Freitag, 17. Januar 2025

Die zunehmende Regulierungsdichte und ihre strategischen Chancen

Zwischen Regeln und Chancen: Wie Unternehmen Regulierungsdichte nutzen, um Vertrauen, Qualität und Innovation voranzutreiben

Christin Sauer, Leiterin Kompetenzcenter Strategie und Gremien, Sparkasse Südpfalz

 

Die zunehmende Regulierungsdichte und die damit verbundenen bürokratischen Anforderungen stellen Unternehmen zweifellos vor erhebliche Herausforderungen. Gleichzeitig bietet die Regulatorik eine Reihe von Vorteilen, die oft übersehen werden und strategisch genutzt werden können.

Ein markantes Beispiel für die Bedeutung der Regulierung in der Kreditwirtschaft zeigt die folgende Grafik: Im Jahr 2009 sind 59 neue Rechtsnormen in Kraft getreten. Bis 2019 wuchs diese Zahl auf insgesamt 3.136 an. Allein in den Jahren 2019 bis 2023 erhöhte sich die Anzahl um weitere 1.814. Damit sind zwischen 2009 und 2023 insgesamt 4.950 neue Rechtsnormen für die Kreditwirtschaft eingeführt worden. Dieser Trend verdeutlicht nicht nur die wachsende Komplexität, sondern auch die Chancen, die einen klaren rechtlichen Rahmen bieten.

 

 

Die Vorteile von Regulatorik: Mehr als nur Belastung

  1. Vertrauensbildung:
    Strenge regulatorische Anforderungen fördern Transparenz und stärken das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern. Ein rechtssicheres Unternehmen gilt als verlässlich und professionell.
  2. Qualitätsstandards:
    Regulierungen setzen verbindliche Standards, die Prozesse vereinheitlichen und gleichbleibende Qualität gewährleisten.
  3. Risikominimierung:
    Vorgaben helfen, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, wodurch Unternehmen und Kunden geschützt werden.
  4. Marktvorteil durch Eintrittsbarrieren:
    Der hohe Regulierungsgrad stellt eine Markteintrittsbarriere dar, die etablierte Unternehmen vor neuen Wettbewerbern schützt.
  5. Innovationsförderung:
    Klare Rahmenbedingungen motivieren Unternehmen, regulatorische Anforderungen kreativ zu erfüllen und Wettbewerbsvorteile zu nutzen.
  6. Nachhaltigkeit:
    ESG-Vorgaben treiben nachhaltiges Handeln voran und stärken die Position zukunftsorientierter Unternehmen.[1]

 

Kundenzufriedenheit und Regulatorik: Kein Widerspruch

Die Kundenzentrierung bleibt ein zentrales Ziel und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen stehen diesem Anspruch keineswegs entgegen. Im Gegenteil: Regulatorik und Kundenzufriedenheit können sich ergänzen, wenn die Compliance als strategisches Werkzeug verstanden wird.

Z. B. können Richtlinien zur Produkthaftung und Qualitätssicherung eine bedeutende Rolle spielen. Diese Vorgaben gewährleisten, dass Produkte und Dienstleistungen höchsten Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen. Unternehmen, die diese Standards konsequent umsetzen, schaffen nicht nur Vertrauen bei ihren Kunden, sondern reduzieren auch Risiken und Reklamationen. Der proaktive Umgang mit solchen Anforderungen zeigt, wie Regulatorik direkt zu einem positiven Kundenerlebnis beitragen kann.

Dieser Ansatz wird mit der neuen Strategie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) für die Sparkassen in Deutschland zusätzlich unterstrichen. In ihrem strategischen Dreiklang setzt sie den Fokus auf Kundenzufriedenheit als eine Dimension zur Erreichung der mittelfristigen Unternehmensziele.[2]


Anwendung des 2-Schritt-Modells in der Sparkasse Südpfalz

Um den Herausforderungen zwischen regulatorischer Compliance und Kundenzentrierung gerecht zu werden, wendet die Sparkasse Südpfalz ein strukturiertes 2-Schritt-Modell an:

  1. Umsetzung des Soll-Soll
    Im ersten Schritt erfolgt die Integration der aufsichtsrechtlichen Anforderungen in die schriftlich fixierten Ordnungen des Instituts. Diese Dokumente dienen als verbindliche Grundlage für alle weiteren Maßnahmen und gewährleisten die formelle Erfüllung der regulatorischen Vorgaben.

