Verpflichtungen in Bezug auf den Schutz von Finanzinstrumenten und Geldern von Kunden einhält. Der Beauftragte kann daneben auch weitere Aufgaben wahrnehmen, bspw. die des Compliance-Beauftragten nach WpHG, da sich organisatorische Merkmale (Stellung innerhalb des Unternehmens, Weisungs- und Zutrittsbefugnisse, Berichterstattungspflichten, Notwendigkeit einer Risikoanalyse und eines daraus abgeleiteten Überwachungsplanes) zumindest ähneln; häufig sogar überschneiden. Ein Single Officer ist auch dann zu benennen, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst keine Depots führt. Die Person, die mit den Aufgaben des Single Officers betraut ist, sollte entsprechend Erwägungsgrund 5 der DelRL 2017/593 ausreichend befähigt und befugt sein, um die Pflichten wirksam und ohne Einschränkung erfüllen zu können, einschließlich der Pflicht, der Geschäftsleitung über die Wirksamkeit der Einhaltung der Anforderungen für den Schutz der Vermögenswerte von Kunden Bericht zu erstatten. Neben einer ausreichenden fachlichen Qualifikation sollte der Single Officer über eine unabhängige Stellung und Autorität mit entsprechenden Durchgriffsrechten verfügen.

Die Anforderungen der Nr. 2.1.5.2 MaDepot zur Aufgabenwahrnehmung des Single Officers erinnern stark an die des Compliance-Beauftragten nach WpHG. Basierend auf seiner Risikoanalyse stellt der Single Officer seinen Überwachungsplan für die kommende Überwachungsperiode (i. d. R. Kalenderjahr) mit der entsprechenden Prüfungsplanung auf. Die durch die ständige Überwachung auf der Grundlage der Risikoanalyse und der regelmäßigen Bewertung der organisatorischen Vorkehrungen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum Schutz von Kundenfinanzinstrumenten gewonnenen Erkenntnisse münden letztlich in der mindestens einmal jährlichen Berichterstattung an die Geschäftsleitung sowie bei Feststellung erheblicher Risiken in einer Ad-hoc-Berichterstattung an die Geschäftsleitung.

Weitere Aufgaben bestehen in der Beratung und Unterstützung der für die betroffenen Wertpapierdienstleistungen zuständigen Personen im Hinblick auf die Einhaltung der bestehenden Pflichten. Diese sind zwar nicht eindeutig definiert, in Anlehnung an BT 1.2.3 MaComp (Beratungsaufgaben der Compliance-Funktion) kann jedoch abgeleitet werden, dass die Unterstützung bei Mitarbeiterschulungen, die Betreuung von Mitarbeitern und die Mitwirkung bei der Erstellung neuer Grundsätze und Verfahren innerhalb des Wertpapierdienstleistungsunternehmens unter die Beratungsaufgaben des Single Officers fallen. Schulungen müssen in regelmäßigen Abständen und erforderlichenfalls anlassbezogen durchgeführt werden (z. B. bei gesetzlichen Neuerungen oder Organisationsänderungen). Selbstredend ist die Unterstützung der operativen Bereiche im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.  

 

PRAXISTIPPS

  • Sofern die Aufgaben des Single Officers in Personalunion mit den Aufgaben des Compliance-Beauftragten nach WpHG ausgeübt werden, empfiehlt es sich, im Rahmen der für beide Tätigkeiten erstellten Unterlagen (Risikoanalyse, Überwachungsplan, Jahresbericht) die Teile des Single Officers eindeutig kenntlich zu machen
  • Bei Auslagerung wesentlicher Teile der Depotbuchführung kommt der Sichtung, Analyse und Dokumentation der wesentlichen Ergebnisse der Prüfungsberichte des Auslagerungsunternehmens eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist besonders bei Feststellungen nachvollziehbar zu beurteilen, ob die im Prüfungsbericht getroffenen Feststellungen eine durchschlagende Wirkung auf die vom eigenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen auslagerten Aktivitäten und Prozesse haben.

 


Beitragsnummer: 22882

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Arbeitsbuch Prüfung Beauftragtenwesen 2. Auflage

89,00 € inkl. 7 %

Produkticon
Single Officer als (interner) Kundenanwalt? Die MaDepot in der Praxis

469,00 € exkl. 19 %

10.03.2025

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Verwahrentgelte auf Girokonten sind zulässig

Der BGH hat in seinen Entscheidungen vom 04.02.2025 die grundsätzliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Verwahrentgelten bei Girokonten bestätigt.

18.02.2025

Beitragsicon
OLG Frankfurt macht Weg frei für Cum-Cum-Strafprozesse

Beschluss mit Signalwirkung: Strafrechtliche Aufarbeitung milliardenschwerer Steuervermeidungsmodelle rückt in den Fokus!

07.04.2025

Beitragsicon
DORA – Informationsregister richtig befüllen

Für die Etablierung und Sicherstellung einer digitalen operationalen Resilienz hat der europäi-sche Gesetzgeber in Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 1 DORA eine Verp

03.04.2025

Beitragsicon
Künstliche Intelligenz in der Bank: Effizienz und Innovation vereint

Wie KI-Prozesse den Bankenalltag verändern und neue Möglichkeiten für Mitarbeitende und Kunden schaffen

24.04.2025

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit dem Tool Matomo aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Matomo.