Donnerstag, 9. Januar 2025

Einzelwertberichtigung bei Banken vom BMF steuerlich geregelt

Klarstellungen zu Fristen und steuerliches Vereinfachungsverfahren

Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer &

Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim.

Mit dem zunehmenden Krisen- und Insolvenzgeschehen (vgl. Creditreform, Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2024, S. 1 ff.) steigen die bilanziellen Risiken in den Banken, Wertminderungen bei Krediten oder Forderungsausfälle zu erleiden. Berücksichtigt wird das Adressenausfallrisiko, das heißt die betrachteten Kredit- oder Darlehensforderungen werden aller Voraussicht nach nicht mehr vertragsgerecht bedient. Dies hat Auswirkungen auf die Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) und auf die Steuerbilanz, da Einzelwertberichtigungen (EWB) den Nominalwert von Forderungen herabsetzen. Es besteht eine gewinnbeeinflussende Wirkung, da bereits die Buchung einer Einzelwertberichtigung den Gewinn schmälert und nicht erst die Abschreibung der Forderung. Die handelsrechtliche Bilanzierung und Bewertung hat aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips Auswirkungen auf die steuerliche Betrachtung.

Das Schreiben des BMF vom 21. März 2024 „Einzelwertberichtigung bei Kreditinstituten“ (BStBl. I 2024, S. 701 ff.) beschreibt als allgemeine Verwaltungsvorschrift, wie die Steuerbehörden EWB und (pauschalierte) EWB für Kreditinstitute behandeln und stellt damit die Sichtweise der Finanzbehörden klar.

Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens wie bspw. Forderungen gegenüber Kunden ist bei einem Vergleich von Ausgangs- und Korrekturwert zwingend gemäß § 253 Abs. 4 HGB der niedrigere Wert anzusetzen (strenges Niederstwertprinzip). Beim strengen Niederstwertprinzip ist von drei möglichen Wertansätzen, den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, dem Börsen- oder Marktpreis und dem am Abschlussstichtag beizulegenden Wert bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens stets der niedrigste Wert anzusetzen. Eine Abwertung bei der Bilanzierung des Nominalwerts wird insbesondere dann erforderlich, wenn erhöhte Adressenausfallrisiken bei einem Kreditengagement auftreten.

Das Niederstwertprinzip gilt grundsätzlich auch steuerrechtlich, sofern nicht die Ermittlung des Teilwerts zu Abweichungen vom Steuerrecht führt. Das Niederstwertprinzip ist abgeleitet aus dem Vorsichtsprinzip zur Berücksichtigung des Gläubigerschutzes und dem Imparitätsprinzip sowie Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoBil). Die Bewertung nach dem Niederstwertprinzip hat zur Folge, dass im Gegensatz zu nicht realisierten Gewinnen nicht realisierte Verluste auszuweisen sind.

Neu geregelt wird im BMF-Schreiben vom 21. März 2024 in Tz. 17 u. a. der zeitliche Rahmen, bis zu welchem Zeitpunkt wertaufhellende Tatsachen zu berücksichtigen sind. Danach sind auch bis zum Tag der Bilanzerstellung erlangte Kenntnisse über den Wert von Forderungen nach dem Bilanzstichtag bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres zu berücksichtigen (bei einem Bilanzstichtag zum 31.12. des jeweiligen Jahres).

Steuerlich wird im BMF-Schreiben vom 21. März 2024 in den Tz. 18–21 (Allgemeine Schätzungsgrundlagen von EWB) und den Tz. 22–33 (zu unbesicherten und besicherten Forderungen) konkretisiert, wie bestimmte Sicherheiten und eingehende Tilgungsanteile zu berücksichtigen sind. Gemäß Tz. 18 zu den EWB-Schätzungsgrundlagen erlaubt die steuerliche EWB-Bildung in der Regel keine sofortige vollständige Abschreibung einer Forderung.

Die Vorgaben zur Bewertung banküblicher Kreditsicherheiten sind wenig konservativ, wie es aber beispielsweise in den MaRisk und handelsrechtlich gefordert wird. Dies kann zu erheblichen Abweichungen in der Bewertung von (saldierten) Forderungen der handelsrechtlichen von der steuerlichen Sicht führen.

Steuerliches Vereinfachungsverfahren als Besonderheit

Anstelle der Ermittlung der EWB nach Tz. 1–46 kann nach den Tz. 47 ff. des BMF-Schreibens ein „steuerliches Vereinfachungsverfahren“ genutzt werden, das an feste Wertberichtigungsquoten anbindet, die eine Funktion der Dauer des Zahlungsverzuges sind und als Teilwertermittlung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG gewertet werden. Ob sich hierdurch tatsächlich Erleichterungen ergeben, erscheint fraglich.

Das Schreiben ist fiskalisch determiniert. Es durchbricht das Maßgeblichkeitsprinzip. Da die verschiedenen Ansätze von Handelsrecht, Steuerrecht und Aufsichtsrecht nicht übereinstimmen, ist auch ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild“, wie es für den Inhalt des Lageberichts nach § 289 HGB für die Kapitalgesellschaften gefordert wird (§ 340a Abs. 1 HGB für die Kreditinstitute), stets aus dem Blickwinkel der jeweiligen Zielsetzung zu betrachten. Maßgeblich sind Gläubiger und (internationale) Investoren für den handelsrechtlichen Jahresabschluss, der Steuerfiskus für den steuerlichen Abschluss und über allem schwebt die Aufsicht mit ihren eigenen Anforderungen.

PRAXISTIPPS

  • Die starke Abweichung der Bewertung nach Handelsrecht und Steuerrecht gemäß dieses BMF-Schreibens führt zu zeitlichen Verschiebungen der Steuerlast, vermutlich auch zu einem Vorziehen der Steuerzahllast durch zu geringe EWB nach Steuerrecht.
  • Nötig sind Simulation, Parallelrechnung und Gegenüberstellung der Ergebnisse der Wertberichtigungen und die Auswahl des bestmöglichen Verfahrens für die Situation der Bank; unter Umständen kann das Vereinfachungsverfahren gewählt werden.
  • Es droht die Entstehung aktiver latenter Steuern, da der Steueraufwand in der Handelsbilanz geringer ist als der Steueraufwand in der Steuerbilanz aufgrund der steuerlich höher anzusetzenden Sicherheitenwerte und der geringeren EWB nach den steuerlichen Vorschriften.

Beitragsnummer: 22836

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