Montag, 13. Januar 2025

Restructuring Support Agreements: Neues „Tool” in der Restrukturierung

Im Corporate Finance-Bereich seit längerem im Einsatz, gewinnen Restructuring Support Agreements auch bei der Restrukturierung an Bedeutung. Damit sind Chancen verbunden

Dirk Wolff-Simon, Wirtschaftsmediator (BMWA®/QVM®), Sanierungsberater und Management-Coach


Neben vielen kleineren Restrukturierungen unter dem StaRUG rücken inzwischen auch größervolumige und komplexe Restrukturierungen in den Medienfokus. Solche Verfahren stellen die Verfahrensbeteiligten mitunter vor große organisatorische Herausforderungen. Im angelsächsischen Raum bestehen durch die Chapter 11-Verfahren bereits langjährige Erfahrungen mit der organisatorischen Strukturierung solcher Verfahren durch sogenannte Restructuring Support Agreements (RSA). In der Fachliteratur sind diese auch unter dem Synonym Plan Support Agreement, Side-Agreement, Voting-Agreement oder Lock-up Agreement bekannt. Fachexperten aus den Corporate Finance- oder Investment Banking-Bereichen großer Banken sind solche Vereinbarungen bereits aus dem M&A-Geschäft geläufig.

Mit Blick auf die Zusammensetzung des Fremdkapitals geben häufig einige wenige Hauptgläubiger (sogenannte „Schlüsselgläubiger“ oder „Senior-Gläubiger“) den Ton an, die im Restrukturierungsprozesses die Machtkonstellation zwischen großen und kleineren Gläubigern bestimmen. Angesichts des Faktors „Zeit“ stellt bspw. ein Lock-up-Agreement eine Art „Term sheet“ dar, das – mittels vorteilhafter Zusicherungen für die Gläubiger – einen zügigen und geordneten Restrukturierungserfolg garantieren soll.  

Durch diese Vereinbarung sind die Gläubiger am weiteren Verfahrensablauf gebunden und können sich nur unter Pönalen diesem Prozess entziehen, falls sie ihre Stimme ändern oder einen anderen Plan unterstützen. Um die koordinierenden Schlüsselgläubiger mit der notwendigen Kompetenz auszustatten, werden in den RSA bestimmte Klauseln aufgenommen, um bereits zu einem frühen Zeitpunkt den Restrukturierungsprozess zu ordnen. So werden Gläubiger bei einem Lock-up Agreement mit sogenannten Deathtrap-Klauseln durch eine Art Bonus davon überzeugt, dem Restrukturierungsplan frühzeitig beizutreten.

Im weiteren Ablauf des Verfahrens wird der ausgearbeitete Plan den bisher unbeteiligten Gläubigern zum Beitritt angeboten. Die Gläubiger haben sodann die Möglichkeit, sich diesem anzuschließen und sich per Stimmbindung für das anschließende Restrukturierungsverfahren zu unterwerfen. Hier erhalten auch diese Gläubiger finanzielle Anreize in Form von Beitrittsprämien (signing fee), Gebühren oder vorteilhaften Plangestaltungen; u. a. auch die Möglichkeit, sich durch Überbrückungskredite an der Restrukturierung zu beteiligen. Die Anreize sind in der Regel umso höher, je früher die Parteien dem RSA beitreten. Wer sich – aus welchen Gründen auch immer – dem RSA verweigert, geht häufig leer aus. Solche hurry-up-tactics werden genutzt, damit die übergangenen Gläubiger möglichst zeitnah dem RSA beitreten.

Bei aller Kritik gegen solche Verpflichtungsvereinbarungen sollte nicht übersehen werden, dass eine auskömmliche Besicherungsbasis sehr schnell erodieren kann, wenn der angestrebte Restrukturierungserfolg durch den Widerstand bestimmter Gläubigergruppen ad absurdum geführt wird. Auch sollte nicht übersehen werden, dass Schlüsselgläubiger i. d. R. ein Interesse an der Fortführung langfristiger Geschäftsbeziehungen haben. Dabei spielt auch der bereits erwähnte zeitliche Aspekt eine große Rolle. Eine Lock-up-Vereinbarung schafft hier frühzeitig Klarheit in den prozessualen Abläufen, setzt einen engen Zeitplan und signalisiert dem Markt, bspw. durch eine integrierte Zwischenfinanzierung („Bridge Financing“), dass das Unternehmen restrukturierungsfähig ist und das Verfahren vermutlich Erfolg haben wird.

Ein weiterer Grund für den immer häufigeren Einsatz von RSA liegt auch darin, dass mit zunehmender Häufigkeit notleidende Forderungen gehandelt werden und ihre Inhaber vor einer Restrukturierung oftmals mehrmals wechseln. Zu den potentiellen Käufern notleidender Forderungen zählen Finanzinvestoren und Hedgefonds, die mit dem Erwerb verschiedenste Ziele im Rahmen ihres Eigeninteresses verfolgen. Mögliche Blockadepositionen oder Spekulationsimpulse können hierbei dazu führen, dass der angestrebte Restrukturierungserfolg signifikant gefährdet wird. Das RSA bietet dem Management hingegen die notwendige Planungssicherheit und den erforderlichen Planungshorizont. Ein RSA stellt daher ein wichtiges taktisches Instrument für das Management dar, um aggressiven Finanzinvestoren und Hedgefonds entgegenzutreten.

 

PRAXISTIPPS

  • Prüfen Sie den Inhalt des Restructuring Support Agreement sehr genau – vergleichen Sie die Chancen & Risiken, die sich hieraus ergeben.
  • Nehmen Sie das RSA, wie bspw. ein Lock-up Agreement bei einer Restrukturierung, als etwas Positives wahr, da es einen zügigen Umsetzungsprozess gewährleistet.
  • Sofern sich Ihnen die Möglichkeit bietet, das RSA aktiv mitzugestalten, ergreifen Sie diese, um negative Auswirkungen auf Ihr Engagement, wenn möglich, einzudämmen.

Beitragsnummer: 22857

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Problematische Firmenkundenkredite, 6. Auflage

119,00 € inkl. 7 %

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
StaRUG – gut arrangiert eine zielführende Restrukturierungsoption

Anhand eines praxisnahen Modellfalls wird der Ablauf eines Restrukturierungsverfahrens im Rahmen des StaRUG dargestellt.

11.11.2024

Beitragsicon
Lock-up-Agreement: Eine Erleichterung bei komplexen Restrukturierungen

Das StaRUG schafft die Möglichkeit, Unternehmen außerhalb einer Insolvenz zu restrukturieren. Restructuring-Support-Agreements beschleunigen den Prozess.

05.12.2024

Beitragsicon
Rolle des Datenschutzes bei der Veräußerung von notleidenden Krediten

Das Kreditzweitmarktgesetz reguliert den Verkauf notleidender Kredite. Die datenschutzrechtliche Bewertung der Informationsweitergabe ändert sich damit.

05.08.2024

Beitragsicon
Finanzierung von Einzelhandelsimmobilien in konjunkturschwachen Zeiten

Investitionen und Finanzierungen im Einzelhandel sind schon vor der Pandemie schwieriger geworden - und nun in konjunkturschwachen Zeiten erst recht.

17.09.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit dem Tool Matomo aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Matomo.