  2. Umsetzung des Soll-Ist
    Im zweiten Schritt wird die praktische Umsetzung der festgelegten Regelwerke vorangetrieben. Dies umfasst die Gestaltung und Optimierung von Prozessen und Kundeninteraktionen, sodass diese sowohl den regulatorischen Anforderungen als auch den Erwartungen der Kunden gerecht werden.

Dieses Modell hat sich als wirkungsvoll erwiesen, erfordert jedoch einen erheblichen Einsatz an Ressourcen, Ausdauer und finanziellen Mitteln. Trotz dieser Belastungen ist es gelungen, die notwendige Flexibilität und Agilität aufrechtzuerhalten. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion auf neue Kundenanforderungen und trägt dazu bei, die Marktposition der Sparkasse Südpfalz als relevanter und verlässlicher Partner zu sichern.

 

Herausforderungen für Kunden und Mitarbeitende

Der zunehmende Fokus auf regulatorische Vorgaben verändert die traditionelle Kunden-Berater-Beziehung und fordert Anpassungen. Regulatorische Anforderungen sind kein isolierter Faktor, sondern integraler Bestandteil des unternehmerischen Handelns.

Eine klare Kommunikation und transparente Umsetzung dieser Anforderungen stärken das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitenden. Wenn Regulierungen als Chance genutzt werden, können Prozesse effizienter gestaltet und höchste Standards gewährleistet werden, die letztlich die Kundenbeziehung festigen.


Best Practices für die Zukunft

Zur weiteren Optimierung und Etablierung des 2-Schritt-Modells in der Praxis bieten sich die folgenden bewährten Ansätze an:

  • Projektorientierte Zusammenarbeit
    Die enge Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden aus den Bereichen Markt, Stab und Marktfolge in interdisziplinären Projekten fördert das Verständnis für die jeweiligen Perspektiven und trägt zur Entwicklung effizienter und praxisnaher Lösungen bei.
  • Regulierung als zentrale Basis
    Es ist entscheidend, dass alle Mitarbeitenden die regulatorischen Anforderungen als Kernbestandteil des unternehmerischen Handelns verstehen. Sie sollten nicht mehr als Randthema wahrgenommen werden, sondern als fundamentale Grundlage sämtlicher Prozesse und Entscheidungen. Dieses Bewusstsein lässt sich durch gezielte Schulungen und kontinuierliche Kommunikation stärken.
  • Kundentransparenz und Einbindung
    Die aktive Einbindung der Kunden in die Auseinandersetzung mit regulatorischen Anforderungen ist entscheidend für den Vertrauensaufbau. Transparenz über die bestehenden Vorgaben und deren Notwendigkeit schafft Verständnis und stärkt die Kundenbeziehung. Eine strukturierte und individuelle Begleitung entlang der regulatorischen Anforderungen gewährleistet, dass die spezifischen Bedürfnisse der Kunden berücksichtigt werden.

Durch die konsequente Anwendung dieser Best Practices kann die Sparkasse Südpfalz nicht nur die Effizienz interner Prozesse steigern, sondern auch ihre Position als verlässlicher und zukunftsorientierter Partner stärken.


Fazit: Eine Frage der Perspektive

Die Herausforderung liegt darin, das Spannungsfeld zwischen Regulatorik und Kundenzentrierung als Chance zu begreifen. Unternehmen, die diese Balance strategisch meistern, können sowohl den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden als auch die Bedürfnisse ihrer Kunden in den Mittelpunkt stellen – und sich so nachhaltig im Wettbewerb behaupten. Dies ist eine Aufgabe, die die Sparkasse Südpfalz mit Engagement und Weitsicht bereits angegangen ist und weiterhin verfolgen wird.

 


Beitragsnummer: 22865

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