Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner Entscheidung vom 02.01.2025, 2-10 O 188/24, in welchem es um die Rückzahlung einer im August 2019 gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung ging, hat das Landgericht Frankfurt die Klage mit der Begründung abgewiesen, etwaige bestehende Ansprüche seien zwischenzeitlich aufgrund der eingreifenden kenntnisunabhängigen Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt. Dies deshalb, weil dem Beklagten bereits im Jahr 2019 bekannt gewesen sei, dass er sein Darlehen vorzeitig ablöst und hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss und gezahlt hat. Nicht erforderlich sei wiederum in der Regel, dass der Beklagte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise könne die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen würde es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlen. Ein solcher Ausnahmefall sei wiederum im betroffenen konkreten Fall nicht gegeben.
An dieser Rechtsprechung vermögen, so das LG Frankfurt weiter, anderslautende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, nach welchen auf die Rechtskenntnis des Verbrauchers abzustellen ist, nichts zu ändern. Denn entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, BeckRS 2024, 16020 Rn. 47, sei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass es für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs nicht nur, wie es im Wortlaut der Vorschrift unmissverständlich zum Ausdruck kommt, auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den Anspruch begründenden Umständen, sondern auch auf die rechtliche Würdigung des Anspruchsinhabers von dem Sachverhalt, mithin von den tatsächlichen Umständen, ankommt. Denn eine solche richtlinienkonforme Auslegung würde dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen.
PRAXISTIPP
Mit vorstehender Entscheidung hat das Landgericht Frankfurt am Main die vom Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 09.07.2024 vertretene Auffassung nochmals bestätigt, wonach eine richtlinienkonforme Auslegung der deutschen verjährungsrechtlichen Vorschrift des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht in Betracht kommt (so bereits Edelmann/Schultheiß/Weil, BB 2022, 1548; so auch Piekenbrock, WM 2024, 1101, 1103 sowie Fademrecht, WM 2024, 1107, 1114).
Beitragsnummer: 22873