
Interview mit Tamara Buch, Dipl. Bankbetriebswirtin FS, Referentin Compliance WpHG, Beauftragtenwesen, Sparkasse Oberhessen
Heidi Bois: Als ich dich um ein Interview gebeten habe, was ging dir dabei durch den Kopf?
Tamara Buch: Als du mich gefragt hast, ob ich einen kleinen Bericht über mich verfasse, um andere Frauen zu motivieren oder zu inspirieren, habe ich erst einmal gestutzt. Ich bin keine Vorständin, keine Abteilungsleiterin und keine Teamleiterin. In der letzten Ausgabe der Banken-Times FCH BankHer habe ich ganz viele weibliche Namen gelesen – von Frauen, die es bereits geschafft haben, an die Spitze zu gelangen. Ich freue mich sehr für sie. Obwohl es doch schade ist, dass Frauen noch immer nicht flächendeckend in der Gesellschaft bzw. im beruflichen Umfeld als das gesehen werden, was sie sind: Fantastisch. Und geborene Führungskräfte.
Heidi Bois: Du hast erwähnt, dass Frauen oft unterschätzt werden. Welche besonderen Stärken siehst du bei Frauen – im Beruf und im Alltag?
Tamara Buch: Es reicht ein Blick ins Privatleben. Frauen bringen einfach alles unter einen Hut. Sie sind Mamas, Köchinnen, Taxifahrerinnen, Krankenschwestern, Gärtnerinnen, Putzfrauen, Animateurinnen, Alltags-, Urlaubs- und Lebensplanerinnen – und im beruflichen Kontext eigentlich genauso gut. Eigentlich, weil es für Frauen schwerer ist – sie müssen härter sein als Männer, stärker, mehr leisten, sich mehr beweisen, um aufzufallen, oder?
Heidi Bois: Erzähle uns, wie deine ersten Jahre im Berufsleben waren und wie hat sich dein beruflicher Weg entwickelt?
Tamara Buch: Ich habe in den 90ern bei einer Frankfurter Großbank meinen beruflichen Weg begonnen. Fortgesetzt habe ich ihn in einer Investmentgesellschaft und hatte große Ziele. Diese änderten sich schlagartig, als ich meinen damaligen Mann kennenlernte, mit dem ich drei Kinder bekommen habe. Und wie das Leben manchmal so spielt, habe ich aufgrund mehrerer Schicksalsschläge meinen beruflichen Werdegang fast 14 Jahre nicht mehr verfolgen können.
Heidi Bois: Wie war der Wiedereinstieg in den Beruf nach dieser langen Pause?
Tamara Buch: Frisch getrennt mit drei relativ kleinen Kindern und einem Hund hat mich mein jetziger Arbeitgeber mit offenen Armen empfangen und mir den Neustart einfach gemacht. Dafür bin ich immer noch sehr dankbar.
Heidi Bois: Trotz Teilzeitarbeit hast du umfangreiche Weiterbildungen wie den Bankbetriebswirt und den diplomierten Bankbetriebswirt absolviert. Was hat dich angetrieben?
Tamara Buch: Nach zwei Jahren in der gleichen Abteilung habe ich das Gespräch mit meinem Vorgesetzten gesucht und ihm mitgeteilt, dass ich „mehr“ möchte. Dieses „mehr“ gipfelte dann in den darauffolgenden Jahren in der Individualkundenberatung, noch immer in Teilzeit. Parallel dazu habe ich erst den Bankbetriebswirt und dann den diplomierten Bankbetriebswirt an der Frankfurt School of Finance and Management absolviert, selbst bezahlt und die großen Ziele aus den 90ern wieder ins Visier genommen. Hier entstand auch passend zu o. e. Satz der Gedanke, wieviel Wissen es auf der Welt gibt und wie wenig ich davon bisher weiß.
Heidi Bois: Wie ging es weiter, warum hast du dich für Compliance entschieden?
Tamara Buch: Nach einiger Zeit kam wieder der Wunsch nach „mehr“ auf – mein Weg führte mich aus verschiedenen Gründen nicht in Richtung Führung, sondern ins Compliance WpHG, nun in Vollzeit. Ich mochte schon immer Dinge lernen, die nicht jeder kann oder jeder weiß – in diesen Bereichen jenseits der Komfortzone suche ich meinen USP. Hier fordere ich mich genauso wie im Sport. Daran wachse ich, auch und vor allem, weil es bei Wind und Sturm manchmal wirklich nicht gemütlich ist.
Heidi Bois: Was begeistert dich besonders an deiner aktuellen Rolle?
Tamara Buch: Es sind Schlüsselpositionen, die mich interessieren, tiefes Wissen, das „große Ganze“, wie die Fäden zusammenlaufen, die Gestaltung der Zukunft mit wunderbaren Menschen – Frauen und Männern.
Heidi Bois: Du hast eine starke Vision von Gleichberechtigung. Was bedeutet das für dich, und wie können wir dieses Ziel erreichen?
Tamara Buch: Meine Vision ist eine selbstverständliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Ich wünsche mir, dass alte Denkstrukturen abgelegt werden, die seit jeher in uns schlummern. Und um dahin zu kommen, brauchen wir Wissen – und Selbstreflexion.
Heidi Bois: Was hat dich an unserer Initiative FCH BankHer besonders angesprochen?
Tamara Buch: Ich freue mich, dass du mich auf das Netzwerk aufmerksam gemacht hast und auf inspirierende Beiträge beeindruckender Frauen aus eurem Netzwerk.
Heidi Bois: Welchen Rat möchtest du anderen Frauen mitgeben, die in der Finanzwelt ihren Weg gehen wollen?
Tamara Buch: Bleibt neugierig, fordert euch selbst heraus und nutzt Netzwerke. Unsere Stärken liegen in unserem Wissen, unserer Beharrlichkeit und unserem Mut, Neues auszuprobieren – auch wenn es nicht immer einfach ist!
Beitragsnummer: 22864